Lockruf des Glücks
Kapitel 1
»Das ist Ihre letzte Abmahnung, Barnes«, sagte Megan Lambert. Ihre Stimme veranlasste ihren Mitarbeiter unruhig seine Sitzposition zu verändern. »Zu sagen, dass unser Kunde aufgebracht war, wäre eine milde Untertreibung. Er sagt, Sie hätten das Country-Musik-Special noch nicht einmal erwähnt. Dabei hätte er so viele Werbespots in diesem Eineinhalb-Stunden-Programm gekauft, wie wir zugelassen hätten.«
Der junge Mann rutschte unbehaglich herum, seine Augen wichen ihrem durchdringenden Blick aus. Er räusperte sich nervös. »Ich habe einfach nicht gedacht, dass...«
Megans Handflächen klangen unerwartet laut im stillen Raum, als sie auf ihre Schreibtischplatte aus Obstbaumholz schlugen. »Genau darum geht es. Sie haben nicht nachgedacht. Das ist das dritte Mal in den letzten Wochen, dass ich Ihnen einen Rüffel erteilen muss. Jedes Mal, wenn Sie eine dieser inkompetenten Nummern abziehen, kostet es den Fernsehsender viele Tausend Dollar.«
Sie stand von ihrem Schreibtischstuhl auf, ging um die Ecke des Tisches, lehnte sich mit ihrer wohlgeformten Hüfte an und schlug ihre schlanken Fußgelenke
übereinander. »Mehr noch, wenn Sie es vermasseln, lässt es mich schlecht aussehen. Ich muss dem Geschäftsführer melden, dass wir die Vorgaben nicht erreichen, und er staucht mich zusammen. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill, Barnes?«
»Ähm, ja.«
»Was ist Ihr Problem?«, bombardierte sie ihn mit der nächsten Frage.
Ihr scharfer Tonfall klang nicht nach besorgten Eltern oder einem mitfühlenden Lehrer, er ähnelte eher dem Kommandoton eines Sergeants, dem das Problem eigentlich egal ist, der nur eine Rechtfertigung dafür erwartet.
Barnes sah hoffnungsvoll zu ihr auf. »Na ja, ich hatte Ärger mit diesem Mädchen. Sie...«
»Ersparen Sie mir die Details, Barnes«, unterbrach Megan ihn sofort schroff. »Wie Ihr Liebesleben aussieht, ist mir egal. Ihr Privatleben geht mich nichts an, außer es beeinflusst Ihre Arbeit.«
Sie senkte ihren Blick, sah auf ihn hinunter und sein Mut sank. »Ich werde Ihre Verkaufszahlen Ende dieser Woche überprüfen. Bis dahin sollten sie sich wesentlich verbessert haben. Ich schlage vor, dass Sie Mr Thornton von der Countrytime-Records-&-Music- Ladenkette zum Lunch einladen und bis dahin ein Werbepaket schnüren, das uns zwar Erlöse kostet, aber seine gerauften Haare wieder etwas glättet.«
»Okay«, murmelte er.
Megan ging um die Schreibtischecke herum und
setzte sich wieder. Ohne einen konkreten Grund nahm sie einen Stapel Papiere in die Hand, ordnete ihn und sagte: »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen. Ich muss mich um andere Dinge kümmern.«
Barnes verstand den Wink. Er verließ das Büro mit der Erleichterung eines Mannes, dessen Hinrichtung man gerade verschoben hatte.
Statt mit der Szene zufrieden zu sein, die sie gerade so ausgezeichnet gespielt hatte, seufzte Megan resigniert und ließ sich in ihren hohen, mit Leder gepolsterten Schreibtischsessel zurückfallen. Sie streckte ihre Hand mit den perfekt manikürten Fingernägeln aus, um eine Strähne ihres kastanienbraunen Haars zurückzustreichen. Megan hasste es, in solchen Situationen den Hardliner spielen zu müssen, aber es musste immer wieder sein.
Sie stand auf, ging zu ihrem großen Fenster und öffnete die Jalousien ein wenig weiter. Die Skyline von Atlanta zeichnete sich dahinter scharf umrissen ab, aber Megan nahm sie kaum wahr. Sie fühlte sich für Barnes verantwortlich, wie für alle Verkaufsmitarbeiter unter ihrer Leitung, für seine Freude an der Arbeit und sein generelles Wohl.
Was sie ihm gesagt hatte, stimmte. Als regionale Verkaufsmanagerin für WONE TV musste sie ihre Verkaufszahlen wöchentlich bei der Geschäftsführung abgeben. Wenn ein Etat abrutschte, büßte der Fernsehsender Tausende von Dollars an Werbegeldern ein. Doug Atherton würde Druck ausüben, das wurde
von ihm erwartet. Sie wiederum musste alles aus ihren Mitarbeitern herausholen. Der Schwarze Peter wurde ständig weitergegeben.
Ihre Sympathien galten Barnes. Er hatte ein gebrochenes Herz wegen einer Frau im Nachrichtenstudio, die ihn für einen Kameramann aus dem Studioteam in die Wüste geschickt hatte. Statt sein Leben weiter zu komplizieren, wünschte sich Megan, sie könnte ihn trösten und ihm die Gelegenheit geben, sie ins Vertrauen zu ziehen.
Aber sie konnte sich einen solchen Luxus nicht leisten, insbesondere da sie als Frau einen Männerj ob hatte und jeder mehr oder weniger damit rechnete, dass sie
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