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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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nicht besonders lang. Und bei Weitem nicht so steil wie die Sünderstaffel.«
    Neundorf bedankte sich für die Auskunft und kletterte die Treppe nach oben. Der Anstieg brachte sie schnell ins Schwitzen, erinnerte sie daran, wie sehr sie im vergangenen Winter ihre Fitness vernachlässigt hatte. Höchste Zeit, wieder mehr für meinen Körper zu tun, überlegte sie, als sie schwer atmend am Fundort der Leiche angekommen war.
    Rössle und Rauleder knieten auf dem Boden, Dr. Keil war nicht mehr anwesend.
    »Irgendwelche neuen Erkenntnisse?«, fragte sie.
    Rössle blieb in seiner unbequemen Stellung, winkte nur ab. »Immer noch viel zu viele Idiote in Sindelfinge«, brummte er, »aber bei uns koi oinzige Spur.«
    Sie holte tief Luft, warf einen letzten Blick auf das tote Mädchen, bat die Kollegen um telefonische Benachrichtigung, sobald sich etwas ergeben sollte.
    Von oben waren mehrere laute Schreie zu vernehmen.
    »Wie viele Dote sind’s?«
    »Zwoi dote Fraue, wirklich?«
    Neundorf hielt den Blick auf die Stufen gesenkt, versuchte, nicht auf die Worte zu hören. Je näher sie dem Ende der Treppe kam, desto aufgeregter klangen die Kommentare.
    »Hent die die tatsächlich köpft?«
    »Köpft?«, kreischte eine schrille Stimme, »ums Gottes und des Himmels Wille! Wer denn? Wie viele?«
    Die Kommissarin wischte sich den Schweiß von der Stirn, trat auf den Beamten an der Absperrung zu, schlüpfte unter dem Band durch.
    »Was isch passiert?«, fragte ein Mann.
    Sie schüttelte den Kopf, bahnte sich einen Weg durch die Menge, sah nichts als neugierige Gesichter. Die schmale Fahrbahn der Stafflenbergstraße zu überqueren, war fast unmöglich. Überall schiebende, zur Sünderstaffel hin drängende Menschen, dahinter Fahrzeug an Fahrzeug mit laufenden Motoren. Sie schob sich seitwärts durch, passierte die modernen Gebäude des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche, löste sich endgültig aus dem Getümmel.
    Als sie an der Georg-Elser-Staffel angelangt war, fiel ihr das neue Projekt ihres Lebensgefährten ein, der als Zeitungsjournalist tätig war. Thomas Weiss arbeitete an einer Serie locker geschriebener Biografien, die unter dem Stichwort »Außergewöhnliche Schwaben« erscheinen sollte. Die erste Veröffentlichung war bereits für die nächste Woche geplant. Seit Monaten hatten sie darüber diskutiert, weibliche und männliche Lebensläufe erörtert, die dieser besonderen Erwähnung wert waren. Trotz ihres Einwurfs: »Müssen es eigentlich immer Männer sein?«, hatte sie letztendlich seinem Vorschlag, Georg Elser als erste Persönlichkeit zu besprechen, mit vollem Herzen zugestimmt.
    Neundorf folgte dem von einem lichten Hain begleiteten sanften Anstieg, hatte die Gerokstraße erreicht. Sie überquerte die breite Trasse, suchte nach der Hausnummer, sah das Gebäude, ein prächtiges, mit Elementen des Jugendstils geschmücktes Mehrfamilienhaus vor sich.
    Manfred Gänsslen erwartete sie schon an der Haustür. Ein großer, kräftiger Mann um die sechzig, mit dichtem grauen Haar und einer altmodisch klobigen Brille. Er nannte seinen Namen, kaum dass sie den Eingang erreicht hatte, gab ihr die Hand. Sie begleitete ihn in die Wohnung im ersten Obergeschoss, nahm auf einem breiten dunkelroten Sofa Platz, das die gesamte Wand des Zimmers einnahm. Ein großes Fenster ermöglichte den Blick auf einen im japanischen Stil angelegten Garten.
    »Wie geht es Ihrer Frau?«, fragte Neundorf.
    Gänsslen setzte sich in einen Sessel ihr gegenüber. »Sie schläft«, sagte er. »Ich hoffe, dass die Medikamente bald wirken. Sie hatte schlimme Magenschmerzen.«
    »Sie haben ihr von dem Mädchen erzählt?«
    Ihr Gegenüber nickte mit dem Kopf. »Natürlich. Sie kennt Jessica besser als ich.«
    »Was wissen Sie über sie?«
    Gänsslen hob beide Hände abwehrend hoch. »Oh, erwarten Sie nicht zu viel. Wir sind weitläufige Nachbarn, das ist alles. Man sieht sich ab und zu, wechselt höflichkeitshalber ein paar Worte, mehr nicht. Die Heimpolds wohnen … hier … na, warten Sie … Jessica war gerade geboren, daran erinnere ich mich noch. Ihre Mutter trug sie in einem bunten Tuch vor dem Bauch, so habe ich sie kennengelernt.«
    »Na ja, das ist aber schon eine Weile her. Sechzehn, siebzehn Jahre, oder?«
    Der Mann nickte. »Sie haben recht. Aber in meinem Alter scheint die Zeit nur noch zu fliegen. Alles vergeht rasend schnell.«
    »Das Mädchen hat Geschwister?«
    »Nein, mir sind keine bekannt. Sie ist die einzige Tochter …« Er

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