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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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erwiderte ich, ließ den Motor an und fuhr los.
    »Bitte!«, wiederholte er, fast flehentlich. »Sie müssen Sie aufhalten! Dreihundert Menschenleben …«
    Ich fuhr mit fieberhafter Eile, griff nach dem Funkgerät. Lucien musste mir den kürzesten Weg nach Victoria-Wes beschreiben,
     zum nächstgelegenen Krankenhaus. Jürgen legte mir die Hand auf den Arm. »Wenn Sie sie nicht aufhalten, bedeutet das für dreihundert
     Menschen das Todesurteil!«
    Ich blickte ihn an und fragte mich, ob er phantasierte.
    »Die sind von der SWR«, erklärte er.
    Plötzlich wurde ich hellhörig. Die SWR – der ehemalige Zentrale Nachrichtendienst, früher ein Zweig des KGB. Gefährliche Leute.
    |28| »Russen? Sind Sie sicher?«, fragte ich.
    »Sie haben … die wollten die Georgier-Liste … hinter der waren sie her. Ich musste ihnen sagen, wo sie ist. Meine Enkel …«
    Vor uns lag eine Kreuzung. Die unbefestigte Straße verbreiterte sich, und ein Schild wies zu einem Ort namens Visgat. Ich
     bremste, stoppte, sah ihn an. »Die Georgier-Liste?«, fragte ich, und mir dämmerte bereits einiges.
    »Die Russen … sind letzte Woche in Georgien einmarschiert …«
    »Ich weiß.«
    »Die Liste … Darauf sind die Dissidenten aufgeführt …«
    »Die Oppositionellen?«
    »Ja, von früher. Ein Netzwerk, eine Widerstandsbewegung, dreihundertzwölf Mitglieder, die führenden Köpfe …«
    »Und die SWR will sie ausräuchern?«
    Er nickte. »Ich habe die Dokumente … aufbewahrt. Jetzt wissen die Russen, wo sie sind. Sie haben gedroht, Grethe, Lucien und
     die Kinder zu töten, wenn ich ihnen nicht verrate, wo sie sind …« Er schwitzte. Jedes Wort kostete ihn jetzt große Anstrengung.
     Er würde nicht mehr lange durchhalten.
    Ich nahm das Funkgerät. »Lucien, bitte kommen, Lucien!«
    Er meldete sich sofort. »Hier Lucien, Lemmer, bitte kommen.«
    »Ich habe deinen Schwiegervater, er ist in Sicherheit, aber verletzt. Wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen, so schnell wie
     möglich. Ich brauche einen von euch …«
    |29| »Wo bist du jetzt?«
    »Bei Visgat, an der breiten unbefestigten Straße.«
    »Fahre in östlicher Richtung, es sind nur dreißig Kilometer bis nach Loxton, dann fährst du die …«
    »Nein, hör zu, Lucien, du musst jemanden hierher schicken, der ihn abholt.«
    »Wie bitte?«
    »Ich muss den Hummer aufhalten, Lucien!«
    »Nein, vergiss sie, Lemmer …«
    Jürgen nahm mir das Mikrofon ab, mit zittriger, blutiger Hand. Er sprach Deutsch, kurz, barsch, die Befehle eines Stasi-Offiziers.
    Stille im Äther. Dann sagte Lucien: »Fahr einfach weiter in Richtung Loxton! Ich schicke jemanden, der Papa holen kommt.«

3.
    Um kurz nach vier Uhr morgens, fünfzehn Kilometer vor Loxton, sah ich die Lichter auf uns zukommen. Ich blickte zu Jürgen
     hinüber. Er hatte den Kopf gegen das Polster gelehnt, die Augen geschlossen, das Gesicht totenbleich. Seine rechte Hand, mit
     der er den provisorischen Druckverband auf der blutenden Beinwunde festhielt, zitterte leicht. Er sah jetzt nicht mehr wie
     ein gefährlicher Stasi-Offizier aus.
    Ich blinkte das entgegenkommende Fahrzeug an und blieb am Straßenrand stehen.
    Sie hielten neben mir an. Oom Joe van Wyk saß am Steuer, neben ihm Oom Ben Bruwer, die Schrotflinte zwischen den Knien.
    |30| »Hi, Lemmer, alter Junge, was guckst du so? Hast wohl nicht mit uns gerechnet?«, fragte Oom Joe, während er rasch ausstieg.
    »Hat bestimmt gedacht, wir wären zu alt«, sagte Oom Ben. »Was soll’s, los, beeilt euch, der Mann sieht ja schlimm aus.«
    Ich kam zur Besinnung, sprang aus dem Wagen, rannte auf die Beifahrerseite, riss die Tür auf, hob Jürgen heraus und trug ihn
     mühsam zum Isuzu Frontier von Oom Joe. Er hielt mir die hintere Tür auf.
    »Schussverletzung«, bemerkte Oom Ben.
    »Großes Kaliber«, fügte Oom Joe hinzu.
    Sie kannten sich aus. Auf allen Gebieten.
    »Druganov SWD«, sagte ich und lud Jürgen auf den Rücksitz. »Sieben Komma sechs zwei.«
    »Ganz ordentlich«, sagte Oom Joe.
    »Kenne ich nicht«, erwiderte Oom Ben. »Mir sind deutsche Waffen lieber.«
    Jürgen öffnete die Augen. »Du musst sie aufhalten!«, flüsterte er flehentlich, auf Englisch.
    »Das werde ich«, versprach ich und stieg aus.
    »Aber warum willst du denn jetzt noch hinter diesen Idioten herjagen?«, fragte Oom Ben.
    Ich hätte ihnen erzählen können, dass 300 georgische Widerständler vom russischen Auslandsnachrichtendienst ermordet werden
     würden, wenn ich den Hummer nicht aufhielt, aber ich

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