Schweineblut
alles heiße Luft.« Der
knochige Dealer hat etwas von einer Straßenratte, dachte Kuhnert.
»Ihr sucht doch den Kamphausen.«
Kuhnert gelang es, weiter uninteressiert zu wirken. »Wer sagt das?«
»Man hört so das eine oder andere.«
»Was wirst du schon wissen?«
»Kamphausen hat Gras gezogen, mit den Holländern zusammen.«
»Aha.«
»Eben.«
»Was willst du mir verkaufen, Uferkamp? Mach’s kurz. Ich hab nicht
den ganzen Tag Zeit.«
»Gibt’s Kaffee?«
»Tut mir leid.«
»Schade.«
Jan Kuhnert griff seufzend zum Telefonhörer und bat einen Kollegen,
einen Kaffee zu besorgen. »Also?«
»200 Euro.«
Uferkamp sah Kuhnert dabei nicht an.
»Kannste vergessen. Trink meinetwegen deinen Kaffee, und dann troll
dich.«
»150?«
Kuhnert schüttelte den Kopf.
»130?«
Kuhnert schwieg.
»Dann 80. 80 ist die Info wert.
Garantiert.«
»Sag mir, was du weißt. Danach überlege ich mir, ob ich dir einen
Zwanziger anbieten kann.«
»Zwanzig ist zu wenig.«
»Zehn.«
»Er hat seine Kumpel betrogen. Die haben ihn verschwinden lassen.
Sozusagen als Warnung für die Szene. Krieg ich jetzt meine zwanzig Euro?«
»Kamphausen ist tot? Wer sagt das?«
»Kann ich nicht sagen, sonst bin ich tot.«
»Was heißt das, ›betrogen‹?«
Der Gelegenheitsdealer und Junkie schwieg.
Es dauerte einen Augenblick, bis Kuhnert begriff. Dann zog er seine
Geldbörse aus der Gesäßtasche und blätterte Uferkamp langsam vier
Fünf-Euro-Scheine hin.
»Kamphausen wollte aussteigen. Soviel ich weiß, ist er vor vier
Jahren an den Holländer geraten. An van Bommel.«
»Und?«
»Er hat hier Scheunen angemietet oder kleine Lagerhallen. Und dann
hat er das ganze Zeugs besorgt, Lampen, Ventilatoren, Schläuche und so. Dafür
hat er sein Geld bekommen.«
»Warum Kamphausen?«
»Das hängt mit irgendwelchem Düngerzeugs zusammen, das Kamphausen
immer in Holland gekauft hat. Und Kamphausen spricht wohl fließend
Holländisch.«
»Verstehe. Weiter.«
»Kamphausen hat mitbekommen, dass man mit dem Dope mehr Geld
verdienen kann als mit dem Anmieten von Scheunen. Als van Bommel ihn deswegen ausgelacht
hat, hat Kamphausen ihm gedroht, das Ganze auffliegen zu lassen. Ein richtiges
Im- und Exportgeschäft mit festen Lieferzeiten. Das ging munter zwischen
Holland und hier hin und her. Mit einem richtigen Fahrplan für die Lieferfahrzeuge.
Kamphausen hat völlig unterschätzt, mit wem er es zu tun hat.«
»Woher weißt du das alles?«
»Wer clever ist, überlebt. Und ich bin clever.«
»Wo kann Kamphausen jetzt sein? Oder seine Leiche?«
»Weiß ich nicht. Mit Mord will ich nichts zu tun haben.«
»Schon gut. Also, was meinst du?«
»Ich weiß es nicht. Irgendwo in Holland vielleicht. Auf einer
Müllkippe, verbrannt, in der Nordsee versenkt.«
»Geht’s nicht ein bisschen konkreter?«
»Gut möglich, dass er auch nur untergetaucht ist.«
»Was weißt du sonst noch über van Bommel?«
»Nur, dass er aus der Gegend von Almelo kommt. Aber das werdet ihr
schon noch rauskriegen.«
»Das ist alles?«
»Mehr gibt’s nicht.« Rolf Uferkamp zog die zwanzig Euro zu sich und
ließ sie blitzschnell in seiner Hosentasche verschwinden.
Jan Kuhnert öffnete erneut seine Geldbörse und zog diesmal einen
Zwanzig-Euro-Schein heraus, den er zu Uferkamp hinüberschob.
Ohne das Geld eines Blickes zu würdigen, stand Uferkamp auf. »Sie
haben mich nicht verstanden, Herr Kommissar, ich lasse mich nicht kaufen.«
Viola Kaumanns klingelte schon zum zweiten Mal an Franks
Wohnungstür. Im Grunde wusste sie nicht, warum sie nach Eicken gefahren war
statt in ihre eigene Wohnung. Sie war schon lange nicht mehr hier gewesen. Genau
genommen war sie erst einmal bei Frank gewesen. Vor ein paar Monaten. Auch
damals war sie nur ihrer Eingebung gefolgt. Und dann hatte sie bei ihm
übernachtet.
Als Frank auch nach dem dritten Läuten nicht öffnete, drehte Viola
Kaumanns sich enttäuscht um und stieg die Treppen hinunter. Wer weiß, wofür es
gut ist, dachte sie.
»Hey, das ist aber eine Überraschung.« Frank stieg mit zwei
Einkaufstüten in den Händen langsam die Stufen empor.
»Hi.« Viola Kaumanns’ Herz begann wie wild zu klopfen.
»Du wolltest zu mir?« Frank sah Viola neugierig an.
Seine blauen Augen, dachte Viola. »Ich, ich wollte gerade wieder
los. Hab einen Anruf aus dem Präsidium bekommen.«
»Schade. Ist es was Dringendes?«
»Ich, nein, ja. Ach was. Das kann warten. Soll ich dir tragen
helfen?«
»Ich bin zwar schon ein alter Mann,
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