Schwarzer Engel
Permanentes anpeilt.“
„Schon“, kam die Antwort. „Aber eine spaßige Verpflichtung.“
„Wohl wahr. Und ich hatte schon verdammt lange keinen Spaß mehr“, schob Kaia hinterher und machte einen Schmollmund.
„Ich auch nicht. Außer mit mir selbst, aber ich schätze mal, das zählt nicht.“
„So wie ich’s mache, schon.“
Wieder lachten sie.
Spaß. Sex, begriff Lysander und hatte plötzlich keinerlei Schwierigkeiten mehr, der Unterhaltung zu folgen. Die beiden redeten über Sex. Etwas, das er noch nie ausprobiert hatte. Nicht einmal mit sich selbst. Und er hatte es auch nie ausprobieren wollen . Wollte es immer noch nicht. Nicht einmal mit Bianka mit ihrer unglaublichen (weichen?) Haut.
So lange, wie er bereits lebte – weit länger als ihre paar Jahrhunderte –, hatte er viele Menschen beim Akt gesehen. Es sah … chaotisch aus. So unspaßig, wie es nur ging. Und doch hintergingen Menschen Freunde und Familie, um es zu tun. Sie bezahlten sogar bereitwillig hart erarbeitetes Geld dafür. Wenn sie es nicht selbst taten, wurde es für sie zur Besessenheit, anderen dabei zuzusehen, im Fernsehen oder auf dem Computer-Bildschirm.
„Wir hätten einen von den Herren vögeln sollen, als wir in Buda gewesen sind“, sagte Kaia nachdenklich. „Paris ist echt heiß.“
Sie konnte nur die Herren der Unterwelt meinen. Unsterbliche Krieger, besessen von jenen Dämonen, die einst in der Büchse der Pandora eingeschlossen gewesen waren. Da Lysander sie über die Jahrhunderte überwacht hatte, um sicherzustellen, dass sie sich an die Gesetze des Himmels hielten – weil ihre Dämonen vor dem Erlass jener Gesetze der Hölle entflohen waren und zuvor niemand an die Möglichkeit einer solchen Flucht gedacht hatte, waren sie nicht hingerichtet, sondern zuerst in die Büchse und später in die Herren verbannt worden –, wusste er, dass Paris der Hüter der Promiskuität war. Gezwungen, jeden Tag jemand Neues in sein Bett zu holen oder an Kraft zu verlieren und schließlich zu sterben.
„Klar, Paris ist heiß, aber mir hat Amun gefallen.“ Bianka lehnte sich zurück, streckte sich auf dem Rücken aus, und wieder waberte der Nebel um sie herum. „Er spricht nicht, das macht ihn in meinen Augen zum perfekten Mann.“
Amun, Hüter des Dämons der Geheimnisse . So, so. Denmochte Bianka also? Lysander rief sich den Krieger vors geistige Auge. Er war groß, auch wenn Lysander größer war. Er war muskulös, auch wenn Lysander mehr Muskeln hatte. Und er war dunkel, wo Lysander hell war. Eigentlich war Lysander sogar erleichtert, zu erfahren, dass die Harpyie einen anderen Typ Mann vorzog.
Das würde zwar nichts an ihrem Schicksal ändern, aber es verringerte die Last auf Lysanders Schultern. Er war sich nicht sicher, was er getan hätte, wenn sie ihn gebeten hätte, sie zu berühren. Dass sie es nicht tun würde, war definitiv auch eine Erleichterung.
„Was ist mit Aeron?“, fragte Kaia. „Diese ganzen Tattoos …“ Ihr entwich ein Stöhnen, und sie erschauerte. „Ich könnte jedes einzelne davon mit meiner Zunge nachziehen.“
Aeron, Hüter des Zorns . Er war der einzige Geflügelte unter den Herren. Schwarz und hauchdünn waren seine Schwingen. Von Kopf bis Fuß war er mit Tattoos bedeckt und sah ganz so aus wie der Dämon, der er war. Außerdem hatte er vor Kurzem ein himmlisches Gesetz gebrochen. Deshalb würde Aeron noch vor der bevorstehenden Hochzeit tot sein.
Lysanders Schützling Olivia hatte den Befehl erhalten, den Krieger hinzurichten. Bislang leistete sie jedoch Widerstand. Das Mädchen hatte ein weicheres Herz, als gut für sie war. Irgendwann würde sie jedoch ihre Pflicht erfüllen. Andernfalls würde man sie aus dem Himmel verstoßen, sie wäre nicht länger eine Unsterbliche. Das war kein Schicksal, das Lysander zulassen würde.
Von allen Engeln, die er ausgebildet hatte, war sie mit Abstand sein Liebling. So sanft, wie sie war, konnte man als Mann gar nicht anders, als sich zu wünschen, sie glücklich zu machen. Sie war vertrauenswürdig, loyal und die Reinheit in Person; sie war die Art Frau, die ihn in Versuchung führen sollte. Eine Frau, mit der eine romantische Beziehung für ihn möglicherweise annehmbar gewesen wäre. Die wilde Bianka dagegen … Nein. Niemals.
„Wie soll ich mich bloß zwischen meinen beiden Lieblingsherren entscheiden, B?“ Ein weiteres Seufzen lenkte seine Aufmerksamkeit zurück auf die Harpyien.
Bianka verdrehte die Augen. „Probier sie eben beide aus.
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