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Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Titel: Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay S.
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auf das Display, bevor ich es wieder in meiner Hosentasche verschwinden lasse. Ich stehe irgendwo unweit von der Bushaltestelle entfernt und blicke über ein vernachlässigtes Kornfeld.
     
    Als ich mich umdrehe, blickt mir aus dem davonfahrenden Bus der zappelige Junge entgegen und hebt demonstrativ seinen Mittelfinger in die Höhe. 
    Es dauert einen Moment, bis ich die Situation realisiere. Ich habe den Bus verpasst. Wieso wollte ich nochmal den Bus nehmen?

Kapitel 4
    Als ich vor der Eingangstür zur Redaktion stehe, beschleicht mich ein unangenehmes Gefühl. In an Zeitlupe grenzender Langsamkeit bewege ich meine Hand zu der Stelle neben meiner Hosentasche, an der normalerweise mein Schlüsselbund hängt. Hängen müsste…
    Obwohl die Chance, dass um diese Zeit schon jemand da ist, ungefähr jener eines dreifachen Lotto-Sechsers gleichkommt, klopfe ich an die alte Holztür.
    Keine Reaktion.
    Ich blicke auf meine billige Plastikuhr. Sieben Uhr fünfzehn . Die Redaktion öffnet offiziell um acht Uhr ihre Türen, der Termin für das Interview findet fünfzehn Minuten später statt. Am anderen Ende der Stadt. Ich würde in diesem Moment am liebsten meinen Kopf gegen die Wand schlagen. Wieso zur Hölle muss ich dieses bescheuerte Diktiergerät immer im Büro liegen lassen?
    In der leisen Hoffnung, dass Alexia, die Empfangsdame, die keine fünf Minuten von der Redaktion entfernt wohnt, schon wach ist, nehme ich das Handy aus der Tasche und wähle ihre Nummer.
    Es klingelt einmal, zweimal, dreimal. Nach dem vierten Mal will ich gerade wieder auflegen, als ich plötzlich ihre hellewach klingende Stimme am anderen Ende höre. „Hey Seb. Wie geht’s?“ 
    Ich erspare mir meinen Kommentar, sie solle endlich aufhören, mich „Seb“ zu nennen, und komme direkt zur Sache: „Hallo. Ging schon besser, aber egal. Wie lange würdest du brauchen, wenn du jetzt zur Redaktion herüberrennen würdest?“
    Stille. Ich versuche, mir ihren Gesichtsausdruck vorzustellen. Mit nicht mehr ganz so wach klingender Stimme fragt sie mich: „Wie meinst du das, `herüberrennen`?“
    Ich überlege mir kurz, wie ich sie schnellstmöglich dazu überreden kann, meinen Arsch zu retten.
    „Weißt du noch, als ich dich beim letzten Weihnachtsessen vor Mr. Redaktionsleiter gerettet habe?“
    Sie lacht. Sehr gut. „Du hättest echt im Marketing bleiben müssen, weißt du?“ sagt Alexia amüsiert, aber irgendwie auch genervt. 
    „Jaja, schon klar. Also, wie sieht`s aus?“, hake ich nach. „Rühr dich nicht vom Fleck!“, antwortet sie und legt auf.
    Die Müdigkeit holt mich ein, ich lehne mich mit dem Rücken gegen die Tür und lasse mich wie ein Kartoffelsack zu Boden sinken.
    Ohne wirklich zu wissen, ob ich eingenickt bin oder nicht, höre ich nach einer Weile Alexias unverkennbare Schritte im Treppenhaus. Ich frage mich, wie früh diese Frau morgens aufsteht, dass sie um diese Zeit schon so perfekt geschminkt und geschalt durch die Gegend spazieren kann. Die hallenden Schritte ihrer High Heels werden mit jedem Schritt lauter, dann blickt sie mit ihrem perfekt eingespielten Lächeln in meine Richtung, bleibt vor mir stehen und streckt mir die Hand entgegen.
    „Na, was hat dich diesmal nicht schlafen lassen? Die Story oder die Story?“ 
    Ich nehme ihre Hand entgegen und versuche so aufzustehen, dass sie möglichst keine Hilfe leisten muss. Wie alt bin ich eigentlich? Neunzig?
    „Ein Bisschen von beidem. Danke dass du gekommen bist.“
    „Schuldest mir einen Kaffee. Oder doch lieber gleich ein Essen?“, fragt sie mit einem fast schon hörbaren Augenzwinkern. 
    „Was denn nun?“, frage ich. 
    „Ich lass mich überraschen“, antwortet sie, öffnet die Tür und weist mir mit einer einladenden Handbewegung den Weg hinein. 
    „Und du?“, frage ich sie, als sie Anstalten macht, wieder zu verschwinden.
    „Gangster hat noch nichts gefressen“, antwortet sie.
    „Wer hat noch nicht gefressen?“, frage ich sie.
    „Gangster, mein Kater von dem ich dir so gut wie jeden Tag erzähle.“ Antwortet sie empört. 
    „Ach so, DER Gangster…“, sage ich und bin mir ziemlich sicher, dass sie es mir nicht abkauft.
    Sie schüttelt den Kopf, dreht sich um und sagt mit einer abwinkenden Handbewegung: „Bis später“
     

Kapitel 5
    Mein Büro ist eigentlich mehr eine Kabine, eine „Schreibecke“, wenn man so will. Eine von fünfzehn, drei davon sind zurzeit leer. Ich verbringe ein Drittel meiner Zeit an diesem Fleck, ein weiterer Drittel

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