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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Kummers nur erahnen kann.«
    »Danke«, sagte Dill und entdeckte dabei, daß es auf Beileidsbekundungen eigentlich nicht viel anderes zu erwidern gab. Er setzte sich auf einen Stuhl gegenüber dem, auf dem der Senator gesessen hatte. Dolan goß derweil hinter seinem Schreibtisch aus einer Flasche Scotch drei Gläser voll.
    »Sie war Polizistin, nicht wahr?« sagte der Senator, während er Dill gegenüber wieder Platz nahm. »Ihre Schwester, meine ich.«
    »Detective bei der Mordkommission im mittleren Dienst. Sie war gerade befördert worden.«
    »Wie ist es passiert?« fragte Dolan, der sich über den Tisch beugte, um die Drinks hinüberzureichen.
    »Sie sagen, daß es eine Autobombe gewesen ist.«
    »Ermordet?« fragte der Senator mehr überrascht als schockiert.
    Dill nickte bestätigend, trank seinen Whisky aus und stellte das Glas zurück auf Dolans Schreibtisch. Er bemerkte, daß der Senator nur an seinem Glas nippte und es dann abstellte. Dill war sicher, daß er es nicht noch einmal heben würde.
    »Ich werde etwa eine Woche oder zehn Tage weg sein«, sagte Dill. »Ich dachte, ich schau nur eben vorbei und sage Ihnen Bescheid.«
    »Brauchen Sie irgendwas?« fragte der Senator.
    »Geld?« Offensichtlich war das alles, woran er denken konnte.
    Dill lächelte und schüttelte den Kopf. Dolan, der noch immer stand, starrte nachdenklich auf ihn herunter, legte seinen Kopf schief und sagte: »Sie sagen, daß Sie ungefähr eine Woche, vielleicht zehn Tage da unten bleiben werden?«
    »So ungefähr.«
    Dolan blickte den Senator an. »Vielleicht könnten wir Ben auf die Spesenliste setzen, da Jake Spivey sich noch immer da unten versteckt hält.«
    Der Senator wandte sich zu Dill. »Sie kennen natürlich Spivey.«
    Dill nickte.
    »Teufel«, sagte Dolan, »Ben könnte doch Spiveys eidesstattliche Erklärung entgegennehmen und uns damit die Mühe sparen, ihn hierherfliegen zu lassen, und dann könnten wir doch Bens Ausgaben mit dieser Brattle-Geschichte verrechnen.«
    Schon halbwegs überzeugt, nickte der Senator. Er wandte sich wieder Dill zu. »Wären Sie bereit, das zu tun, während Sie da unten sind? Ich meine, sich die eidesstattliche Erklärung von Spivey holen?«
    »Ja, sicher.«
    »Sie kennen doch die Brattle-Affäre? Was für eine Frage! Natürlich kennen Sie sie.« Der Senator schaute wieder zu Dolan hoch. »Dann wäre das also geregelt.«
    Dill erhob sich. »Ich hol mir dann von Betty Mae Spiveys Akte.«
    Auch der Senator stand jetzt auf. »Spivey könnte uns unheimlich dabei helfen, dieses … dieses Problem zu lösen. Sollte er nicht gerade sehr entgegenkommend sein, dann – ja, Sie wissen schon – bleiben Sie hart, sehr hart.«
    »Sie meinen, ihm mit einer Vorladung unter Strafandrohung Angst einjagen?«
    Der Senator wandte sich zu Dolan um. »Ja, ich glaube schon. Meinen Sie nicht auch?«
    »Scheiße, ja«, sagte Dolan.
    Dill lächelte schwach zu Dolan hinüber. »Könnten wir das im Komitee durchbringen?«
    »Niemals«, meinte Dolan, »aber das muß Spivey ja nicht unbedingt erfahren, oder?«

3
    Es war jetzt etwas länger als zehn Jahre her, seit Dill das letzte Mal in seiner Heimatstadt gewesen war, die zugleich Hauptstadt eines Bundeslandes war, der weit genug im Süden und hinreichend weit westlich lag, um aus Knast-Kantinen-Chili eine hochgeschätzte kulturelle Spezialität werden zu lassen. In diesem Staat wurde Weizen angebaut, dort wuchsen Klapperschlangen, Zuckerhirse, Besenhirse, Baumwolle, Sojabohnen, Schwarzeichen und Rinder mit weißen Gesichtern. Es gab dort überdies Öl, Gas- und kleinere Uranvorkommen, und die Familien derer, die einst fündig geworden waren, waren oftmals wohlhabend und manchmal sogar reich.
    Was die Stadt selbst angeht, wurde behauptet, dort wären während der dreißiger Jahre die Parkuhr und gleichzeitig auch der Supermarkt erfunden worden. Ihr internationaler Flughafen war nach einem fast in Vergessenheit geratenen Flugnavigator, William Gatty, benannt, der dazu beigetragen hatte, die Wiley Post 1931 um die ganze Welt zu befördern. Weder in der Stadt noch im Staat gab es viele Juden, dafür aber sehr viele Schwarze, zahlreiche Mexikaner, zwei Indianerstämme, große Baptistengemeinden und eintausendvierhundertdreizehn Vietnamesen. Gemäß der letzten US-Volkszählung belief sich die Einwohnerschaft der Stadt auf 501341 Menschen im Jahre 1970. 1980 war diese Zahl auf 501872 angestiegen. Im Wochendurchschnitt ereigneten sich dort 5,6 Morde, die meisten davon wurden

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