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Schwester Lise

Schwester Lise

Titel: Schwester Lise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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stand zwischen den beiden jungen Leuten und winkte ein paar Kindern auf dem Kai zu. Plötzlich griff Fredrik Branstad in die Tasche und ließ einen Regen von Kupfergeld auf den Kai klirren. Die Kinder stürzten sich mit lautem Geschrei über die Münzen, und Fredrik lachte.
    „Auf so etwas wäre Halfdan nie verfallen“, dachte Eirin.
    Sie schaute auf ihren Verlobten. Auch er sah gut aus. Er hatte klargeschnittene, regelmäßige Züge, eine helle Haut und helles Haar, und die blauen Augen sahen unter geraden, dichten Brauen die Menschen voll an. Halfdan war breiter und kräftiger als Fredrik, hatte aber nichts von dessen lässiger Eleganz.
    „Er könnte ein guter Tänzer sein“, dachte Eirin, als ihr Blick sich wieder Fredrik zuwandte.
    Am Abend fand sie ihre Vermutung bestätigt. Einer der Passagiere setzte sich im Salon ans Klavier und klimperte einen Walzer. Ehe Eirin es sich versah, hatte Fredrik sie in die Mitte des Raumes geführt. Er tanzte wirklich gut. Es wurde ein vergnügter Abend. Fredriks gute Laune schien die Passagiere anzustecken. Die Serviermädchen hatten alle Hände voll zu um Flaschen und blankgeputzte Kühler herbeizutragen, per Salon war erfüllt vom fröhlichen Geschnatter, vom Rufen und Lachen der ausgelassenen Gäste.
    So lustig war es noch nicht gewesen, seit sie an Bord gekommen waren, dachte Eirin.
    Halfdan tanzte wenig. Er besaß genug rhythmisches Gefühl, um nicht gerade ein schlechter Tänzer zu sein; aber er tanzte nicht sonderlich gern und fühlte sich deshalb auf dem Parkett nicht sicher.
    Fredrik blickte auf die kleine, schlanke Gestalt hinunter, die er im Arme hielt. Dieses zierliche Ding hatte Rhythmus im Leibe! Wie sie ihm folgte, leicht und geschmeidig, selbst bei den schwierigsten Figuren!
    „Wir passen gut zueinander“, raunte er ihr zu.
    Sie nickte lächelnd. Und sie tanzten zusammen, bis die Musik aufhörte.
    „Schade, daß ich morgen schon wieder von Bord gehen muß“, sagte Fredrik.
    Eirin sah auf. Sie machte gar nicht erst den Versuch, ihre Enttäuschung zu verbergen.
    „Wie traurig! Wie weit fahren Sie mit?“
    „Bis Tromsö. Muß dort einen Erbonkel besuchen. Da ich gerade in der Nähe war, konnte ich das Stückchen auch noch weiter rauffahren. Er ist alt, man kann nie wissen, wie lange er noch lebt. Und wenn er mir schon sein ganzes Vermögen vermacht, so muß ich ihm doch diese Aufmerksamkeit erweisen!“
    Fredrik lachte, und Eirin nickte verständnisvoll.
    „Und dann -?“ fragte sie kurz darauf. Sie wollte, daß er noch ein bißchen mehr erzählte.
    „Ja, und in einer Woche ziehe ich dann wieder südwärts. Diese Reise ist ein verspäteter Sommerurlaub, wissen Sie, und jetzt ruft die Pflicht. Ich will ins Ausland und soviel über Augen lernen, wie ich nur kann - zuerst nach Deutschland, später nach England. Vielleicht mache ich Weihnachtsferien in Italien, ich habe mir immer gewünscht, Rom und Neapel zu sehen. Ich schicke Ihnen eine Karte von der Blauen Grotte!“
    Eirin wurde nachdenklich. Rom, Neapel, die Blaue Grotte - und sie fuhr nach Frostviken in die Kälte, in die Dunkelheit, in die Einsamkeit!
    Da schwieg die Musik, und Fredrik führte sie an den Tisch zurück, an dem Halfdan saß und wartete. Sie suchte seine Augen.
    Ihr Herz schlug schneller, ihre Wangen waren gerötet. Was konnten ihr Kälte und Dunkelheit schon anhaben! Sie hatte ja
    Halfdan, sie hatte den besten Mann der Welt zur Seite - den einzigen Mann, den sie herzlich liebte!
    Fredrik forderte ein junges Mädchen am Nachbartisch auf. Halfdan drückte Eirins Hand.
    „Willst du mit mir tanzen?“
    Eirin gab den Händedruck zurück.
    „Ich bin müde. Ich möchte am liebsten ganz still hier bei dir sitzen. Nein, laß meine Hand nicht los, Halfdan!“
    Sie wurden von einem Servierfräulein unterbrochen. Ob Herr Dr. Hoek so freundlich sein würde - einer von den Passagieren in der dritten Klasse sei gefallen und habe sich den Fuß verrenkt.
    Halfdan drückte noch einmal Eirins Hand und stand auf. Im Vorübergehen lächelte er Fredrik zu.
    „Du mußt dich solange um Eirin kümmern! Ich muß Praxis machen“, rief er und folgte dem jungen Mädchen.
    „Da hatte ich aber Glück“, sagte Fredrik, als er sich auf Halfdans freien Platz setzte.
    „Ja, da hatten wir Glück! Man hätte ja auch Sie holen können“, fuhr es Eirin heraus.
    „O nein, ich sehe nicht so vertrauenerweckend aus, das müssen Sie doch zugeben - kann mir’s einer ansehen, daß ich Arzt bin?“
    „Nein“, bestätigte

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