Schönheit der toten Mädchen
ist nicht grobe Arbeit und Zerstörung, sondern Erschaffung und Wartung. Die elastische Gebärmutter gleicht einer kostbaren Perlmuschel. Das ist die Idee! Einen befruchteten Schoß öffnen, um im Innern der Muschel eine heranreifende Perle zu entdecken – ja, ja, unbedingt! Gleich morgen!
Ich mußte zu lange fasten seit der Butterwoche 2 .
Meine Lippen dörrten aus, als sie immer wieder sagten: »Erquicke mein verfluchtes Herz mit Fasten, das die Leidenschaft ertötet!« Der Herr ist gütig und gnädig, Er wird mir nicht zürnen, daß die Kraft nicht reichte, noch sechs Tage bis zum Ostersonntag auszuharren. Immerhin ist der 3. April kein gewöhnlicher Tag, sondern der Jahrestag der Erleuchtung. Damals war es auch der 3. April. Daß ein anderer Kalender galt, ist unwichtig. Wichtig ist die Musik der Worte: drit-ter A-pril.
Ich habe meine eigenen Fasten, mein eigenes Ostern. Wenn ich schon die Fasten breche, dann richtig. Nein, ich werde nicht bis morgen warten. Heute! Ja, ja, ein Festmahl veranstalten.
Nicht sich sättigen, nein, sich übersättigen. Nicht um meinetwillen, sondern zum Ruhme Gottes.
Denn Er war es, der mir die Augen öffnete und mich lehrte, wahre Schönheit zu sehen und zu begreifen. Mehr noch, sie zu enthüllen und der Welt sichtbar zu machen. Und das ist gleichbedeutend mit Erschaffen. Ich bin ein Geselle des Schöpfers.
Was für ein Genuß, nach langer Enthaltsamkeit die Fasten zu brechen. Ich erinnere mich an jeden köstlichen Augenblick, ich weiß, daß das Gedächtnis alles bis ins kleinste Detail bewahren wird, jede visuelle, geschmackliche, fühlbare, hörbare, geruchliche Empfindung. Ich schließe die Augen und sehe:
Später Abend. Ich kann nicht schlafen. Erregung und Begeisterung führen mich durch schmutzige Straßen, vorbei an Ödplätzen, krummen Häuschen und schiefen Zäunen. Schon viele Nächte hintereinander flieht mich der Schlaf. Ich spüre einen Druck auf der Brust und ein Pochen in den Schläfen. Tagsüber entschlummere ich für eine halbe oder eine Stunde und erwache von schrecklichen Traumgesichten, an die ich mich dann nicht mehr erinnern kann.
Ich gehe und träume vom Tod, von der Begegnung mit Ihm, aber ich weiß: Sterben darf ich nicht, es ist zu früh, meine Mission ist noch nicht erfüllt.
Eine Stimme aus der Dunkelheit: »Wie wär’s mit einem Schnäpschen?« Eine klirrende, versoffene Stimme. Ich drehe mich um und sehe das widerlichste und häßlichste aller menschlichen Geschöpfe: eine heruntergekommene Nutte, betrunken, abgerissen, aber dabei grotesk angemalt mit weißer Schminke und Lippenstift.
Ich wende mich angeekelt ab, aber plötzlich durchdringt wohlbekanntes Erbarmen mein Herz. Arme Kreatur, was hast
du mit dir gemacht! Und das soll eine Frau sein, Meisterwerk göttlicher Kunst! Wie kann man nur sich selbst so verhöhnen und erniedrigen, Gottes Gabe so schänden!
Du selbst hast natürlich keine Schuld. Die seelenlose, grausame Gesellschaft hat dich in den Schmutz geworfen. Aber ich werde dich reinigen und retten. Die Seele ist licht und froh.
Wer hätte gedacht, daß es so kommt. Ich habe nicht die Absicht gehabt, die Fasten zu brechen, sonst wäre ich nicht durch dieses Elendsviertel gegangen, sondern durch die stinkenden Gassen von Chitrowka oder Gratschowka, wo Gemeinheit und Laster zu Hause sind. Aber Edelmut und Großzügigkeit, ganz leicht gefärbt von ungeduldiger Begierde, erfüllen mich.
»Ich will dich erfreuen, meine Liebe«, sage ich. »Komm mit.«
Ich trage Männersachen, und die Hexe denkt, es habe sich ein Käufer für ihre faulige Ware gefunden. Sie lacht heiser. »Wohin gehn wir denn? Hör mal, haste überhaupt Kohle? Spendier mir was, vor allem was zu trinken.« Ein armes verirrtes Schaf.
Ich führe sie durch einen dunklen Hof, zu den Schuppen. Ungeduldig rüttle ich an einer Tür, einer zweiten, die dritte ist nicht verschlossen.
Die Glückliche atmet mir Fuseldunst ins Genick und kichert. »Na so was, in den Schuppen bringste mich. Hast es aber nötig.«
Ein zügiger Schnitt mit dem Skalpell, und ich öffne ihrer Seele die Tür zur Freiheit.
Aber die Befreiung erfolgt nicht ohne Qualen, es ist wie eine Geburt. Die Frau, die ich jetzt von ganzem Herzen liebe, hat große Schmerzen, sie röchelt und beißt auf den Knebel, aber ich streichle ihren Kopf und tröste sie: »Gedulde dich.« Meine Hände tun rasch und sauber ihr Werk. Licht brauche ich nicht, meine Augen sehen in der Nacht so gut wie am Tage.
Ich öffne
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