Schsch!: Ein Winterthriller (German Edition)
holen und ihr anlegen solle. Sie sah inzwischen grässlich aus damit, aber ich dachte, das würde es ihr vielleicht irgendwie leichter machen. Aber sie sagte nein, der Schmuck sei nicht mehr im Safe, sie hätte ihn schon eingepackt. Ich fragte sie, ob sie keine Angst habe, dass jemand das Gepäck stehlen könnte, aber sie meinte, ich brauchte mir keine Sorgen zu machen, sie hätte die Sachen nicht im Gepäck. Und bevor du fragst – ja, ich habe sie danach noch einmal den Schmuck tragen sehen, und zwar am Strand. Sie saß in Decken verpackt auf einem Liegestuhl und hatte die Kette und die Ohrringe angelegt. Als wir sie ins Hotel zurückgebracht hatten, nahm ihr Mann ihr das Zeug wieder ab und verließ das Zimmer. Ich sollte bleiben und es seiner Frau ›bequem machen‹. Als er schließlich zurückkam, hatte er den Schmuck nicht mehr bei sich, also muss er ihn irgendwo im Gepäck verstaut haben, egal, was sie behauptet hat.«
»Aber wir haben das Gepäck doch durchsucht«, entgegnete Brock verächtlich. »Wir haben ihre Handtasche durchwühlt und sogar die Wickeltasche von dem Baby. Wir haben jede einzelne Puppe aufgeschlitzt, die dieses Gör mit sich herumgeschleppt hat. Sogar die Klamotten, die sie anhatten, haben wir gefilzt. Der Schmuck war nirgendwo zu finden.«
»Dann ist das Zeug im Mercedes.« Sie hatten die Smirnovs in einer alten Rostlaube verbrannt und waren in dem Mercedes SUV, den Smirnov vor ihrer Abreise von Rochester bar bezahlt hatte, weggefahren.
Am Tag, an dem die Mayo-Klinik Tatiana gesagt hatte, sie solle nun besser ihre Angelegenheiten ordnen.
»Verdammt noch mal!« In einem plötzlichen Wutanfall schleuderte Brock die Bierflasche gegen die Wand. »Ich habe die blöde Kiste bis auf das letzte Schräubchen auseinandergenommen. Da ist kein Schmuck!«
Amber zuckte zusammen. In letzter Zeit erlebte sie diese Wutanfälle immer öfter. Sie waren eine Nebenwirkung der »Nahrungsergänzungen«, die er jeden Tag schluckte. Er hatte versprochen, dass er die Anabolika nur so lange nehmen würde, bis er genug Muskelmasse aufgebaut hatte, aber das war vor vier Jahren gewesen, und er nahm das Zeug in immer höheren Dosen. Früher waren es nur die Kosten gewesen, die ihr Sorgen bereitet hatten. Nun machte sie sich außerdem Gedanken über seinen Jähzorn.
»Komm wieder runter, Baby, beruhige dich«, sagte sie vorsichtig.
»Ich bin ruhig.« Er ließ sich auf den Stuhl fallen und stützte den Kopf auf die Hände. »Verflucht.«
Amber holte einen Lappen und machte sich daran, das Bier von der Wand zu wischen und die Scherben aufzufegen. Man musste die Hausbesitzer – wer immer sie waren – ja nicht unbedingt darauf aufmerksam machen, dass sie Gäste gehabt hatten, während sie über Weihnachten fort gewesen waren. »Wir wissen aber, dass sie den Schmuck auch nicht in dem Hotel am Strand gelassen haben, denn das haben wir schließlich ebenfalls gründlich durchsucht.«
»Es gibt nur noch eine Möglichkeit, wo das Zeug sein kann.« Brock hob den Blick und starrte sie anklagend an. Seine Augen wirkten kalt, hart. »Die Göre. Lana. Sie muss den Schmuck irgendwo versteckt haben, als sie weggelaufen ist. Aber leider können wir sie ja nicht mehr fragen, nicht wahr? Weil wir sie nicht mehr bei uns haben.«
Amber schleuderte den Lappen in die Spüle. Nun wurde auch sie sauer. »Ach, und dafür gibst du wieder mir die Schuld?«
»Es war schließlich deine Aufgabe, auf die Kinder im SUV aufzupassen. Hättest du es getan, wär die Kleine nicht abgehauen. Ja, ich gebe dir die Schuld!«
»Ich habe ihr Saft mit einem Schlafmittel gegeben. Sie hätte tief und fest schlummern müssen!«
»Hat sie aber nicht«, sagte Brock verbittert. »Du hast sie entkommen lassen.«
»Ich musste eine Entscheidung treffen. Ich konnte schlecht das Baby fallen lassen und hinter ihr herrennen.« Lana war ausgerastet, als sie gesehen hatte, wie man ihren Vater erschossen hatte, und war so schnell davongerannt, dass Amber nicht hatte Schritt halten können. Warum ist sie nicht eingepennt, verdammt? »Ein sechs Monate altes Baby ist mehr Geld wert als eine Sechsjährige.«
»Aber eine Sechsjährige kann reden. Sie kann den Cops unsere Namen verraten.«
»Wird sie aber nicht«, sagte Amber zum wiederholten Male. »Ich habe dafür gesorgt, dass sie zu große Angst hat.«
»Na klar. Indem du mit ihrer kleinen Schwester im Krankenhausgang auf und ab läufst. Huh. Wie gruselig.«
»Ich habe ihr gesagt, dass wir das Baby töten,
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