Schwartz, S: Blutseelen 1: Amalia
des Hotels an der Straße stand. Aurelius öffnete ihr die Beifahrertür.
„Ein Alfa Romeo. Sehr edel.“
„Macht Spaß, ihn zu fahren.“ Er grinste.
Vor ihnen stiegen Grace und Darion in einen zweiten Wagen. Beide Autos waren schwarz.
Amalia hörte, wie Grace den Wagen vor ihnen anließ. Ihr war mulmig zumute.
Sie kannte diese Leute überhaupt nicht.
Es war nicht ihre Art, einfach mit fremden Leuten mitzufahren.
Aurelius machte Musik an. Ein Klavierstück flutete durch den Innenraum.
Sie legte den Kopf schief. „Schumanns Träumerei. Magst du klassische Musik?“
„Ich liebe Klaviermusik. Besonders Schumann und Beethoven.“
Amalia schwieg, lauschte den bezaubernden Klängen und versuchte, die Bilder zu verdrängen, die in ihr aufstiegen. Vergeblich. Da war das Anwesen in Frankreich und ein Klavier. In ihrer Traumwelt legte Aurelius die Arme um ihre Taille und zog sie an sich. Sie seufzte leise.
Sie fuhren nicht lange, bis sie den Auwald erreichten. Neben einem Waldstück stellten sie die Autos ab.
Aurelius gab ihr eine Tasche zum Tragen. Er selbst war mit einem großen Korb beladen. Grace trug mehrere Decken und einen CD-Player, während Darion wachsam neben ihr ging, ohne ihr etwas abzunehmen.
Der höflichste Mensch war er wohl nicht.
Sie blickte wieder zu Aurelius und hatte das Gefühl, ihn den ganzen Tag lang anstarren zu können. Selten war sie mit derart schönen Menschen unterwegs. Es war, als sei sie in einen Film hineingeraten.
„Kommt mit!“, sagte Grace fröhlich. „Ich kenne den besten Platz weit und breit.“
„Sie hat in Leipzig gelebt“, merkte Aurelius an.
Sie überquerten eine Straße und folgten Grace den Weg entlang.
Der Wald wurde von mehreren Bachläufen durchbrochen. Es plätscherte zwischen den Bäumen. Vögel sangen unverdrossen und nur wenige andere Menschen begegneten ihnen.
Amalia hob das Kinn. „Was ist das für ein Geruch?“
„Bärlauch“, sagte Aurelius. „Er herrscht hier vor. Dazu kommen die Gerüche zahlreicher Frühlingsblüten.“
„Ich dachte, das hier sei ein Wald, aber eigentlich wirkt es mehr wie ein riesiger Park.“
„Das ist es in gewisser Weise auch.“ Aurelius nickte in die grüne, blühende Landschaft hinein. „Dieses Waldgebiet wurde Ende des siebzehnten Jahrhunderts teilweise als Park erschlossen. August der Starke wollte um die Jahrhundertwende ein Lustschloss errichten. Für die Anlage wurden ein Dutzend Sichtschneisen geschlagen, wie es im Barock üblich war. Aber die Bürger von Leipzig wehrten sich und verhinderten den endgültigen Bau. Rudolph Siebeck hat diesen Waldteil dann im englischen Stil als Landschaftspark umgestaltet.“
„Richtig“, mischte Grace sich ein. „Aber das Gesamtgebiet ist noch viel größer. Es reicht gute zwanzig Kilometer von Schkeuditz über Leipzig bis nach Markkleberg. Gerade im Stadtgebiet gibt es eindrucksvolle Parks wie den Clara-Zetkin-Park. Es wurden große Flächen des natürlichen Auwalds dafür gerodet.“
Darion bückte sich und pflückte einen weißkopfigen Märzenbecher vom Wegrand. „Großartig. Wollt ihr eine Abhandlung über das Gelände schreiben?“
Grace warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
Sie erreichten einen Teich, in dem sich Bäume, Büsche und Wolken spiegelten. An seinem Ufer ragte eine kleine weiße Kuppel auf sechs Säulen auf.
„Der Dianatempel. Wenn wir Glück haben, stört uns hier niemand.“
Grace legte die Decken ein Stück vom Tempel entfernt ab, so, dass man sie vom Weg aus nicht sofort sehen konnte. Sie machte sich daran, die Decken auf dem Gras zurechtzuziehen und schaltete den CD-Player ein.
Eine für Amalia unbekannte Band spielte ein lyrisches Lied. Die Frauenstimme war eindringlich. Die Sängerin sang in einer Sprache, die Amalia nicht verstand. Es klang alt und fremd. Aurelius legte den Korb ab.
Amalia staunte, als sie die Leckereien sah, die Grace auspackte. Süßes Honighühnchen, Hackfleischbällchen, Obststücke, teure Orangenschokolade und Gummibärchen aus dem Bärenladen. Es war eine wilde Mischung und es war viel zu viel.
„Kommen noch zehn Mann?“
Aurelius schüttelte lächelnd den Kopf. „Greif ruhig zu.“ Er beobachtete sie, während sie nach einer Erdbeere griff. Das Fruchtfleisch schmeckte ungewöhnlich süß. Sie schloss die Augen.
„Göttlich.“
Auch Darion und Grace griffen zu. Sie kamen schnell in ein Gespräch über das WGT und die zahllosen Bands, die spielten. Amalia wollte am nächsten Tag zwei Gruppen ansehen
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