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Schwarze Sekunden: Roman (German Edition)

Schwarze Sekunden: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Sekunden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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großen Apparat in Gang gesetzt hatte. Sie fing an zu reden. Mußte das Vakuum mit Wörtern füllen, um diese Bilder wegzuhalten, die immer wieder auftauchten, sie waren so schrecklich.
    »Ich bin allein mit ihr. Wir haben sie spät bekommen«, stotterte sie. »Ich bin bald fünfzig. Ihr Vater ist vor acht Jahren ausgezogen. Er weiß nichts. Ich will ihn noch nicht anrufen. Es gibt doch sicher eine Erklärung, und da will ich ihn nicht unnötig beunruhigen.«
    »Sie halten es also nicht für möglich, daß sie bei ihrem Vater ist?« fragte Sejer.
    »Nein«, erwiderte sie überzeugt. »Anders hätte angerufen. Er nimmt Rücksicht.«
    »Sie haben also keine Probleme miteinander, was Ida angeht?«
    »Nein, gar nicht.«
    »Dann finde ich, Sie sollten ihn anrufen«, sagte Sejer.
    Er sagte das, weil er selbst Vater war und weil er nicht wollte, daß Idas Vater aus der Sache herausgehalten wurde. Widerwillig ging Helga zum Telefon. Es war still im Wohnzimmer, als sie die Nummer wählte.
    »Er meldet sich nicht«, berichtete sie dann und legte wieder auf.
    »Hinterlassen Sie eine Nachricht«, sagte Sejer, »wenn er einen Anrufbeantworter laufen hat.«
    Sie nickte und wählte die Nummer noch einmal. Ihre Stimme klang leicht verlegen, weil sie Zuhörer hatte.
    »Anders«, hörten diese sie sagen. »Hier ist Helga. Ich warte so dringend auf Ida, sie hätte schon längst zu Hause sein sollen. Ich wollte nur wissen, ob sie bei dir ist.«
    Dann legte sie eine Pause ein, ehe sie schluchzend hinzufügte: »Ruf bitte an. Die Polizei ist hier!«
    Sie drehte sich zu Sejer um. »Er ist beruflich viel unterwegs. Er könnte überall sein.«
    »Wir brauchen eine gute Beschreibung von ihr«, sagte Sejer. »Und ein Bild. Das haben Sie sicher.«
    Helga spürte, wie stark er war. Es war für sie eine seltsame Vorstellung, daß er zweifellos nicht zum ersten Mal so dasaß. Er hatte in anderen Wohnzimmern gesessen, bei anderen Müttern. Am liebsten hätte sie sich gegen ihn sinken lassen und sich an ihm festgekrallt, aber das wagte sie nicht. Also biß sie die Zähne zusammen.
    Sejer wählte die Nummer der Wache und ließ zwei Streifenwagen nach Glassverket schicken. Sie sollten nach einem zehnjährigen Mädchen auf einem gelben Rad Ausschau halten, hörte Helga. Und sie dachte, wie seltsam es sei, ihn so über ihre Ida reden zu hören, bei ihm klang es so, als sei einfach irgendein Fahrzeug verschwunden. Dann folgte ein Gewirr von Stimmen, von Wagen, ein albtraumhaftes Bild, das vor ihren Augen flimmerte. Klingelnde Telefone, kurze Kommandos und fremde Gesichter. Sie wollten Idas Zimmer sehen. Das gefiel ihr nicht, denn es erinnerte sie an etwas. An Dinge, die sie im Fernsehen gesehen hatte, in Kriminalfilmen. An die Zimmer junger Mädchen, Zimmer von schreiender Leere. Sie ging langsam die Treppe zum ersten Stock hoch und öffnete die Tür. Sejer und Skarre blieben hinter ihr stehen, sie waren überwältigt von dem großen Raum und dem dort herrschenden Chaos. Von den Tieren. Tieren aller Arten, Größen und Formen. Aus allen Materialien. Glas und Stein, Ton und Holz, Plastik und Plüsch. Pferde und Hunde, Vögel und Mäuse, Fische und Schlangen. Sie hingen an dünnen Fäden von der Decke, sie füllten das helle Holzbett, sie thronten oben auf den Bücherregalen und paradierten auf der Fensterbank. Sejer registrierte zugleich, daß es sich bei den Büchern im Regal samt und sonders um Tierbücher handelte. An den Wänden hingen Bilder und Plakate, auf denen Tiere abgebildet waren. Die Vorhänge waren grün und mit Seepferdchen bedruckt.
    »Da sehen Sie, wofür sie sich interessiert«, sagte Helga Joner.
    Sie stand zitternd in der offenen Tür. Jetzt sah sie es zum ersten Mal, in seinem gewaltigen Ausmaß. Wie viele Tiere mochten es sein? Hunderte?
    Sejer nickte. Skarre war wie aus allen Wolken gefallen. Das Zimmer war ungeheuer unordentlich und viel zu vollgestopft. Sie gingen wieder nach unten. Helga Joner holte ein Bild von der Wohnzimmerwand. Sejer nahm es entgegen. Sobald er in die braunen Augen schaute, war es geschehen. Ida brannte sich wie Glut in ihn ein. Kinder sind ja immer niedlich, dachte er, aber dieses Mädchen ist einfach hinreißend. Richtig verlockend schön. So, wie Mädchen in Märchen dargestellt werden. Er dachte an Rotkäppchen, Schneewittchen und Aschenbrödel. Große dunkle Augen. Runde Apfelbäckchen. Gertenschlank. Er sah Helga Joner an.
    »Sie haben nach ihr gesucht? Sie und Ihre Schwester?«
    »Wir waren fast eine

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