Schweineblut
Gesicht zu wischen.
»Ich sehe bestimmt scheiße aus.« Die Auszubildende zog die Nase hoch
und wischte dann mit dem Handrücken nach.
Frank reichte ihr ein Papiertaschentuch. »Was sollen wir bloß mit
Ihnen machen? Sie haben sich sehr verdächtig verhalten.«
»Aber ich habe wirklich nichts getan.«
»Im Augenblick sieht es nicht gut für Sie aus.«
»Was soll ich denn noch machen, um Sie von meiner Unschuld zu
überzeugen?« Melanie Mestrom schniefte wieder.
»Fühlen Sie sich wohl in der Brauerei?« Frank schob ihr das Päckchen
Papiertaschentücher hin.
»Geht so.« Melanie Mestrom sah Frank misstrauisch an.
»Sind Sie nicht froh, dass Sie eine Lehrstelle gefunden haben?«
»Schon.«
»Aber?«
»Ich werde von der Pesch nur als billige Arbeitskraft benutzt. Sie
traut mir nichts zu. Ständig stellt sie mich als die Blöde dar. Immer muss ich
die Negerarbeiten machen. Und wenn ich mal eigenständig arbeite, ist das auch
nicht gut. Sie macht jedes Mal ein riesiges Theater, wenn es um die Buchhaltung
geht. Etwas Heiligeres gibt es für sie nicht. Und sie zickt rum, wenn ich mal
privat telefoniere.«
»Mal?«
»Was ist denn da schon dabei? Aber nein, die Tussi hat nichts
Besseres zu tun, als sich einen Einzelgesprächsnachweis zu besorgen und mir den
brühwarm auf den Tisch zu knallen.«
»Sie können doch nicht einfach auf Kosten der Firma telefonieren.«
»Das macht den Chef auch nicht ärmer.«
»Das hat mit Prinzipien zu tun.« Frank kam sich vor wie sein eigener
Vater. »Und was die Buchhaltung betrifft, da geht es nun mal um Präzision und
Transparenz. Sonst funktioniert so ein Betrieb nicht.«
»Jetzt reden Sie schon wie die. Als wenn ich das nicht wüsste.«
»Sie sind von Ihrer Art her jemand, verzeihen Sie, wenn ich das so
sage, der einen schnell auf die Idee bringen kann, dass man besser noch mal
draufguckt, bevor man einen Vorgang zu den Akten legt.«
»Sie meinen also auch, dass ich eine Schlampe bin?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Ich bin, wie ich bin. Basta.« Sie sah Frank jetzt trotzig an. »Wann
kann ich gehen?«
»Der Staatsanwalt wird entscheiden, ob Sie nach Hause dürfen.«
»Sie wollen mich wirklich ins Gefängnis bringen?« Ihre verweinten
Augen funkelten.
»Wenn Sie Michael Voogt erstochen haben, werden Sie sich dafür zu
verantworten haben.«
»Ich werde nicht ins Gefängnis gehen. Sie werden sehen.«
»Was mich schon die ganze Zeit beschäftigt: Voogt scheint einen
ziemlichen Verschleiß an Frauen gehabt zu haben. Hat Sie das nicht gestört?
Kein bisschen Eifersucht? Wie haben Sie das übereinandergebracht: Sie flirten
mit Voogt, gehen mit ihm ins Bett, obwohl Sie wussten, dass Voogt in der
Beziehung ein Chaot war.«
»Sie müssen das sportlich sehen. Gegen eine schnelle Nummer ist doch
nichts einzuwenden. Niemand ist dem anderen verpflichtet. Im Gegenteil. Es war
ein geiles Gefühl, die Nase vorn gehabt zu haben. Und wenn auch nur für ein
Wochenende.«
»Er war doch deutlich älter als Sie.«
»Na und? Hauptsache, er war gut im Bett.«
Frank verstand die Logik der jungen Frau nicht. Vielleicht war er
auch schon zu alt für so etwas.
»Was ist?« Melanie Mestrom wunderte sich, dass der Polizeibeamte mit
einem Mal so still war.
»Wir warten.«
Die nächsten Minuten schwiegen die beiden. Während Melanie Mestrom
mit ruhelosen Augen den Raum absuchte, versuchte Frank, Ordnung in seine
Gedanken zu bringen.
Einerseits konnte er sich nicht vorstellen, dass Melanie Mestrom
wirklich zugestochen hatte, andererseits wurde er aus der jungen Frau nicht
wirklich schlau. Er wollte daher lieber kein Risiko eingehen.
»Haben Sie schon viele Mörder gefasst?«
Frank sah Melanie Mestrom erstaunt an. »Einige schon. Ja.«
»Warum tun Sie das?«
»Mörder suchen?«
»Ja. Immer die Leichen, das Blut und das Ganze.«
»Warum ich das tue?« Was sollte er darauf antworten?
»Ich könnte das nicht.«
»Es ist nicht einfach. Aber ich liebe meine Arbeit.«
»Wollten Sie immer schon Polizist werden?«
»Ich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen.«
Melanie Mestrom schüttelte den Kopf.
»Ich kann es nicht ertragen, wenn Menschen anderen Menschen Gewalt
antun.«
»Schießen Sie viel?«
Melanie Mestrom hatte ihr Wissen über die Polizei anscheinend aus
diversen Fernsehserien.
»Eher selten.«
»Ich …« Bevor Melanie Mestrom weitersprechen konnte, klopfte es an
der Tür. Es war Jürgen Schiffer von der Leitstelle.
»Kann ich dich kurz sprechen?« Er nickte
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