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Schönheit der toten Mädchen

Schönheit der toten Mädchen

Titel: Schönheit der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Sie selber sehen, ägyptische Finsternis und Höllengestöhn.«
    Wie jeder Ausländer, der die russische Sprache perfekt beherrscht, flocht Doktor Sacharow in seine Rede gern farbige Wendungen ein. Ungeachtet des russischen Nachnamens warder Arzt britischen Geblüts. In der Regierungszeit des verblichenen Zaren war sein Herr Vater, ebenfalls Arzt, nach Rußland gekommen, hatte sich eingelebt und den für russische Ohren schwierigen Namen Zacharias den örtlichen Bedingungen angepaßt – das hatte Sacharow selbst einmal erzählt. Man sah ihm an, daß er kein richtiger Russe war: hochaufgeschossen, knochig, sandfarbenes Haar, breiter Mund, schmale Lippen, beweglich, ständig eine Meerschaumpfeife von einem Mundwinkel zum anderen schiebend.
    Untersuchungsführer Ishizyn sah mit gespieltem Interesse zu, wie der Arzt den nächsten Gewebefetzen des geschundenen Leibes in den Händen drehte, und sagte sarkastisch: »Na, Herr Tulpow, schnappt Ihr Chef immer noch nach Luft? Ich habe ja gesagt, wir wären auch ohne Überwachung durch den Gouverneur zurechtgekommen. Das hier ist kein Anblick für empfindsame Augen, wir dagegen sind an alles gewöhnt.«
    Verständlich, daß Ishizyn unzufrieden und mißgünstig war. Sollte er vielleicht jubeln, daß ihm Fandorin höchstselbst zur Beaufsichtigung beigegeben wurde? Das würde keinem Ermittler gefallen.
    »Linkow, heul nicht wie ein Weib«, schnauzte er den schluchzenden Polizisten an. »Gewöhn dich dran. Du bist nicht für ›Sonderaufträge‹ zuständig, du wirst noch alles mögliche zu sehen kriegen.«
    »Verhüte Gott, daß man sich an so was gewöhnt«, brummte der Wachtmeister Pribludko, ein erfahrener alter Polizist, den Anissi von einem drei Jahre zurückliegenden Fall kannte.
    Auch mit dem Untersuchungsführer Ishizyn arbeitete er nicht das erstemal zusammen. Ein unangenehmer Herr – nervös, stets ein spöttisches Lächeln auf den Lippen, aber stechendeAugen. Immer wie aus dem Ei gepellt, der Kragen wie aus Alabaster, die Manschetten von noch strahlenderem Weiß. Schnipste ständig imaginäre Stäubchen von den Schultern. Ein Ehrgeizling, der im Begriff war, eine große Karriere zu machen. Doch Anfang Januar, zu Epiphanias, war er in dem Erbschaftsfall des Kaufmanns Sitnikow nicht weitergekommen. Der Fall erregte Aufsehen, berührte zum Teil sogar die Interessen einflußreicher Personen und duldete keine Verzögerung, darum hatte Fürst Dolgorukoi den Kollegienrat Fandorin gebeten, der Staatsanwaltschaft zu helfen. Und wie Fandorins Hilfe aussieht, weiß man ja – er machte sich an die Arbeit und entwirrte den Fall innerhalb eines Tages. Und nun fürchtete Ishizyn nicht zu Unrecht, daß ihm abermals kein Lorbeer winkte.
    »Das wär’s dann wohl«, sagte er. »Also, die Leiche ins Schauhaus der Polizei in der Boshedomka. Den Schuppen versiegeln und einen Polizisten davorstellen. Alle Bewohner ringsum befragen, und zwar eindringlich. Ob sie etwas Verdächtiges gesehen oder gehört haben. Klimuk, du hast das letztemal in der elften Stunde Holz aus dem Schuppen geholt, richtig?« fragte Ishizyn den Hausmeister. »Und der Tod ist nicht später als zwei Uhr nachts eingetreten?« (Das galt dem Gerichtsmediziner Sacharow.) »Also interessiert uns die Zeit zwischen zehn und zwei Uhr nachts.« Und wieder zu Klimuk: »Hast du vielleicht mit jemandem aus der Nachbarschaft geredet? Hat man dir irgend etwas erzählt?«
    Der Hausmeister (besenartiger scheckiger Bart, buschige Brauen, beuliger Schädel, etwa 1,60 Meter groß, besonderes Kennzeichen: eine Warze mitten auf der Stirn – so übte sich Anissi in der Personenbeschreibung) stand da und knetete die ohnehin hoffnungslos zerknautschte Schirmmütze.
    »Nein, Euer Hochwohlgeboren. Ich weiß rein nichts. Ich hab das Schuppentor zugesperrt und bin gleich hin zu Herrn Pribludko. Und vom Polizeirevier haben sie mich nicht weggelassen, bis der Oberste gekommen ist. Die Bewohner, die haben keinen Schimmer. Das heißt, sie haben natürlich gesehen, daß die Polente hier aufgekreuzt ist … Daß die Herren Polizisten sich hierher bemüht haben. Aber von diesem Graus da«, er schielte furchtsam zu der Leiche, »davon wissen sie nichts.«
    »Genau das werden wir überprüfen«, sagte Ishizyn auflachend. »Also, die Agenten an die Arbeit. Und Sie, Herr Sacharow, schaffen Ihre Schätze weg. Und daß mir bis Mittag ein vollständiger Bericht vorliegt, in aller Form.«
    »Die Herren Geheimagenten b-bitte ich noch dazubleiben«, erklang von

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