Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
Hochzeitstag schön ist, der Bräutigam muss nur da sein und sollte keinen in Verlegenheit bringen, am wenigsten die Braut.
Ich hielt den Kopf wieder gerade und versuchte ebenfalls, keinen in Verlegenheit zu bringen. Ich hatte mir die Haare in nassem Zustand zurückgebunden, damit sie glatt anlagen. Da ich nicht bereit war, sie mir abzuschneiden, war dies die beste Methode, um wie ein Mann auszusehen. Aber es gab noch anderes an mir, was sich einem männlichen Erscheinungsbild widersetzte. Ich habe Kurven, und die werden auch in einem Männersmoking nicht unsichtbar. Keiner beklagte sich, doch die Hochzeitsorganisatorin verdrehte bei meinem Anblick die Augen. Laut sagte sie: »Du brauchst mehr Make-up.«
»Die anderen Trauzeugen sind auch nicht geschminkt«, wandte ich ein.
»Willst du hübsch aussehen?«
Da ich fand, ich sähe schon ziemlich gut aus, gab es nur eine Antwort: »Nicht unbedingt.«
Das war dann die letzte Unterhaltung zwischen uns gewesen. Sie ging mir entschieden aus dem Weg. Ich glaube, sie wollte absichtlich gemein sein, weil ich ihr nicht half, die anderen Trauzeugen auf Linie zu bringen. Sie schien zu glauben, dass wir unsere Kräfte vereinen sollten, nur weil wir beide Eierstöcke statt Eier hatten. Davon abgesehen, warum sollte ich mich extra aufhübschen? Es war Tammys und Larrys Tag, nicht meiner. Falls, FALLS ich je heiraten sollte, würde ich mir damit Mühe geben. Bis dahin war es mir egal. Außerdem trug ich bereits mehr Make-up als sonst. Also überhaupt welches. Meine Stiefmutter Judith erzählt mir dauernd, dass ich ab dreißig über diese Frauendinge anders denken werde. Bis zur großen Drei-Null sind es nur noch drei Jahre, aber die Panik hat noch nicht eingesetzt.
Tammys Vater übergab ihre Hand an Larry. Tammy ist sieben Zentimeter größer als er, die hohen Absätze nicht eingerechnet. Ich stand nah genug beim Bräutigam und sah den Blick, mit dem Tammys Vater seinen Schwiegersohn bedachte. Es war kein freundlicher Blick. Tammy war im vierten Monat schwanger, und daran war Larry schuld. Eigentlich Tammy und Larry, aber ich glaube nicht, dass ihr Vater es so sah. Nein, Mr Nathan Reynolds machte offenbar Larry dafür verantwortlich, so als hätte er die Jungfrau Tammy aus dem Bett weg entführt, entjungfert und schwanger zurückgebracht.
Mr Reynolds hob Tammys Schleier, um das sorgfältig geschminkte Gesicht zu enthüllen. Er küsste sie feierlich auf die Wange, warf Larry noch einen finsteren Blick zu und wandte sich freundlich lächelnd ab, um sich zu seiner Frau in die Bank zu setzen. Dass er von dem finsteren Blick so schnell zu einem freundlichen Lächeln wechseln konnte, wenn er wusste, dass die ganze Kirche sein Gesicht sah, störte mich. Es gefiel mir nicht, dass Larrys Schwiegervater so gut lügen konnte. Ich fragte mich, womit er sein Geld verdiente. Doch ich war generell misstrauisch. Das kommt davon, wenn man zu lange zu eng mit der Polizei zusammenarbeitet. Zynismus ist so ansteckend.
Wir alle drehten uns zum Altar um, denn die Trauzeremonie begann. Ich war im Lauf der Jahre bei einem Dutzend Hochzeiten gewesen, meist bei christlichen, sodass mir der Ablauf und die Worte vertraut waren. Komisch, wie viel sich einem unbewusst einprägt. »Liebe Gemeinde, wir haben uns heute hier versammelt, um diesen Mann und diese Frau in den heiligen Bund der Ehe eintreten zu lassen.«
Es war keine katholische oder episkopale Hochzeit, darum brauchten wir nicht niederzuknien oder sonst etwas zu tun. Wir würden nicht mal die Kommunion erhalten. Ich muss zugeben, dass meine Gedanken dadurch ein wenig abschweiften. Ich war noch nie ein großer Fan von Hochzeiten. Sie sind nötig, sicher, aber ich gehörte nicht zu den Mädchen, die sich ausmalen, wie ihre Hochzeit eines Tages sein wird. Ich kann mich nicht erinnern, je darüber nachgedacht zu haben, bevor ich mich im College verlobte, und als die Verlobung in die Brüche ging, ging ich wieder dazu über, nicht an Hochzeiten zu denken. Später war ich kurz mit Richard Zeeman verlobt, Lehrer für Naturwissenschaften an der Junior High und Ulfric des hiesigen Werwolfrudels. Doch er machte mit mir Schluss, weil ich besser mit den Monstern zurechtkam als er. Inzwischen hatte ich mich so ziemlich mit dem Gedanken abgefunden, dass ich wohl nie heiraten, diese Worte nie vor mir und meinem Liebsten gesprochen würden. Laut würde ich es niemals zugeben, aber ein kleines bisschen machte es mich traurig. Nicht das mit der Hochzeit – mein
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