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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Beispiel habe ich Anna vorher eher in der Wischtechnik eines Gerhard Richters wahrgenommen und dabei, er wandte sich ihr wieder zu, stützte den Kopf in beide Hände und krabbelte mit den Augen gemächlich an ihr hoch, Beine Beine, von wegen Wischtechnik, jetzt und mit blitzeblanker Brille sah er gestochen scharf und konkret, was vorher als lose Träumerei an ihm vorüberzog, Beine waren schön, Beine waren herrlich, er verweilte an diesen kurzen, an diesen wahnsinnig kurzen, an diesen wirklich euphorisch kurzen Hos-, ach was, Hosen konnte man das schon gar nicht mehr nennen, an diesen Hös-, Anna, rief er, du siehst so wahnsinnig saftig aus.
    Frederik!
    Omi! Herrgott hast du mich erschreckt! Er drückte seiner Oma die Zeitung in die Hand und drehte sie auf dem Barhocker herum, bis sie ihm den Rücken zuwandte, ich frage dich nachher ab, sagte er, also lies gründlich.
    Anna, er faltete die Hände zusammen und legte sie in den Schoß, er betrachtete sie aus halb geschlossenen Augen, Anna Anna, sagte er langsam, du siehst so bereit aus.
    Eins zwei zack zack, Sekunden gingen spazieren, Rhabarber Rhabarber, das Wurlen der Menge, drei vier.
    Was meinst du damit.
    Zack, Rhabarber, fünf, er schaute sie an, die Beine die Schenkel die Hüften, sechs und zack.
    Das weißt du ganz genau.
    Anna Snozzi strich sich über die Haare, ließ die Hände auf ihrem Kopf liegen und flocht die Finger ineinander, sie schaute ihn nachdenklich an, Sekunden Sekunden, wohin gehen die Sekunden, wenn sie vorüberziehen, keiner weiß es, sie spazieren dahin und davon und zack und weg, okay, sagte sie. Neun und zehn!
    Okay, Frederik.
    Und elf und zwölf und so weiter.
    Aber ich glaube, sagte sie, du irrst dich.
    Ich irre mich nicht, alles an dir ist so saftig, alles scheint zu blühen oder aufzubrechen, du siehst aus wie eine reife schöne Frucht. Eine reife schöne Frucht. In einer äußerst knappen Hose. Es ist ungeheuer schwierig, dich nicht ständig anzufassen, da in diese Schenkel hineinzufassen, dir an den Hintern zu fassen, in die Hüften zu greifen, diesen Busen auszupacken, es –
    Frederik, ich schmeiß dich gleich raus, seine Oma hatte den Stuhl herumgedreht, in meinem –
    Omi! Sydow lachte, was ist denn mit deiner Frisur los, dir stehen ja die Haare zu Berge, eben noch frisch onduliert und jetzt sträubt sich alles kreuz und quer, direkt frisée, wie der Salat. Du siehst aus wie ein durchgeknalltes Stachelschwein, er gab dem Stuhl einen Schubs und drehte sie zurück, das ist der Aufstand der Frisuren, oder, er lachte, aber gleich, Omi, gleich kannst du uns erzählen, was in deinem Café zu tun und zu unterlassen ist, lies noch die Seite der Deutsch-Französischen Freundschaft, da gibt es einen interessanten Artikel über eine Schildkröte, ungefähr in deinem Alter, du magst doch die Tiere so gern.
    Er lachte noch ein bisschen weiter, wandte sich dann wieder an Anna Snozzi, schaute sie gründlich an, quasi fachmännisch, er war ein Mann und er war vom Fach, schon klar und Sekunden hatte er massig, dreizehn vierzehn fünfzehn zum Beispiel.
    Anna, sagte er also nach geraumer Zeit.
    Ja, Frederik? Anna Snozzi zog die Augenbrauen hoch.
    Anna, sag, wollen wir ein Kind machen.
    Anna Snozzi ließ die Hände herabgleiten, verschränkte sie vor sich auf der Theke, betrachtete sie verwundert, lauschte den Sekunden, sie schlichen so leise als möööglich, nein, Frederik.
    Warum nicht? Es kommen, Sydow drehte seine Oma zu sich herum und nahm ihr die Zeitung ab, drehte die Oma weiter, er hielt die Zeitung hoch, schwenkte sie über seinem Kopf, es kommen viel zu wenig Kinder zur Welt.
    Ja? Anna Snozzi hatte die Kaffeetasse zu sich herübergezogen und rührte müßig darin herum.
    Ja. Er schlug die Zeitung auf, Sport: der vielgestalte Run auf den Ball, ein Riese stopfte ihn ins Netz, geschafft, Vermischtes: verbrannte Kinder und steinalte Tomaten in absurden Farben, weiter weiter, Wissen: krumme Gurken, hier wars, das ist einerseits, las er, weil Frauen zu wenig Babys bekommen.
    Sie schaute ihn an. Und andererseits?
    Ich weiß es nicht, Anna. Er klappte die Zeitung wieder zusammen und schob sie seiner Oma hin, ich weiß es nicht. Es ist eine seltsame Welt. Bälle werden verdroschen, nach Bällen wird gehascht, Bälle werden weggeworfen, zu viele fallen in Tore, Netze und in diverse Löcher und zu wenige stecken den Frauen unterm Kleid, es ist eine seltsame seltsame Welt. Aber man sollte versuchen, im Kleinen zu wirken, wenn jeder innerhalb seiner

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