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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Hand, bring bitte für die trächtige Anna eine schöne Tasse Früchtetee.
    Du hättest das, wandte er sich wieder an Anna Snozzi, übrigens auch durchaus mit mir besprechen können.
    Dass ich schwanger bin? Ich sagte doch gerade, es ist noch ganz –
    Er hielt sich die Ohren zu, hör auf, rief er, man ist nicht frisch schwanger, das regt mich ungeheuer auf!
    Ich meine, wir wissen das selbst erst seit –
    Er nahm die Hände von den Ohren, bevor du schwanger bist natürlich, was soll man jetzt noch groß besprechen. Schön, kann man da nur noch sagen, oder: schlecht, oder: weiter so. Vorher hätten wir reden sollen.
    Und was hättest du mir gesagt?
    Was ich gesagt hätte? Er lächelte sie an, nimm mich, hätte ich gesagt. Vergiss Wolfgang. Lass uns poppen, Puppe.
    Frederik, ich finde, es reicht, Frau Sydow stand auf, sie stellte die Teller und Tassen zusammen, das ist keine schlechte Laune mehr, das ist lästig.
    Tut mir leid, Omi, Sydow haute auf die Zeitung, das sind meine provencalischen Motive, ja, ich bin lästig. Ich bin auch mir selbst so lästig. Ich geh dann mal lieber.
    Frederik, kann ich dir irgendwie helfen.
    Nein, Omi. Er ging zum Garderobenständer und begann, sich den Schal umzuwickeln.
    In der Zwischenzeit verging in Böhmen ein Viertel, kämpfte Deutschland mit seiner Identität und hatte Europa die üblichen Probleme, alte Tomatensorten hatten keine Chance und die Türkei auch nicht, Bälle mussten irgendwas bedeuten, etwas Wichtiges. Sie wurden verfolgt und begehrt und hart erkämpft. Es fielen Fahrgäste aus den Schnellbahnen und es zog die Werkzeugtasche weiter in ihrer Bahn, verließ das Sternbild des Löwen und trat ein in die Jungfrau, es wurde Abend.
    Anna Snozzi und Frau Sydow deckten fürs Abendbrot ein und trugen die Suppenterrinen zu den Tischen, Busse brannte aus, wieder ein paar Kinder weniger. Gurken waren hoffnungslos krumm und die Franzosen tranken mit den Deutschen auf ihre dicke Freundschaft, Jean-Jaques hatte keine Arbeit, Manager gingen noch einmal über die Bücher und schüttelten betrübt den Kopf, 30 Millionen, es waren einfach nicht genug. Sekunden backten sich zusammen und es wurden immer mehr, wo eine ist, kommt eine zweite dazu und immer so weiter. Es wurde Nacht. Ein böhmisches Viertel dauert lang und der Schal war auch lang. Die Suppenschüsseln wurden abgeräumt, die Teller zusammengestapelt. Das Lokal leerte sich allmählich. Ein paar Unverdrossene verharrten und bestellten Schokoladenkuchen, obwohl Frau Sydow sie darüber informierte, dass das so spät am Tag nicht gesund ist. Regen fiel auf den Rhabarber, das gemächliche und schwerfällige Geräusch fetter Tropfen auf große Blätter, das Rhabarbern, das Gemurmel, wurde es langsamer? Wurde langsamer gemurmelt und ruhiger, erschöpft und müde? Konnte schon sein und Anna Snozzi wurde – nein, natürlich nicht.
    Natürlich nicht, sagte Sydow, er hängte sich den Rest des Schals über die Schulter und legte Anna Snozzi eine Hand auf den Arm, bis ich mir den Schal umgewickelt habe, vergeht in Böhmen ein Viertel, aber du bist in der Zwischenzeit nicht deutlich schwangerer geworden, ich schwöre. Frisch wie eh und je. Er begutachtete sie, man sieht übrigens gar nichts, er fasste mit beiden Händen an ihren Bauch, tastete ihn ab, ist das normal? Eher nicht, oder. Irgendwas stimmt nicht, vermutlich wegen Wolfgang, das sind seine mutierten Gene, das kann noch heiter werden. Du wirst einen Däumling gebären, aber die Frisur: sitzt.
    Anna Snozzi lachte, nahm seine Hände weg und steckte ihm den Schal fest, das dauert noch, sagte sie.
    Ach so, sagte er, na wenn du meinst.
    Er war fertig angezogen, draußen war es dunkel geworden, eine nasse Nacht, ein überhaupt nasser Sommer. Herinnen schaltete man die Lichter an, Anna Snozzi ging in die Küche und brachte neuen Kuchen, und Wolfgang, sagte Sydow, er hängte sich seine Tasche um und schnitt sich ein dickes Stück vom Schokoladenkuchen, biss hinein, Wolfgang ist ein schöner Name. Tschüss, Anna. Nichts für ungut. Ich nehme an, du hattest mich gesucht und wegen dem Schal einfach nicht gefunden. Das kann dir niemand verübeln. Falls du mich gesehen hast, hast du es nicht einmal bemerkt, du hast mich mit einem Strickstrumpf verwechselt und an deine Oma gedacht. Hast du überhaupt eine Oma? Dann eben an meine, du hast an meine Oma gedacht. Von da ist der Weg zu Wolfgang nicht weit, ich sage nur: Er müsste sich mal ernsthaft mit seiner Frisur auseinandersetzen.
    Er hatte den

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