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Schneeflockentanz (German Edition)

Schneeflockentanz (German Edition)

Titel: Schneeflockentanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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irgendwas an mir auf den Keks geht, dann sag es einfach. Ich werde mich dann bemühen, es abzustellen.“ Can stimmte vage zu. Ihm kam in den Sinn, dass ihn am meisten Jo's blaue Augen störten, weil er kaum noch denken konnte, wenn diese ihn fixierten. Und auch Jo's Lippen waren ein Kaliber für sich. Wenn Can sie näher betrachtete, zog es eindeutig in seinem Unterleib. Er kam jedoch zu dem Schluss, dass er von Jo wohl kaum verlangen konnte, ohne Augen und Mund bei ihm einzuziehen … außerdem wären dann immer noch seine Hände gewesen, die so kraftvoll und zugleich zärtlich den Lenker des Fahrrads umfassten, dass Can ganz schummrig wurde. Während sie sich durch die Menschenmassen schlängelten, begann es wieder heftig zu schneien.
    Als sie an einer Fußgängerampel warten mussten, legte Jo plötzlich den Kopf in den Nacken, streckte die Zunge heraus und fing damit eine dicke Schneeflocke ein. Sie schmolz in Windeseile. Can, der das Schauspiel beobachtet hatte, wusste genau, dass er das Bild so schnell nicht mehr aus dem Kopf bekommen würde. Er stand unglaublich auf Leckspiele und seine verdammte Fantasie lief geradezu Amok, was so eine Zungenspitze mit ihm anstellen könnte. Er musste sich unbedingt ablenken. Am besten mit einer unverfänglichen Frage.
    „ Also ist Lecken eins deiner Hobbys? … Lesen, ich meine natürlich Lesen!“, stellte er eilig klar und spürte, dass er rot wurde. Schnell sah er in eine andere Richtung.
    „ Ach, geht so. Ich habe ja nur zwei Bücher dabei. Das eine der beiden ist das BGB. Das ist eher so eine Art Glücksbringer für mich. Ich hatte mal schlimmen Liebeskummer, und um mich abzulenken, habe ich immer wieder das BGB gewälzt. Bescheuert, ich weiß, aber es hat geholfen! Und dann habe ich noch einen Roman dabei.“
    „ Welchen Titel?“, fragte Can, um so gut wie möglich von seinem Fauxpas vorhin abzulenken. „Weiß ich gerade nicht“, gab Jo zurück. „Hm ...“, machte Can. „Liest du denn viel?“
    „ Ab und an. So phasenweise.“ Jo nickte. „Ja, so ist es bei mir auch.“ 
    Während sie vor sich hingingen, sagte Can: „Ich hoffe, Anne hat dir gesagt, dass ich eine Einzimmerwohnung habe. Es wird echt eng werden. Aber immer noch besser, als unter der Brücke.“ Jo nickte. „Solange du damit leben kannst, dein Reich zu teilen ...“ „Logisch. Für ein paar Tage geht das schon.“ Jo grinste. „Du bist trotzdem sicher heilfroh, wenn du mich wieder los bist. Ich hoffe, ich versaue dir keine Dates oder so.“
    Damit hatte Jo ihn voll erwischt. Can hatte selbst Anne nicht erzählen können, dass er sich ab und an Sexdates in seine Wohnung einlud. Sie wäre vermutlich ausgeflippt und hätte ihm vorgehalten, wie gefährlich so etwas war. Und damit hatte sie ja sogar Recht. Er hätte sich verteidigen müssen, dass er es eben trotzdem tat. Aber er hatte keine Lust, mit ihr über dieses Thema zu streiten, also ging er den einfachen Weg und verschwieg es. Dass Jo's Anwesenheit nun solche Treffen für ihn unmöglich machte, war keine schöne Sache, aber was tat man nicht alles für die sprichwörtliche türkische Gastfreundschaft? „Oh, sorry, ich rede hier von Dates, dabei hast du vermutlich eine feste Freundin, oder?“, fragte Jo.
    Can schüttelte den Kopf. „Nein, hab ich nicht. Keine Verlobte, keine Freundin.“
    „ Ist ja komisch. Bei deinem Aussehen? Die Frauen fliegen bestimmt nur so auf dich“, mutmaßte Jo. Can sah ihn überrascht an, dann murmelte er: „Eigentlich nicht. Zumindest ist es mir noch nicht übermäßig aufgefallen.“ Er überlegte, ob es zu riskant war, das Kompliment übers Aussehen an Jo zurückzugeben. Aber auch wenn es hundertprozentig stimmte, entschied er, dass er sich damit vermutlich verraten würde. Jo schien das Thema auch bereits wieder abgehakt zu haben. Er blieb plötzlich mitten auf dem Gehweg stehen und handelte sich damit die Beschwerden einiger Passanten ein, die ihm und dem Fahrrad im letzten Moment ausweichen mussten.
    Can sah ihm erstaunt zu, wie er erneut den Kopf in den Nacken legte und diesmal mit geschlossenen Augen sein Gesicht dem Himmel zuwandte. Schneeflocken landeten auf seiner Nasenspitze, in seinen Augenbrauen und streichelten seine Wange und die Stirn. „Ich liebe den Schnee“, sagte Jo, schlug die Augen wieder auf und sah Can glücklich an. Dieser räusperte sich und nuschelte: „Ich nicht.“
    Nun wirkte Jo überrascht. „Echt nicht? Ich finde ihn faszinierend. Wusstest du, dass keine Schneeflocke

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