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Schwarze Sonne Afrika

Titel: Schwarze Sonne Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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schnell das Urteil des Onkels einholen!«
    Der Bursche ging voraus, der Vater folgte in einiger Entfernung. Der Bursche sagte: »Onkel, gib mir schnell eine Kalebasse mit Wasser!« Der Onkel fragte: »Wozu brauchst du das?« Der Bursche sagte: »Mein Vater hat unterwegs eine Tochter zur Welt gebracht.« Der Onkel sagte: »Das ist ja Unsinn. Meine Schwester hat vielleicht noch ein Kind geboren. Aber dein Vater – das ist Unsinn. Männer können nicht Kinder gebären.« Hamadi Uoloni fragte darauf den Onkel: »Also können Männer keine Kinder bekommen?« Der Onkel sagte: »Nein, nur Frauen bekommen Kinder.« Der Junge sagte: »Gut, jetzt hast du selbst geurteilt. Wenn mein Vater nicht Kinder gebären kann, so kann das dein Stier auch nicht. Dann ist die Herde von meiner Kuh geboren. Also gib mir meine Herde.« Darauf mußte der Onkel die Herde geben.
    Hamadi trieb mit seinem Vater die Herde heim. Der Junge sagte: »Wir wollen die Herde teilen; eine Hälfte soll dir gehören, die andere mir. Zeichne deine Tiere.« Der Vater sagte: »Es ist recht.« Er nahm grüne Zweige und wand sie um die Hörner seiner Viehstücke. Darauf nahm der Bursche welke Zweige und wand sie um die Hörner seines Rindviehs. Als sie abends heimkamen, waren die Zweige an den Hörnern des väterlichen Viehes vertrocknet. Alle Tiere trugen vertrocknetes Laub. Der Junge fragte: »Wo ist dein Vieh?« Der Vater sagte: »Ich kann es selbst nicht herausfinden. Jetzt gehört wieder alles dir.« Der Bursche sagte: »Siehst du, du mußt nicht wieder zu mir sagen, daß ich ein dummer Junge bin, denn ich bin Uoloni (d. h. klug wie ein Rebhuhn).« Der Vater sagte: »Das ist wahr.« Darauf gab der Junge wieder seinem Vater die Hälfte der Herde.
Kallondji erweckt Tote
    Kallondji (= Ndji der Lügner) und Tonjandji (= Ndji der Wahrhaftige, der immer die Wahrheit sagt) gingen zusammen auf Reisen. Tonjandji sagte: »Wer von uns beiden ist Silatigi?« (= Reiseleiter). Kallondji sagte: »Ich will Silatigi sein!« Tonjandji sagte: »Nein, ich will Silatigi sein.« Kallondji sagte: »Nein, ich will Silatigi sein!« Tonjandji sagte: »Du kannst drei Tage vor mir abmarschieren, und ich werde dich in einer Stunde einholen. Deshalb ist es besser, wenn ich Silatigi bin.« Da sagte Kallondji: »So sei du Silatigi; wir wollen es versuchen.«
    Die beiden wanderten ab. Sie kamen am Abend des ersten Tages an ein Dorf, dessen Häuptling begrüßte sie und fragte: »Wo kommt ihr her?« Tonjandji sagte: »Wir kommen aus Tonjadugu« (aus dem Lande der Wahrhaftigen). Darauf sagte der Dorfchef nichts, aber die zwei Wanderer erhielten nichts zu essen.Sie kamen am anderen Tag in ein Dorf. Es war die gleiche Sache. Sie bekamen wieder nichts zu essen. So ging es während drei Tagen, und als sie dann gar zu großen Hunger hatten, sagte Kallondji: »So geht es nicht weiter.« Tonjandji sagte: »Nein, so geht es nicht weiter, jetzt kannst du einmal Silatigi sein.« Kallondji sagte: »Gut!«
    Sie kamen wieder in ein Dorf. In diesem Dorf war gerade der Sohn des Häuptlings gestorben. Es war ein wunderschöner Bursche, und keiner kam ihm im ganzen Lande gleich. Als die beiden in das Dorf kamen, klagten alle Weiber, heulten alle Alten. Kallondji kümmerte sich nicht darum, sondern sagte (brüsk): »Guten Tag, ich will trinken, gebt mir Wasser!« Tonjandji sagte: »Gib acht, daß du die Leute nicht reizt; sieh, alle klagen!« Kallondji sagte: »Ach was! Was gibt es denn?« Die Leute sagten: »Der Sohn unseres Häuptlings ist gestorben, und das war der schönste Bursche im ganzen Land!« Kallondji sagte: »Was? Das ist alles? Könnt ihr ihn denn nicht wiedererwecken?« Die Leute sagten: »Nein, kannst du es denn?« Kallondji sagte: »Nichts einfacher als das. Wenn ihr es wollt, kann ich das ja morgen früh tun. Zunächst gebt mir aber einmal Wasser zum Trinken, denn ich habe Durst.« Die Leute sagten: »Wer so etwas kann, darf nicht Wasser trinken, dem soll man Milch bringen.« Man brachte eine große Schale mit Milch. Alle Leute bemühten sich um Kallondji und Tonjandji. Der Dorfhäuptling kam auch herbei und sagte: »Du kannst meinen Sohn erwecken?« Kallondji sagte: »Nichts ist einfacher. Wenn du es zahlst, will ich es morgen früh ausführen.« Der Dorfchef sagte: »Ich will dir zwei männliche und zwei weibliche Sklaven, zwei Kühe und zwei Pferde geben.« Kallondji sagte: »Gut, also morgen früh!« Darauf kam nun jeder, der einen teuren Verstorbenen hatte, und setzte sich zu Kallondji.

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