Schuhwechsel
mich dringend beruhigen. Mein Puls ist schon wieder ganz oben! Würde nur zu gerne wissen, warum ich jeden Tag, immer wieder aufs Neue mit diesem Thema konfrontiert werde…
Das Refugio öffnet und ich schaue, dass ich zügig hineinkomme, um mir ein gutes Bett zu ergattern. Inzwischen ist die Bürokratie auch in Galizien angekommen und bevor man eintreten kann, muss man sich registrieren lassen und seine Spende abliefern. Die Rucksäcke, die vor Öffnung des Refugios in langen Reihen vor dem Portal standen, stehen nun, mit den dazugehörigen Pilgern in langen Reihen vor dem Schreibtisch am Eingang.
Weil fast alle Pilger bestrebt sind, zügig in das Refugio eingelassen zu werden, um ein gutes Bett zu ergattern, bricht eine kleine Unruhe aus. Eine Polin, die besser drängeln konnte als ihr Mann, steht ganz vorne am Einlass und versucht den Padres zu erklären, dass sie ihren Mann gleich mit anmelden möchte und dieser da hinten steht und nicht vor kann, weil er erstens nicht drängeln kann und zweitens von anderen Pilgern nicht vorgelassen wird.
Der blöde Italiener, der mir im Elfenzauberwald mit seinem Gequatsche schon gehörig auf den Geist ging, stichelt laut von hinten durch die Reihen: „Typisch Ehefrau“ und „scheiß Weiber“ und „jetzt mach mal vorwärts, ich will heute noch in mein Bett.“
Das regt mich schon wieder auf. Was bildet sich dieser Idiot eigentlich ein? Kann der wenigstens einmal seine Klappe halten und etwas Geduld aufbringen? Wenn die Polin nicht hineinkommt, kommt auch sonst keiner hinein und es wird ihm nichts, aber auch überhaupt nichts weggenommen. Er stichelt immer weiter und ich bin wirklich sehr knapp davor, ihm nach hinten ein wutentbranntes „Stai zitto, stronzo!“ zuzurufen, was so viel heißt, wie „halt die Klappe du Idiot!“
Warum ich es nicht tue, weiß ich nicht, sonst bin ich da nicht so zimperlich.
Jedenfalls geht es endlich weiter, ich ergattere mir ein Bett neben der Eingangstür, denn der Fluchtweg muss immer ein kurzer sein und schaue mich um. Was ich sehe, ist schwer zu beschreiben:
In dieser Großraumgefriertruhe befinden sich 78 eiserne Stockbetten dicht an dicht. Die Gewölbedecke ist nett bemalt und damit sind wir fertig mit der wohnlichen Gemütlichkeit. Es ist, wie gesagt, eiskalt in diesem Klosterkeller und unglaublich dreckig. Ich glaube die wechseln ihre Bettbezüge höchstens einmal im Jahr.
Schattenpilger
Templerkreuz als Wegweiser
Verlassene Weiler
Zauberhafte Wälder
Kloster Samos
Grabeskalter Schlafsaal im Kloster Samos
Es ist das erste Mal, dass ich meine Isomatte aus meinem Rucksack pelle und unter den Schlafsack lege. Aus hygienischen Sicherheitsgründen. Mein Gott, ist das schmuddelig und eklig hier!
Im Bad sieht es nicht viel besser aus. Vier Duschen, vier Toiletten und vier Waschbecken in charmanter Schlachthofoptik, laden zur schnellen Flucht aus selbigen Räumlichkeiten, um anderen Pilgern zügig Platz zu schaffen.
„Notdurft“ gewinnt plötzlich eine neue Bedeutung. Hier gehst du wirklich nur hinein, wenn du eine Not hast. Kurz überlege ich, mein Zeugs zu packen und in die Pension gegenüber zu ziehen. Aber dann entscheide ich mich dagegen. Einmal wollte ich in einem Kloster übernachten und das ziehe ich jetzt auch durch.
Mein Immunsystem ist eigentlich ganz in Ordnung und dürfte mit den Bakterien hier im Raum fertig werden.
Der sympathische Freund des blöden Italieners weist mich auf die kleinen Warmwassertanks über den Duschen hin und empfiehlt mir sofort zu duschen, denn für mehr als 10 Personen wird das warme Wasser nicht reichen.
Die einzige kleine Rolle Toilettenpapier pro Toilette, reicht vermutlich auch nicht weit.
Sofort gehe ich zu meinem Bett, packe mein Duschzeug zusammen und mache mich schleunigst auf den Weg, um noch möglichst mit warmem Wasser duschen zu können. Dann betrete ich die scheußlichen Waschräume, steuere zielstrebig auf die hintere Dusche zu, da fällt mir plötzlich der blöde Italiener splitterfasernackt vor die Füße. Kippte einfach ohnmächtig aus seiner Dusche.
„Das kommt davon“ denke ich genervt, untersuche kurz seinen Kopf, ob er irgendwo blutet, ist aber nichts zu erkennen und hebe seine Beine in die Höhe. „Den ganzen Tag nur Bosheiten von sich geben, nichts trinken und dann ausgerechnet mir vor die Füße plumpsen.“
Während ich seine Beine nach oben halte, bricht allgemeine Hektik aus. Sein sympathischer Freund rennt zurück in den Schlafsaal und sucht nach
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