Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
Beigeschmacks von Sarkasmus. Fast immer wurden seine Befunde zuletzt durch die Ergebnisse der Obduktion bestätigt.
    Das Gesicht des Arztes schien vor Begeisterung zu strahlen. »Saubere Arbeit«, spottete er, auf den Toten unter ihm deutend, »war schon lange nicht mehr in meiner Sammlung.«
    Braig betrachtete den toten Körper voller Abscheu. Es handelte sich um einen Mann zwischen fünfzig und sechzig, dessen unangenehm verzerrtes Gesicht von zwei hellroten Flecken gezeichnet war. Er trug dunkelblaue, an den Seiten leicht verschmutzte Arbeitshosen, ein schwarz-rot kariertes Holzfällerhemd aus festem Baumwollstoff, darüber eine abgetragene Cordjacke. Eine Verletzung, die seinen Tod verursacht haben könnte, war nirgends zu erkennen. Nicht die typischen Symptome eines Durchschusses, keine Hinweise auf einen Einstich mit einem Messer, einem Dolch oder sonst einer scharfen Klinge, keine Spuren eines Niederschlags mit einem harten Gegenstand.
    Sein Körper lag in leicht gekrümmter Haltung unterhalb einer dicht belaubten und von kleinen, noch längst nicht ausgereiften, blauen Trauben bewachsenen Rebenzeile, die sich parallel mit unzähligen anderen sanft den Hügel hinauf erstreckte. Wenige Meter oberhalb stand ein dunkelgrüner Weinberg-Schlepper samt Anhänger, schmal genug, die langen, kaum mehr als einen Meter breiten Areale zwischen den Reben passieren zu können. Braig sah, dass der kleine Wagen mit landwirtschaftlichen Arbeitsgeräten beladen war, wendete sich wieder dem Mediziner zu.
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte er.
    »Gift«, erklärte der Arzt.
    Der Kommissar sah überrascht zu ihm auf. »Gift?«
    Dr. Keil nickte. »Noch haben wir ihn nicht obduziert. Aber ich müsste mich schwer täuschen.«
    »Was für ein Gift?« Braig zeigte auf die Weinreben der Umgebung. »Spritzmittel?«
    »Nein. Anfang Oktober darf nicht mehr gespritzt werden. Zyanidhaltige Mittel sowieso nicht.«
    »Zyanid?«
    »Blausäure. Die Symptome sind deutlich genug. Der Geruch aus dem Mund«, der Arzt deutete auf den Toten, »die hellrote Verfärbung einiger Körperstellen. Das ist fast schon klassisch.«
    »Selbstmord?«
    »Das zu entscheiden, ist Ihre Aufgabe.« Dr. Keil streckte seine Hände weit von sich. »Allerdings wüsste ich nicht, womit er sich das Zeug zugeführt haben könnte. Irgendwo muss er es aufbewahrt haben, wenn er es hier draußen zu sich nahm. In flüssiger Form oder als Pulver. Ich konnte nichts finden. Ihr Techniker«, er wies auf Schöffler, »ebenso wenig. Keine Flasche, keine Ampulle, keine Tüte, nichts.«
    Braig überlegte, was die Feststellung des Arztes zu bedeuten hatte. »Wie schnell wirkt das Zeug?«
    »Schnell. Sehr schnell. Sekunden, höchstens Minuten. Kommt natürlich auf die Konzentration an, aber …«
    »Er kann es nicht in seiner Hand hierher gebracht haben?«
    Dr. Keil schüttelte den Kopf. »Kaum. Dann hätte es ihn schon früher erwischt. Die Resorption durch die Haut funktioniert zwar langsam, aber dennoch gründlich.«
    Braig musterte den Boden in der Umgebung, wandte sich Markus Schöffler zu. »Du hast dich bereits umgesehen?«
    Der Kriminaltechniker nickte. »Noch nicht weiträumig, aber der kleine Bereich hat schon Interessantes ergeben.«
    »Ja?«
    »Spuren«, erklärte Schöffler und wies auf eine Stelle wenige Meter unterhalb des Toten, »Spuren einer anderen Person. Aufgrund des wochenlangen Regens und des nassen Bodens nicht zu übersehen.«
    »Was für Spuren?«, fragte Braig.
    »Fußabdrücke.« Schöffler zog eine Plastikflasche aus seinem Koffer, bewegte sich vorsichtig von ihnen weg. »Ich bin gerade dabei, sie aufzunehmen. Auffallend kleine Füße. Sie können nicht von dem Toten stammen. Außerdem ziemlich frisch. Das Gras konnte sich noch nicht aufrichten.«
    Braig seufzte laut. »Ich sehe schon, ihr gönnt mir kein ruhiges Wochenende.« Er dachte an Ann-Katrin, spürte mehr und mehr, dass die nächsten Tage anders ausfallen würden, als er es sich erhofft hatte. Wenn sich der Verdacht mit dem Gift bestätigen sollte, hatte er bald sämtliche Medienvertreter des Landes auf dem Hals und der Wunsch nach freien Stunden oder gar Tagen blieb Utopie. Er betrachtete wieder den Toten, fragte nach dessen Identität.
    »Papiere trug er keine bei sich«, erklärte Söhnle, »wir wissen aber trotzdem, um wen es sich handelt.« Er zog einen Zettel hervor, reichte ihn Braig.
    Konrad Böhler
war in krakeligen Buchstaben zu lesen.
    »Woher hast du das?«
    Söhnle zeigte zur

Weitere Kostenlose Bücher