Schuhwechsel
die Katholischen, die ganze Volksstämme mit samt ihren Kulturen ausgerottet haben, heute sind es ein paar extreme Islamisten, die glauben, durch Selbstmordattentate im Jenseits eine besondere Belohnung zu erhalten. Dazu möchte ich jetzt mal kein Urteil abgeben, denn ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob das stimmt oder nicht, wenn es sich auch völlig abstrus anfühlt.
Generationen unserer Vorfahren haben sich gequält und kasteit, weil sie glaubten, sie kämen dadurch in den Himmel. Aus lauter Angst vor der schrecklichen Hölle, die ihnen gepredigt wurde, machten sie sich selbst das Leben zur Hölle indem sie „Sünden“ gebüßt haben die, bei genauerer Betrachtung, vermutlich gar keine waren.
Und trotzdem: alle Religionen und Glaubensformen, die es je und zu allen Zeiten gab, glaubten und glauben an einen Gott. Ob es ein einzelner Gott oder mehrere Götter waren, ob sie weiblich oder männlich sind, war und ist dabei immer völlig gleichgültig.
Es war und ist stets eine übergeordnete Kraft, die für die Schaffung des Lebens und aller darin enthaltenen Erfahrungen, Gefühle und Erkenntnisse verantwortlich ist. Ein großer Geist, ein Licht, eine Energie, eine Kraft, etwas Unvorstellbares, dem es ziemlich gleichgültig sein müsste ob es Religionen gibt oder nicht.
Eins – sein. Da waren wir heute schon einmal. Wenn ich urteile und verurteile, trenne ich mich von Gott. Hinaus aus dem Paradies der Einheit, hinab auf die Erde, die sich ja durch geteilt-sein auszeichnet und deren Spezialität die Dualität ist. Genial und einfach. Ab sofort urteile ich nicht mehr.
Achte stets auf deine Gedanken, sie werden zu Worten,
achte auf deine Worte, sie werden zu Taten
achte auf deine Taten,sie werden zu Gewohnheiten,
achte auf deine Gewohnheiten, sie werden zu deinem Charakter,
achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.
Stammt aus dem Talmud, glaub ich. Hab ich mir mal gemerkt, weil es mir klug erscheint und gerade fällt es mir ein.
Tag 12:
vom stillen See nach Monte Gozzo
Der freundliche Senior Lukas hat mich exakt an der Bar abgesetzt, an der er mich aufgegabelt hatte. Ich schnalle mir den Rucksack auf den Buckel und marschiere los. Der Himmel ist wolkenverhangen und es nieselt. Kalt ist es außerdem. Ideales Pilgerwetter.
Heute bin ich nicht gut drauf. Die letzten Kilometer gehen mir auf den Wecker. Die herrliche Natur, die ich in den letzten 250 km genießen durfte, gibt es nur noch etappenweise. Der naturverliebte, dem Sternenpfad verfallene Pilger wird so ganz langsam wieder in die Realität zurückgeführt. Es gibt wieder Verkehr, Lärm und Gestank. Die Häuser stehen dichter, die Pilgerkneipen werden professioneller und haben dem Charme von Schnellrestaurants. Überhaupt frage ich mich, woher plötzlich diese vielen Pilger kommen. Das ist ja wahnsinnig!
Seit heute tut mir nicht nur das linke Knie, sondern auch der rechte Fuß weh. Meine Ohren rauschen wieder wie verrückt und ich fühle mich fiebrig. Laufe wie betäubt Kilometer für Kilometer vor mich hin.
Dann streite ich mich mit meinem Geliebten. Per Sms. Dabei nutze ich meine, auf diesem Weg gewonnen Erkenntnisse und setze sie in die Tat um. Ich wehre mich. Nein, ich gebe ihm nicht Recht, damit ich meine Ruhe habe und denke mir meinen Teil, diesmal nicht. Heute simse ich ihm exakt genau was ich meine und denke und wenn es ihm nicht passt, wie ich manchmal sein kann, soll er sich eine andere suchen. Mir doch egal! Interessanter Weise hat ihm eine gemeinsame Freundin erst gestern geraten, dass er sich gegen mich wehren soll. Das erfahre ich aber erst später. Und so wehren wir uns Beide gegen uns selbst und heraus kommen nur Vorwürfe und Gemeinheiten.
Wenn ein Tag schon mal nichts ist, dann ist er das ganz und gar. Heute darf ich noch 5 Kilometer Umweg gehen. Um den Flughafen herum. Weil sie den Flughafen auf den Jakobsweg gebaut haben. Die Spanier. Direkt auf den Jakobsweg. Ein Weltkulturerbe, das noch nicht ernannt wurde. Die spinnen komplett.
Am Nachmittag erreiche ich Monte Gozzo. Laut meinem Führer hat man von hier aus einen herrlichen Blick auf die Stadt. Im Mittelalter durfte sich der Pilger einer Gruppe, der zuerst die Kathedrale erblickte, „Pilgerkönig“ nennen. Viele der in ganz Europa verbreiteten Familiennamen wie König, Rey, Roy oder Leroi sind angeblich darauf zurück zu führen. Da die Wolken heute aber sehr tief hängen, kann ich weder eine Kathedrale noch Santiago erkennen. Dafür aber eine Bar und in diese
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