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Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Titel: Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay S.
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arbeite ich zuhause weiter und dann gibt es noch den Drittel, der dafür da ist, um mich um meine Tochter zu kümmern und zu schlafen. Amy hat drei Wochen Schulferien, also müsste ich eigentlich einen der Arbeitsdrittel streichen und mich stattdessen mehr um sie kümmern. Doch die Vermisstenfälle, die ich noch durcharbeiten muss, lassen es einfach nicht zu und so muss ich einen Teil meines Vaterjobs unserem Babysitter, dem Fernseher überlassen. Wenn ich ehrlich bin, macht es mir diesmal nichts aus, wenn Emilia sie morgen zu sich nimmt. Und doch beschleicht mich bei dem Gedanken ein seltsames Gefühl. Ich weiß nicht, ob es Angst ist oder ob es am mangelnden Schlaf liegt. Ich versuche, den Gedankenstrom zu unterbrechen, mich wieder zu sammeln und mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Ich muss mich beeilen. Wozu bin ich nochmal zur Redaktion gefahren?
    Beim Blick auf meinen Schreibtisch, der aussieht, als wäre gerade eine Handgranate darauf explodiert, kommt es mir wieder in den Sinn.
    Ich schnappe mir das kleine, leicht angestaubte Aufnahmegerät und packe es in die Jackentasche. Wann habe ich eigentlich zum letzten Mal jemanden interviewt?
    An der von Notizzetteln zugekleisterten Wand angelehnt steht ein Foto von Emilia und Amy. Es ist eines der wenigen Fotos von Ihnen, das ich noch habe. Nach der der Scheidung hatte ich fast alle Familienfotos ihr gegeben. Emilia lächelt in die Kamera, während Amy verträumt in die Gegend blickt. Der Hintergrund zeigt einen Teil des Sees, an dem wir fast jede unserer gemeinsamen Ferienwochen verbracht hatten.
    Irgendwie habe ich es in letzter Zeit mit den Fotos, denn ich bin wieder drauf und dran, mich in dem Bild zu verlieren.
    Doch dann lässt mich plötzlich ein Geräusch zusammenschrecken. Ich fahre herum und blicke auf die Eingangstür, die sich mit einem lauten Krächzen öffnet. Ein bekanntes Gesicht späht durch den offenen Türspalt hervor. Es ist Jan, der Arschkriecher von Daniel, dem Chefredakteur. Er scheint sichtlich erschreckt, als er realisiert, dass ich um diese Zeit schon da bin.
    „Se…Sebastian…Hallo.“, stottert er. Jan hatte jahrelang eine Redeflussstörung und konnte kaum einen Satz bilden, ohne zu stottern. Irgendwann hatte es jedoch aufgehört, wahrscheinlich ließ er sich therapieren. Dass er jetzt wieder stottert, scheint meine Annahme zu bestätigen, dass er nicht mit meiner Anwesenheit gerechnet hatte. Hat er irgendwas zu verheimlichen?
     
    „Morgen Jan. Hat dich deine Frau so früh schon aus dem Bett geworfen?“ 
    „Ehm…nein, nein. Ich hab nur…etwas vergessen. Und hab, hab heute frei“, antwortet er, sichtlich darum bemüht, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen.
    Ich versuche im Gegenzug, mir mein Misstrauen nicht anmerken zu lassen. 
    „Willkommen im Club. Nur, dass ich heute nicht frei hab.“, antworte ich. Jan nickt und bewegt sich mit unsicher wirkenden Schritten zu seinem Arbeitsplatz, der rund doppelt so groß ist wie die restlichen. Als er bei meinem Büro vorbeikommt, wirft er einen flüchtigen Blick auf das Foto von Emilia und Amy, richtet seinen Blick gleich darauf wieder nach vorne und wirkt noch nervöser als zuvor.
    Ich versuche, mir nicht zu viele Fragen zu stellen, drehe mich um und gehe Richtung Ausgang. 
    „Bis nächste Woche dann!“, ruft mir Jan zu, als ich die Türklinke nach unten drücke.
    „Ja, genau. Bis dann.“, sage ich. Doch irgendwie erscheint mir die Antwort falsch.

Kapitel 6
    Sieben Uhr Vierzig. Ich höre, wie der zunehmende Verkehrslärm auf der Hauptstraße, unweit von der Redaktion entfernt, seinen Lauf nimmt.
    Auf dem Weg dorthin komme ich an Tivadar, dem Quartierpenner vorbei. Ich konnte Mittellose noch nie ignorieren, und so kam es, dass er bei meiner ungefähr hundertsten Spende aufstand, mir seine Hand entgegenstreckte und sich vorstellte. „Ich bin übrigens Tivadar und dir sehr dankbar, dass du immer eine Münze für mich übrig hast.“, sagte er in seinem korrekten, aber nicht ganz akzentfreien Deutsch. Ich kann nicht genau sagen, wovon diese für meine finanziellen Verhältnisse übertriebene Großzügigkeit kommt. Vielleicht weil ich unbewusst selbst befürchte, eines Tages so zu enden.
    Er scheint noch zu schlafen, oder zu meditieren oder was auch immer. Jedenfalls ist sein Gesicht unter seiner alten braunen Mütze versteckt. Ich werfe ihm ein paar Zerquetschte hin und höre keine fünf Sekunden später ein verschlafenes „Danke, Chef.“
     
    Eine mir gänzlich

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