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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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hatte: ein elfenbeinfarbenes Hemd und eine gut geschnittene schwarze Wollhose mit einem übergroßen, mit Edelsteinen besetzten Gürtel, Stiefel mit Silberbeschlag und einen schwarzen Umhang mit alt-ilytanischen Runenmustern, die in Silber daraufgestickt waren. Das Prisma gehörte allen Satrapien, daher tat Gavin sein Bestes, die Traditionen eines jeden Landes zu ehren – selbst eines Landes, das im Wesentlichen aus Piraten und Ketzern bestand.
    Er zögerte einen Moment lang, dann zog er eine Schublade auf und nahm sein Paar ilytanischer Pistolen heraus. Sie waren – typisch für alles Ilytanische – von fortschrittlichster Machart. Jedenfalls hatte Gavin noch nichts Besseres gesehen. Das Schloss war viel verlässlicher als ein Radschloss – man bezeichnete es als Steinschloss. Jede Pistole hatte eine lange Klinge unter dem Lauf und sogar eine Gürtelflansch, so dass sie, wenn er sie hinterm Rücken in seinen Gürtel schob, sicher hielten und so weit abstanden, dass er sich nicht selbst aufspießte, wenn er sich hinsetzte. Die Ilytaner dachten an alles.
    Natürlich machten die Pistolen die Schwarze Garde der Weißen nervös. Gavin grinste. Als er sich zur Tür umdrehte und sein Blick abermals auf das Gemälde an der Wand fiel, verschwand sein Grinsen.
    Er ging zu dem Tisch mit dem blauen Brot zurück. Dann packte er einen von häufiger Benutzung bereits abgegriffenen Teil des Bilderrahmens und zog. Das Bild schwang lautlos auf wie eine Tür und gab den Blick auf eine schmale Rutsche frei.
    Es war nichts Bedrohliches an der Rutsche. Sie war zu eng, als dass ein Mann darin hätte heraufklettern können, selbst wenn er alles andere überwand. Es hätte eine Wäscherutsche sein können. Doch für Gavin sah sie aus wie der Schlund zur Hölle, als öffne sich die Immernacht selbst für ihn. Er warf eins der Brote hinein, dann wartete er. Es folgte ein dumpfer Aufprall, als das Brot auf das erste Schloss traf; ein leises Klicken, als es sich öffnete und wieder schloss, dann ein schwächerer Aufprall, als es auf das nächste Schloss traf, und wenige Sekunden später ein letzter Aufprall. Jedes der Schlösser funktionierte noch. Alles war normal. Sicher. Es hatte im Laufe der Jahre Fehler gegeben. Aber diesmal brauchte niemand zu sterben. Verfolgungswahn war nicht angebracht. Er knurrte beinahe, als er das Gemälde zuschlug.

3
    Drei Mal ein dumpfer Aufprall. Drei Mal ein Klicken. Drei Tore zwischen ihm und der Freiheit. Die Rutsche spie dem Gefangenen einen zerfetzten Brotlaib entgegen. Er fing ihn auf, beinahe ohne hinzuschauen. Er wusste, dass der Klumpen blau war, von dem stillen Blau eines tiefen Sees am frühen Morgen, wenn die Nacht noch immer den Himmel bewacht und die Luft es nicht wagt, die Haut des Wassers zu liebkosen. Ungetrübt von jeder anderen Farbe war das Wandeln dieses Blaus schwierig. Schlimmer noch, das Wandeln dieses Blaus erfüllte den Gefangenen mit Langeweile; er fühlte sich leidenschaftslos, in Frieden und Harmonie selbst mit diesem Ort. Und heute brauchte er das Feuer des Hasses. Heute würde er fliehen.
    Nach all seinen Jahren hier konnte er die Farbe manchmal nicht einmal mehr sehen, als sei er in einer Welt von Grautönen erwacht. Das erste Jahr war das schlimmste gewesen. Seine Augen, die so sehr an Nuancen gewöhnt waren, so geschickt darin, jedes Lichtspektrum zu zergliedern, hatten ihn zu täuschen begonnen. Er hatte Farben halluziniert. Er versuchte, diese Farben in die Werkzeuge zu wandeln, um aus diesem Gefängnis zu fliehen. Aber Fantasie war nicht genug, um Magie zu machen, man brauchte Licht. Echtes Licht. Er war ein Prisma gewesen, also würde jede Farbe ihren Zweck erfüllen, von Ultraviolett bis zum Infrarot. Er hatte die Hitze aus seinem Körper gesammelt, seine Augen in ihren Infrarottönen gebadet und war damit gegen die nervtötenden blauen Mauern angerannt.
    Natürlich waren die Mauern gehärtet gegen solch jämmerliche Mengen von Hitze. Er hatte aus dem Blau einen Dolch gewandelt und an seinem Handgelenk gesägt. Wo das Blut auf den Steinboden getropft war, hatte es sofort seine Farbe verloren. Beim nächsten Mal hatte er sein eigenes Blut in den Händen aufgefangen, um zu versuchen, Rot zu wandeln, aber da das einzige Licht in seiner Zelle blau war, war die Ausbeute an Rot zu gering. Es funktionierte auch nicht, auf das Brot zu bluten. Sein natürliches Braun war immer blau gefleckt, also erhielt er, wenn er rot hinzufügte, lediglich ein dunkles, purpurnes Braun.

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