Schwarze Sonne Afrika
Der eine sagte: »Wenn du mir meinen im vorigen Jahre verstorbenen Vater erwecken willst, werde ich dir eine Kuhschenken.« Ein zweiter sagte: »Wenn du mir meine vor zwei Jahren verstorbene Frau erwecken willst, sollst du von mir einen Sklaven erhalten.« Kallondji sagte: »Gut, ich werde euch alle eure Toten morgen früh erwecken und ihr bezahlt mir das dann.« Die Leute brachten Kallondji und Tonjandji sehr viel gute Speise. Abends sagte Tonjandji: »Wollen wir nun nachts fliehen?« Kallondji sagte: »Warum denn? Morgen werde ich gut verdienen und wir werden ausgezeichnet essen.« In der Nacht machte sich Kallondji eine kleine Kalebasse zurecht zu einem Baranikurrukurru. (Dies Instrument wird auch Talimbrani genannt und besteht aus einer Blasekugel, über deren Löcher Membranen von Spinngeweben gezogen sind.) Am anderen Morgen fragte Kallondji: »Habt ihr schon das Grab gegraben?« Die Leute sagten: »Ja, das ist geschehen.« Kallondji sagte: »So bringt den Toten dahin und laßt dort alles Volk zusammenkommen.« Er ging selbst hin, stieg in die Grube und höhlte mit den Händen noch sorgfältig den Seitengraben aus. Dann sagte er: »Legt den Toten hinein und deckt ihn mit einem Tuch zu.« Die Leute taten es. Kallondji kroch unter das Loch. Kallondji wandte nun erst den Kopf nach oben und rief laut durch das Tuch in der Richtung auf das versammelte Volk: »Nakunu« (d. h. »ich erwecken«, soll heißen: »ich will dich wiedererwecken«). Dann beugte er sich vor und herab und sprach gegen den Boden in die Blasekugel: »Nilakunu inam be kunu« (d. h. »Wenn erwecken, mach alle erwecken«, soll heißen: »Wenn du einen erweckst, dann erwecke uns andere Toten auch«). Das wiederholte er dreimal. Dann fuhr er plötzlich auf: »Ach, das ist dumm!« Der Dorfhäuptling fragte: »Was ist dumm?« Kallondji sagte: »Es ist nichts Besonderes. Es ist da nur dein älterer Bruder, der vor dir das Dorf regiert hat, der will durchaus als erster und vor deinem Sohn erweckt werden. Wir werden ihm als dem ältesten Mitglied deiner Familie willfahren müssen. Warte also einen Augenblick, er istsogleich am Leben.« Der König sagte: »Nein, das will ich nicht. Das will ich auf keinen Fall, das will ich nicht.«
Er sagte das, weil sein verstorbener älterer Bruder ein sehr beliebter Dorfchef gewesen war. Kallondji sagte: »Das geht aber nicht anders. Entweder alle oder keinen, denn man kann nicht so unhöflich sein, einem so angesehenen Mann wie deinem älteren Bruder den Vortritt vor einem so jungen Bengel wie deinem gestern verstorbenen Sohn zu verweigern.« Der Häuptling sagte: »So will ich, daß keiner erweckt wird.« Kollondji sagte: »Und wer bezahlt mich dann?« Der Häuptling sagte: »Ich habe die Sache angeregt und werde dir deswegen zahlen, was ich versprochen habe.« Kallondji sagte: »Gut denn!« Er stieg aus der Grube. Er erhielt die Bezahlung vom Häuptling und kehrte als wohlhabender Mann heim.
Der reiche und der arme Hamadi
Hamadi Fentigi war sehr reich. Er hatte alles: Sklaven, Gold, Ochsen und Pferde. Er war ein Kamerad von Hamadi Bullukullu. Aber Hamadi Bullukullu hatte gar nichts. Er war so arm, daß seine Mutter in den Dörfern umhergehen und betteln mußte. Damit ernährten sie sich erst. Dann ging die Mutter hin und stieß für die wohlhabenden Frauen Korn. Die eine gab ihr dafür eine Handvoll Mehl, die andere eine Handvoll Schrot. Das sammelte die alte Frau mühsam und sparte an diesen Gaben so lange zusammen, bis sie genug hatte, sich dafür ein kleines Kälbchen zu kaufen. Sie kaufte das Kälbchen, und Hamadi Bullukullu nannte das Kälbchen Wuni.
Hamadi Bullukullu pflegte das Kälbchen sorgsam, bis das Kälbchen groß war und eine Kuh wurde. Hamadi Bullukullu liebte das Kälbchen über alle Maßen, weil seine Mutter es sichvom Munde abgespart hatte, und deshalb sagte er: »Wenn je jemand mir meine Wuni tötet, werde ich zwölf seiner Art ums Leben bringen. Wenn es eine Schlange ist, zwölf Schlangen; wenn es ein Löwe ist, zwölf Löwen; wenn es ein Mensch ist, zwölf Menschen; wenn es ein Gott ist, zwölf Götter. Nur meinem Kameraden Hamadi Fentigi werde ich nichts tun.«
In einer anderen Ortschaft wohnte ein Mädchen, das war sehr begehrt, und Hamadi Fentigi wollte es gern heiraten. Er sandte hin und sein Bote fragte: »Will das Mädchen Hamadi Fentigi heiraten? Hamadi Fentigi ist bereit, Gold, Sklaven, Vieh zu schenken.« Das Mädchen sagte: »Ich will Hamadi Fentigi heiraten, aber ich will weder
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