Schuhwechsel
gehe ich nun hinein. Ich muss pinkeln.
Dann kaufe ich mir einen Tüte Chips und eine Cola. Damit setze ich mich vor die Tür und raste kurz. In 100 m bin ich zwar schon in der Groß-Herberge von Monte Gozzo, aber mich gelüstet es jetzt. So ist das nun mal im Fieberwahn.
Kurz vor der Herberge, rechts neben dem Monument, steht eine Kapelle. Um die Kapelle herum gibt es eine größere Rasenfläche, die mit einer kniehohen Mauer gerahmt ist. Auf der Mauer sitzen in kleineren Gruppen Menschen und picknicken. In der Hoffnung einen Stempel zu finden, begebe ich mich in die Kapelle hinein. Hier sitzen Menschen und beten. Den Stempel finde ich vor dem Eingang und drücke mir einen in mein Credencial, meinen Pilgerpass.
Nun will ich weiter und dazu habe ich zwei Möglichkeiten: entweder ich gehe zurück, durch den Eingang der Mauer und um die Kapelle herum wieder dem Weg entlang oder ich kürze den Weg ab und gehe gerade aus weiter, eng an der Kapelle vorbei, über den Rasen und dann mitten durch eine Gruppe Picknicker, die um einen schmalen Durchlass an der Mauer sitzen. Zurückblicken ist nicht meine Stärke, wie wir inzwischen wissen und zurückgehen auch nicht. Also entscheide ich mich für die Abkürzung und frage die Gruppe der älteren Damen und Herren höflich, ob sie mich durch die schmale Lücke der Mauer gehen lassen. Eine großgewachsene Frau spricht mich an: „Woher kommst du?“, will sie wissen.
Ich antworte wahrheitsgemäß: „aus Deutschland.“
Ein großes Hallo entbrennt: „aus Deutscheland? Das ist ja wunderbar. Ich habe 25 Jahre in Deutscheland gearbeitet. Und ich vermisse dieses Land so sehr.“
„Ach. Wo haben Sie denn gearbeitet?“, sie spricht jetzt deutsch mit mir.
„in Ravensburg bei der Bleicherei und dann in Stuttegarte bei Bosch. Was so scheene Zeit. Komm setzt dich her zu uns. Hast du Hunger?“ Klar hab ich Hunger. Ich habe immer Hunger.
„Ich bin in der Nähe von Ravensburg aufgewachsen. Die Bleicherei kenne ich auch, aber ich glaube, die gibt es nicht mehr.“
Mit großer Freude bieten sie mir einen Platz auf ihrer Kühltruhe an und laden mich ein, mit ihnen zu speisen. Von allen Seiten reichen sie mir ihre Leckereien. In Ei gebackener Fisch, panierter Fisch, sehr gut gewürzte Fischbällchen, kleine Frickadellen, Gemüse, Kuchen, Brot. Ich setze mich und lasse es mir schmecken.
Die Frau beginnt zu erzählen: „Oh, es war so eine scheene Zeit in Deutscheland. Ich habe so geweint als wir zurück nach Portugal gegangen sind.“
„Warum sind sie dann gegangen?“, frage ich.
„Meine Mann wollte das so und ich bin mit. So war das halt. Habe aber immer Heimweh gehabt nach Deutscheland. Hatte so eine glückliche Zeit dort. Habe meine Arbeit so geliebt und die Mensche dort. War so eine lustige Zeit.“
Pilgerwege
Picknick mit Buspilgern aus Portugal
Jakobsweg
Für die anderen Zuhörer übersetzt sie ins Portugisische. Die Reisegruppe kommt aus Portugal und ist mit dem Bus nach Santiago gefahren, um die Katedrahle und die Stadt zu besichtigen.
Dann bietet sie mir Rotwein an:
„Nicht den da, der ist nicht gut. Nimm den da“, und sie schenkt mir ein Wasserglas voll köstlichstem Roten ein.
Eine ganz alte, kleine Frau fragt mich nach meinen Familienverhältnissen. Ich erkläre ihr lieber nichts von meinen verworrenen Patchworkverhältnissen und sage einfach, dass ich vier Kinder und einen Mann habe. Sie schlägt die Hände über dem Kopf zusammen: „Du hast so eine große Familie und wanderst hier ganz alleine? Wie kannst du das tun? Du musst doch bei deiner Familie und den Kindern bleiben. Vermisst du sie denn gar nicht?“
„Eigentlich nicht so sehr. Weißt du, wenn man so eine große Familie hat, ist man manchmal ganz froh, wenn man auch mal ein paar Tage alleine sein kann.“
Die alte Seniora versteht das nicht so wirklich, aber eine andere Frau nickt heftig mit dem Kopf. Sie bietet mir sofort noch eine andere portugiesische Spezialität an: Thunfischbällchen.
Während ich mich vor den Toren von Santiago mit phantastisch leckeren portugiesischen Spezialitäten vollstopfe und dazu Rotwein trinke, wandern viele Pilger an mir vorbei in Richtung gigantische Ferienanlage. Da ich hier keine Bettenpanik zu befürchten habe, genieße ich die unerwartete Pause kurz vor dem Ziel und esse mich mit Delikatessen satt. Dann machen sich die portugiesischen Herrschaften auf und packen alles zusammen. Ich bedanke mich herzlich bei ihnen und bitte einen vorübergehenden Pilger,
Weitere Kostenlose Bücher