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Schwarze Schmetterlinge

Schwarze Schmetterlinge

Titel: Schwarze Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Wahrscheinlich hat das alles überhaupt nichts mit seinem Tod zu tun. Nicht so lange danach … Ich kann mich total täuschen.«
    »Fahren Sie fort. Was wertvoll ist und was nicht, das weiß man immer erst hinterher.«
    »Also, es war in den Siebzigerjahren. Alles sollte befreit werden, die Welt, die Brüste, die Sexualität. Die Kinder sollten von der Familie befreit werden, und damals vor allem von der Mutter. Frank und ich hatten einen heftigen Streit. Ich fand es unverantwortlich, psychisch verwirrte und suizidgefährdete Kinder mit Persönlichkeitsstörungen in die Psychiatrie einzuliefern, ohne dass sie einen Angehörigen mitbringen durften, jemanden, den sie kannten. Ich habe Hausbesuche verordnet. Es war doch viel besser, das Kind in seinem vertrauten Umfeld zu sehen, da gab es weitaus mehr Hinweise, wenn man nach Erklärungen suchte.«
    »Aber so war es damals wohl. Als ich klein war und Scharlach hatte, durften meine Eltern mich auch nicht besuchen.« Per konnte sie immer noch vor sich sehen. Britts Gesicht durch die Scheibe. Folke, der sich verlegen hinter ihr versteckte, weil er wusste, was geschehen würde, wenn sie erst im Krankenhaus waren. Jetzt will ich nur fröhliche Gesichter sehen, hatte Britt auf der anderen Seite der Glasscheibe signalisiert, indem sie ihre Mundwinkel mit den Fingern nach oben gezogen hatte. Die Botschaft diffundierte rasch durch das Glas. Mach dich nicht lächerlich, Per.
    »Ich bin der Meinung, dass es unzulässige Übergriffe waren, Kinder aus ihren Familien zu reißen, erst recht, wenn sie psychisch krank waren. In schwierigen Situationen, in denen die Familie gezwungen ist, Hilfe zu suchen, wird dem Kind auch noch der letzte Rückhalt genommen, und es muss unter fremden Menschen sein. Darüber waren wir zutiefst uneins.«
    »Leander war von der alten Schule, nehme ich an.«
    »Was den psychologischen Teil anging, war er nach heutigem Maßstab unglaublich rückwärtsgewandt. Mütter waren für ihn ein notwendiges Übel. Eine Behinderung für die Entwicklung des Kindes. Mutterliebe war für ihn die höchste Form des Egoismus. Alle Familienbeziehungen waren Bindungen der negativen Art. Er war der Chef. Die Eltern durften zu Gesprächen kommen, um infrage gestellt und mit unbegründeten Anschuldigungen wie sexuellen Übergriffen konfrontiert zu werden. Ich hatte das Gefühl, dass er seine Macht genoss. Die Androhung, das Kind in ein Heim zu stecken, kann Eltern zum Schweigen bringen. Jede Zeit hat ihre eigenen Hexenprozesse. Er empfand einen Kick dabei, ihr Leben in seinen Händen zu halten. Aber das kann ich natürlich nicht beweisen. Ich weiß es nur.«
    »Es ist wichtig für uns, ein so differenziertes Bild wie möglich von ihm zu erhalten. Die Presse lobt ihn in den Himmel. Gab es noch mehr Leute, die Ihre Ansicht teilten? Haben Sie bei der Sozialbehörde angezeigt, dass es da ein Missverhältnis gab?«
    »Wie hätte ich das tun können? Was Frank tat, konnte von den wissenschaftlichen Methoden und Erfahrungen der damaligen Zeit gerechtfertigt werden. Aber es gab natürlich graduelle Unterschiede und Wahlmöglichkeiten. Viele der Heimversetzungen, die er anordnete, waren völlig unnötig. Auch entließ er Patienten erst, wenn er dazu gezwungen war. Eine Vollbelegung und Warteschlangen führten zu fetten Budgets für die Arbeit im kommenden Jahr. Die Pflegezeiten waren oft unbegründet lang und führten nur selten zu einer echten Verbesserung des Zustands der Patienten. Einen großen Teil der Arbeitszeit verbrachte man im Raucherzimmer, wo man zusammensaß und über die Patienten diskutierte, anstatt Zeit mit ihnen zu verbringen. Die Kinder mussten sich so lange selbst versorgen. Das war ein Teil der Pädagogik. Sie sollten die Konflikte, die entstanden, selbst und ohne Einmischung der Erwachsenen lösen.«
    »Was war Ihrer Meinung nach Leanders Rolle in dem Ganzen?«
    »Er war ein Mann, der sich Tätigkeitsgebiete suchte, wo er Macht ausüben konnte. Als Gutachter in Sorgerechtsprozessen hatte er Macht wie Gottvater persönlich.«
    »Macht muss ja nicht notwendigerweise etwas Böses sein.« Per wusste nicht, warum er das sagte. Die Frau ihm gegenüber klang so streitbar, dass sich in ihm Widerstand regte. Er war nicht bereit, alles ohne Weiteres zu schlucken.
    »Das ist wahr. Einige wollen Macht, um Gutes tun zu können, andere, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und zu zeigen, wie wichtig sie sind. Oft ist es eine Mischung aus ideellen und selbstsüchtigen

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