Schuhwechsel
ab. Irgendjemand pfeift, aber in meinem Pilgerführer steht, dass die Spanier gerne hinter Frauen herpfeifen, da bräuchte man nicht drauf zu achten. Und so wandere ich zügig 1 km den Berg hinunter, simse fleißig und freue mich über die schöne Landschaft.
An einem steinernen Wall werde ich kreativ und baue einige Steinmännchen auf.
Erstaunlich langsam wundere ich mich darüber, dass hier keine anderen Pilger sind.
Als ich im Matsch nur noch die Spuren von Kühen und Hunden erkenne, merke ich endlich und eindeutig, dass ich falsch bin. Also kehre ich um und latsche den Berg wieder hinauf.
Ich könnte mich jetzt ärgern, aber ob man 280 oder 283 Kilometer zu Fuß geht, ist eigentlich völlig egal.
Es geht noch einige Kilometer den Berg hinunter und die Natur, die Aussicht, das Wetter, alles ist so wundervoll und herrlich, bis ich in Tricastella einlaufe. Dem Ort, in dem ich mich endlich entscheiden muss. In allen Cafés, an denen ich vorüber gehe, sitzen Pilger, die ich kenne. Alle gehen den direkten Weg durch den Wald und nicht über Samos. In diesem Moment entscheide ich mich für Samos. Es muss auf diesem Weg auch noch andere Pilger geben.
In einer alten Kirche mache ich Pause. Kirchen sind kühl und still. Manche haben eine schöne Atmosphäre. Andere haben sogar offene Türen und einen Stempel ausliegen. Leider ist das eher die Seltenheit. Deshalb gibt es in meinem Pilgerpass hauptsächlich Stempel aus Bars. Diese „Gummistempel“ haben natürlich kein allzu großes Ansehen in der Pilgergemeinde, aber das ist mir auch schon wieder wurscht, denn ich will mit einem bunt gefüllten Pilgerpass nach Hause kommen, egal mit welchen Stempeln.
Dann gehe ich weiter und biege am Ende von Tricastella nach links ab, in Richtung Samos. An einem sehr, sehr schmalen Pfad geht es einige Kilometer die Straße entlang. Links vom Camino geht ein Abhang steil hinunter und unten rauscht ein Bach. Rechts vom Camino verläuft die neu asphaltierte Straße und direkt rechts neben der Straße steigt steil ein Berg an.
In meinem schlauen Büchlein steht, dass der spanische Staat den Anrainern des Pilgerweges 150 Mio Euro zur Verfügung gestellt hat, um den Jakobsweg bis zum heiligen Jahr 2010 zu verbessern. Sowohl den Weg, als auch die Infrastruktur.
Heute ist 2010 und wenn ich auf diesem ausgetretenen, schmalen, ungleichmäßigen, holprigen Trampelpfad gehe und sehr wachsam darauf achten muss, nicht zu stolpern oder zu fallen, während neben mir kilometerlang eine wunderschöne, neue und breite Straße verläuft, auf der kaum Autos fahren, frage ich mich, ob die Verantwortlichen in Galizien da nicht etwas falsch verstanden haben.
Irgendwann hat auch die längste Straße ein Ende und ich biege in ein Dorf ein, von dem ich eine schicke Bar mit einem leckeren zweiten Frühstück erwarte.
Weit gefehlt. San Cristovo do Real ist ein wunderschönes, altes Dorf mit Natursteinhäusern und einem Bach, der mitten hindurch fließt. Das Dorf liegt eingebettet in herrlichen Wäldern und Wiesen, aber es ist zum großen Teil verlassen und dem Verfall preisgegeben.
Nicht viel los in dieser Gegend.
Mir gefallen diese Häuser und während ich durch das Dorf marschiere, überlege ich, was man alles daraus machen könnte: Herbergen, Refugios, Biobauernhöfe oder einen exklusiven Landsitz für gestresste Großstädter. In jedem Fall ist das hier ein wunderschöner Flecken Erde. Direkt nach diesem Dorf führt der Weg an einem kleinen alten, romantischen Dorffriedhof vorbei, in einen Laubwald.
Ich liebe Wälder und ich gehe sehr gerne und so oft ich kann hinein, um die Ruhe und Kraft der Bäume in mich aufzunehmen. Aber dieser Wald ist mit großem Abstand der beeindruckendste, durch den ich jemals gegangen bin.
Der Weg besteht aus gestampftem Naturboden. Rechts davon verläuft bis auf Schulterhöhe eine Natursteinmauer, die zumeist mit Moos und Efeu bewachsen ist. Die Eichen und Kastanien sind bestimmt schon einige hundert Jahre alt. Die haben Stämme, so dick, dass man mindestens drei Menschen braucht, um sie zu umarmen. Die Äste sind knorrig und mit dem frischen Grün junger Blätter bewachsen. Ein Bach rauscht in der Nähe und die Sonne spielt mit ihrem Licht durch die Blätter. Araogon und der Elfenkönig kommen auf ihren weißen geflügelten Pferden aus dem Dickicht geritten. Begleitet werden sie von Elfenfrauen und Waldmenschen. Kleine Feen tanzen im Sonnenlicht und wiegen sich in den Blättern der Bäume. Im Hintergrund kann man
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