Schsch!: Ein Winterthriller (German Edition)
falls sie uns verrät. So wie wir ihre Eltern getötet haben. Ich bin ein verdammt hohes Risiko eingegangen, ihr ins Krankenhaus zu folgen, also schrei mich nicht ständig an.« Inzwischen war auch sie laut geworden, und sie senkte hastig die Stimme. »Du weckst noch das Baby auf.«
»Ich schreie, wann ich will«, brummte er. »Außerdem war es eine schwachsinnige Idee, ins Krankenhaus zu gehen.«
»Das sagst du mir jetzt seit vier Tagen. Soll ich sie lieber reden lassen?«
»Nein«, knurrte er. »Du hättest sie lieber nicht entkommen lassen sollen. Jetzt bist du auf den Überwachungsvideos vom Krankenhaus zu sehen. Wir hatten uns doch darauf geeinigt, dass wir die Kids erst abliefern und du anschließend in die Notaufnahme taumelst und behauptest, man hätte dich niedergeschlagen und dir den Wagen mit den Kindern auf der Rückbank geklaut. Dann hätte man dich wieder gehen lassen, aber jetzt erscheinst du wahrscheinlich bald in der obersten Reihe der ›Gesucht‹-Plakate und hängst in jeder Post.« Mit einem Mal wurde er ganz ruhig. »Du musst verschwinden.«
Sie fröstelte. Auch dieser Teil der Diskussion war nichts Neues, das »Du musst verschwinden« allerdings schon. »Was soll das heißen?«, fragte sie zögernd.
Er blinzelte, dann war der alte Brock wieder da. »Dass wir dir eine neue Identität beschaffen müssen. Vielleicht sogar plastische Chirurgie, um dein Gesicht zu verändern. Was dachtest du denn? Dass ich … – Moment mal! Du dachtest doch nicht ernsthaft, dass ich dich umbringen wollte, oder? Herrgott noch mal, Amber! Das kann doch wohl nicht wahr sein.«
»Tut mir leid. Es war ein stressiger Tag.«
»Ich weiß. Komm her.« Sie setzte sich neben ihn, und er legte einen Arm um ihre Schultern. »Ich war einfach frustriert, dass wir dein Gesicht ändern müssen.« Er küsste sie. Hart. »Ich mag dein Gesicht.«
»Ich mag es auch. Aber es war immer schon unser Plan B, wenn es mit der Autoklau-Nummer nicht klappt.« Sie legte ihren Kopf an seine Schulter. »Es ist fast Weihnachten, und ich hatte noch keine Zeit, Geschenke zu kaufen.«
»Bald ist es vorbei. Wir holen uns das Mädchen morgen aus der Pflege, quetschen sie aus, wo der Schmuck ist, bringen die Kinder zu den Käufern und starten neu durch. Dann kannst du shoppen gehen bis zum Umfallen.«
Amber stieß den Atem aus, den sie unbewusst angehalten hatte, und bereitete sich innerlich auf den nächsten Wutanfall vor. »Sie kommt nicht in Pflege. Jedenfalls noch nicht.«
»Was? Wieso? Du hast doch gesagt, dass der Arzt sie entlassen will.«
»Ja, das will er auch. Aber die blöde Sozialarbeiterin sorgt dafür, dass sie bleibt. Und …« Sie zog unwillkürlich den Kopf ein.
»Was? Na los, sag schon.« Seine Stimme klang wieder drohend.
»Sie war heute bei den Cops. Ich habe die Schwestern sagen hören, dass sie morgen einen neuen Therapieansatz probieren will. Damit die Kleine redet. Eine Pferdetherapie.« Er sagte nichts. Stattdessen begann er, schwer zu schnaufen, und Amber beeilte sich, das Schweigen zu füllen. »Ach, komm, das ist wieder so ein typisches Modeding. Sieht schick aus in Psychozeitschriften, bringt aber sowieso nichts.«
»Und wann genau hast du deinen Therapeutenabschluss gemacht?«, fuhr Brock sie an. »Herrgott, was für ein Mist.«
»Vielleicht ist das gar nicht so schlecht«, sagte sie vorsichtig. »Ich habe mir was überlegt.«
»Ach, Scheiße. Dann sind wir erledigt.«
»Hör auf damit«, fauchte sie. »Ich stecke tiefer drin als du, denn ich bin diejenige, die mit den Leuten zu tun gehabt hat. Und jetzt hör mir zu. Sie müssen die Kleine irgendwo hinbringen, wahrscheinlich aus der Stadt raus, denn Pferde fressen Gras, weißt du, und Gras findet man nicht in der Stadt.«
Sie stieß einen erstickten Schrei aus, als Brock ihr ins Haar griff und den Kopf zurückriss. »Rede nicht so mit mir, Amber. Mach mich nicht wütender, als ich ohnehin schon bin.«
»Okay, tut mir leid.« Er ließ ihr Haar los, und sie rieb sich mit wild klopfendem Herzen die Kopfhaut. »Ich wollte dir damit nur sagen, dass wir, wenn sie erst einmal aus der Stadt raus sind, dasselbe machen können wie mit Smirnovs SUV. Sie von der Straße abdrängen, den Fahrer beseitigen, das Mädchen schnappen. Kein Problem.«
»Vielleicht«, sagte Brock. »Es sei denn, die Bullen bewachen sie.«
Amber beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange. »Deswegen sind in einem Magazin so viele Patronen, Baby.« Um ihn von seinem Zorn abzulenken,
Weitere Kostenlose Bücher