Schule der Leidenschaft. Ein erotischer Roman
haben.
Saskia trug ihr Haar an diesem Abend streng aus dem Gesicht gekämmt; flüchtig schoss mir durch den Kopf, dass die Farbe in dem Spionageroman, den ich seit einigen Tagen las, vermutlich als platinblond bezeichnet worden wäre. Es war früher Montagabend, meine Mitarbeiter waren bereits vor geraumer Zeit nach Hause gegangen. Ich brütete über dem Protokoll einer Projektgruppe, in der ich mich seit einigen Wochen engagierte, um die Arbeitsabläufe im Haus effizienter zu gestalten. Frau Dr. Rothloff hatte mich persönlich in die Gruppe berufen: „Ohne Sie wird das nichts, Herr Strecker. Wir brauchen jemanden, der die Firma so gut kennt wie Sie und der gründlicher ist als alle anderen.“ Natürlich könne man mir den zusätzlichen Aufwand nicht honorieren, aber: „Wenn Sie dafür nach dem Abschluss des Projekts zwei, drei Tage Sonderurlaub nehmen wollen, dann können wir – wie immer – gerne darüber sprechen.“ Frau Dr. Rothloff wusste genauso gut wie ich, dass es zu diesem Gespräch nicht kommen würde. Aber das war okay; entweder, man macht seinen Job, oder man macht ihn nicht. Ein Nein wäre sowieso nicht in Frage gekommen; Frau Dr. Rothloff ist dafür bekannt, dass sie es nicht schätzt, wenn einer ihrer Mitarbeiter dieses böse Wort ausspricht statt des von ihr stets erwarteten Natürlich, sofort .
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte ich die schöne Unbekannte, als sie vor meinem Schreibtisch angekommen war.
„Das hoffe ich.“ Sie lächelte mich strahlend an. „Es heißt, wenn man in diesem Laden irgendetwas braucht, kommt man am besten zu Ihnen, Herr Strecker. Ich bin Saskia Groß, die zweite Sekretärin von Frau Dr. Rothloff.“
Hatte ich davon gehört, dass es diese Stelle gab? Ich war nicht sicher, stand aber sofort auf, ergriff die Hand, die mir entgegengestreckt wurde, und erwiderte den überraschend festen Händedruck. So unauffällig wie möglich nahm ich eine schnelle Bestandsaufnahme: ein rundes, aber nicht rundliches Gesicht mit großen blauen Augen und einem Mund, der entfernt an eine bekannte Schauspielerin erinnerte, die mir regelmäßig von Karens Gala entgegenstrahlte. Ich schaffte es, nicht zu lang auf ihre Brüste zu schauen, die durch den tiefen Ausschnitt des enganliegenden schwarzen Blazers betont wurden. Dass die Chefin so tiefe Einblicke in ihrem Vorzimmer duldete, erstaunte mich. Allerdings auch die Tatsache, dass ich mir darüber überhaupt Gedanken machte. Vermutlich kannte die neue Kollegin die Vorlieben der Chefin und sagte stets Ja , wenn man etwas von ihr wollte.
Ob das nur für Frau Dr. Rothloff galt? Oder war sie eine der Frauen, die … Nein, darüber wollte ich definitiv nicht nachdenken!
Schnell ließ ich meinen Blick über den kurzen Kostümrock, die hübschen Knie und die schlanken Unterschenkel zu den erstaunlich hohen Schuhen gleiten. Karen war eine typische Turnschuhfrau, die nie viel Wert auf High Heels gelegt hatte; umso mehr fiel mir auf, dass die Füße der neuen Kollegin durch das schwarze Wildleder energisch nach oben gehoben wurden.
„Und?“, riss mich mein Gegenüber aus meinen Gedanken. „Zufrieden?“
„Zufrieden?“, fragte ich irritiert zurück. „Mit was genau?“
„Mit mir.“ Während sie ihre schwarzrahmige Brille absetzte, hob sie eine ihrer Brauen und sah mir direkt in die Augen. „Gefalle ich Ihnen? Oder ziehen Sie erst einmal jede Frau mit Blicken aus, die vor Ihnen steht, Herr Strecker?“
„Was …“ Ich merkte, wie mir das Blut in die Wangen stieg. Mein Gegenüber fuhr spielerisch mit dem Brillenbügel die Kontur ihrer Unterlippe nach und ließ mich dabei keine Sekunde aus den Augen.
„Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor. Ich habe Sie ganz sicher nicht …“ Mit den Augen ausgezogen , wollte ich eigentlich sagen, aber das verkniff ich mir. Einerseits, weil ich auf eine solche unbegründete Anschuldigung nun wirklich nicht eingehen wollte. Andererseits, weil eine innere Stimme, die sich plötzlich in meinem Hinterkopf meldete, fragte: Und, du Schlappschwanz? Warum hast du’s nicht gemacht?
„Entschuldigen Sie, das war ganz sicher nicht meine Absicht“, beeilte ich mich zu versichern.
„Schade.“ Immer noch dieser offene und mehr als direkte Blick. Hoffentlich sah sie mir wirklich nur in die Augen. Meine inzwischen feuerroten Schuljungenwangen waren mir so peinlich, dass ich unwillkürlich von einem Fuß auf den anderen trat.
„Wie kann ich Ihnen helfen?“ Immerhin, meine Stimme blieb
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