Schsch!: Ein Winterthriller (German Edition)
sie wohl in schicken Klamotten aussehen, wenn sie in tollen Autos vor den besten Restaurants und Clubs der Stadt vorfuhren?
»Hast du sie gesehen?«, fragte Brock beiläufig, aber er konnte Amber nicht zum Narren halten. Der lustige Brock war verschwunden, und nun wurde Klartext geredet, aber Brock würde nicht gefallen, was sie zu sagen hatte.
»Ja. Der Arzt sagt, dass sie entlassen werden kann. Die Sozialarbeiterin soll sich gefälligst um eine Pflegefamilie kümmern.«
»Na, endlich. Dann klauen wir sie da weg und verschwinden. Wenn wir durchfahren, können wir am Mittwoch zu Hause sein. Dann liefern wir das Kind ab und kriegen unser Geld.« Er zog die Stirn in Falten, als sie nicht sofort zustimmte. »Sag jetzt bloß nicht, dass sie einen Rückzieher gemacht haben. Ich meine – wieso denn? Das kleine Ding ist doch völlig okay, oder?«
»Haben sie nicht. Ihr Anwalt hat mir heute sogar drei SMS geschickt und gefragt, wann wir es denn endlich bringen. Der Deal steht noch immer. Wir liefern ein weißes, blondes, blauäugiges, perfektes Baby.«
»Sehr schön. Und was ich für das andere organisiert habe, steht auch noch. Wurde heute noch mal bestätigt.«
»Gut.« Aber eigentlich passte Amber das nicht. Ein Baby an ein kinderloses Paar zu verkaufen, war prima, aber eine Sechsjährige …? Aber sie sah keinen Ausweg, sofern sie das Mädchen nicht umbringen wollten.
»Wir hätten natürlich noch mehr für das Baby gekriegt, wenn es jünger gewesen wäre«, beschwerte Brock sich … schon wieder! Amber war es leid, ihn ständig über den Preis jammern zu hören.
»Tja, leider hat sich die Mutter nicht an unseren Plan gehalten«, sagte Amber steif.
»Du hättest ihr einfach am ersten Tag, den du da warst, ein Kissen aufs Gesicht drücken müssen.«
»Das hätte ich, wenn ich gewusst hätte, wie lange sie durchhält.«
»Nein, hättest du nicht«, sagte er in dem herablassend höhnischen Tonfall, den sie zu hassen begann.
»Wahrscheinlich nicht.« Amber war vieles, aber keine kaltblütige Mörderin, die einer sterbenden Frau den Rest gab. Das war einfach nicht ihr Stil. Also überließ sie solche Dinge Brock. »Im Übrigen hätte es wenig geändert. Bei Babys ist es wie mit Autos. Du fährst eins vom Parkplatz, und schon sinkt der Wert. Wir konnten es ja nicht als Neugeborenes kriegen.« Amber hatte die Smirnovs erst kennengelernt, als das Baby schon zwei Monate alt war. »Der Unterschied zwischen einem zwei Monate und sechs Monate alten Kind ist vernachlässigbar.«
»›Vernachlässigbar‹ liegt im Auge des Betrachters«, widersprach Brock finster, während er sich ein Bier aufmachte. »Über ›vernachlässigbar‹ mache ich mir weniger Sorgen, wenn wir erst einmal diese Kette haben.«
»Und die Ohrringe«, murmelte Amber. »Und die Ringe und Armbänder …«
Diamanten, Smaragde und Saphire. Wow. Als Amber Tatianas Schmuck gesehen hatte, war sie vom ersten Moment an fasziniert gewesen. Vor allem, weil Tatiana ihn selbst im Alltag getragen hatte. Irgendwann hatte die Frau ihr jedoch beiläufig erzählt, dass sie noch viel tollere Stücke besaß, die sie vor ihrer Krebsdiagnose zu den Abendkleidern kombiniert hatte. Diese Edelsteine befanden sich im Safe.
Als sie herausgefunden hatte, wie viel jedes einzelne Stück wert und wie groß das Vermögen der Smirnovs war, hatte es ihr schlichtweg die Sprache verschlagen. Allein Tatianas Schmuck zu verkaufen, würde neunhunderttausend einbringen. Und das war das, was sie von einem Hehler bekommen würden. Im legalen Einzelhandel? Das Dreifache.
Dass die Smirnovs ungeniert derart viel Geld für unwichtige Dinge ausgaben, während Amber sich abplagte, um ihre Miete zu bezahlen, machte sie verdammt wütend. Aber sie würde zuletzt lachen. Wenn sie den Erlös aus dem Schmuckverkauf und dem Kinderverkauf zusammenrechneten, würden Brock und sie Millionäre sein.
»Ich kann noch immer nicht fassen, dass Tatiana den Schmuck vor mir versteckt hat. Ich pflege sie monatelang, und sie traut mir immer noch nicht? Diese Schlampe.« Sie waren mir was schuldig. Die Smirnovs waren mir was schuldig.
Brock kippte die Hälfte der Flasche herunter. In seinen Augen war das wütende Glimmen zu sehen, das sie nicht leiden konnte. »Bist du sicher, dass sie ihn mitgebracht und nicht im Hotelsafe in Minnesota gelassen hat?«
»Das hast du mich schon zwanzigmal gefragt, Brock. Ja, sie hat ihn mitgebracht. Am Tag, an dem wir gefahren sind, fragte ich sie, ob ich ihn aus dem Safe
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