Schwarze Blüte, sanfter Tod
fielen meist noch hübscher aus. Wenigstens in ihrer Jugend, bevor sie zweistellige Kilogrammzahlen zunahmen.
Hana Teoro, die Sängerin, deren Platten sich so blendend verkauften, stellte ich mir wie eine der Berufswahinen auf dem Flughafen vor, die für die Lei-Firmen die Blumenkränze um die Hälse der Neuankömmlinge legen. Ausgesucht schöne Mädchen. Vorzeigekörper, gewissermaÃen, und erst recht Vorzeigegesichter. Meist sind sie aus hawaiischen Familien, aber zuweilen ist der Vater eben auch mal Europäer, Amerikaner, Chinese oder Japaner. Manchmal auch die Mutter, denn es gibt unter den einheimischen Strandburschen für so manche Dame aus Ãbersee hier den Mann ihrer einsamen Träume.
Ich hatte den Chevy angeworfen, und als ich erst einmal aus Waikiki heraus war, auf der StraÃe nordwärts, die durch das Nuuamu-Tal nach Kaneohe führte, und von hier aus weiter nordwärts, öffnete sich zur Rechten ein überwältigender Ausblick auf den blaugrünen Pazifik, der in zahmen, schaumgekrönten Wellen heranrollte und auf dem Sand verebbte, einem Sand, wie es ihn vermutlich so weià auf der ganzen Welt nicht mehr gab, aber auch stellenweise so schwarz, wie sich niemand Sand vorstellt, weil es dieses zermalmte, von den Gezeiten pulverisierte Lavagestein nirgendwo sonst in einer solchen landschaftlichen Kombination gibt. Ein hochgradig verkehrsgefährdender Ausblick!
Links dagegen, wenn da nicht gerade eine Siedlung lag, die verdächtig an die Siedlungen in unseren New Territories erinnerte, dehnte sich grünes Land, von Felsriffen durchzogen, mit dem Braun von frisch gebrochenem Acker, dem Blau von Ananasfeldern, wenn die Pflanzen noch jung sind, den langen Reihen hoher Palmen und ragenden, düsteren Bergketten weit im Westen.
Ich bemerkte das Schild rechtzeitig, das den Weg von der HauptstraÃe nach links zum Polynesischen Kulturpark wies. Wenige Kilometer nur, und ich wurde höflich gebeten, meinen Chevy für eine nicht gerade unbedeutende Summe im Schatten haushoher Busse zu parken. Dann hatte ich noch ein Ticket zu lösen, auch im Preis den Summen angemessen, die man heute für Folklore zu bezahlen hat, und schlieÃlich gelang es mir, an einem riesigen Souvenirladen vorbei, in dem sich Japaner, Chinesen und Amerikas rüstige Rentner drängten, auf das Gelände zu spazieren, das scheinbar keine Grenzen hatte. Ein Disneyland mit den Relikten längst verblichener Kulturen aller pazifischen Inselvölker, die, wie die Geschichte versichert, vor fünfzehn Jahrhunderten in ihren Katamaranen eintrafen, nach langer Seereise aus Tonga und Samoa, Fidji, Tahiti, Neuseeland, den Marquesas und wahrscheinlich noch von einer Anzahl weiterer polynesischer Inselwelten. Hier, wo die Göttin Pele sie empfing, die Tochter der Mutter Erde und des Vaters Himmel, jene charmante, heiÃblütige Dame, die die Gabe besaÃ, mit Feuer Berge ins Meer zu bauen und Stein zu Erde zu schmelzen, und auch umgekehrt. Auf das Eiland, das da mitten im Ozean entstanden war, lieÃen Vögel, die über dem endlosen Wasser vagabundierten, die ersten Samenkörner für alles Grün mit ihrem Kot fallen. Neues Leben aus den Därmen der kleinen, gefiederten Freunde. Und was für ein Leben!
Pele, das wurde mir sogleich in einem wilden Tanz malerisch zurechtgemachter Hawaiianerinnen demonstriert, hatte, wie das so ist, eine böse Schwester, die das Meer beherrschte, und vor der Pele von einer Insel zur anderen flüchten muÃte, sich zuweilen in Erdlöchern versteckte. Doch die böse Schwester war so leicht nicht zu vertreiben, und deshalb verfügte Pele, daà ihr, um sie zu entmutigen, aus jedem Loch, das sie nach ihr abschnüffelte, Feuer entgegenschlug und sie versengte.
Erst als Pele sich auf Hawaii, der gröÃten Insel, die der Gruppe ihren Namen gab, obwohl sie nie so recht zu deren Mittelpunkt wurde, eingrub, hatte sie Erfolg. Das Loch geriet tief genug, so daà sich Pele fast unsichtbar machen konnte. Und jetzt begann sie vorsichtshalber selbst Feuer zu speien, um die böse Schwester abzuschrecken. Da die aber ziemlich hartnäckig war, türmte sich um das Loch bald der Mauna Kea auf, einige tausend Meter Lavagestein. Eine bezaubernde Art, die vielen Vulkane der Inseln zu einer der schönsten Legenden der Welt zu verhäkeln.
Ich sah mir den Tanz an und schlenderte dann gemächlich weiter, denn die Sonne war jetzt
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