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Schwingen des Vergessens

Schwingen des Vergessens

Titel: Schwingen des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Auer
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dachte fieberhaft nach. Natürlich erinnerte sie sich noch an den Besuch, der heute kommen sollte, aber warum sollte sie das ihrer Mutter jetzt auf die Nase binden? Schließlich interessierte es sie nicht im Geringsten, ob unter ihr im Wohnzimmer geredet wurde oder eben nicht.
    „Ja, ich hab es vergessen und es interessiert mich auch nicht sonderlich.“ Stöhnend lehnte Caro sich an die Tür und tastete nach ihren braun gelockten Haaren, die in alle Richtungen abstanden.
    „Meine Freundin, Francesca, ist es möglich, dass du dich an sie erinnerst? Auf jeden Fall kommt sie in nicht einmal einer halben Stunde mit ihrem Ehemann, den sie vor kurzem geheiratet hat. Ich möchte, dass du angezogen in exakt einer 3/4 Stunde runter kommst und sie begrüßt, okay?“, erklärte die Mutter nervös, anscheinend war es ihr sehr wichtig, dass der Besuch glatt lief. Aber eigentlich, was sollte den schief gehen? Die Wohnung war immer aufgeräumt, auch wenn niemand da war, es gab keinen Streit, da Amelies Eltern sie größtenteils in Ruhe ließen und sonst geschah auch nie was. Die Familie war also so etwas wie die besten Nachbarn, die man sich vorstellen konnte. Sie waren niemals nervig, aber wenn man sie brauchte, standen sie sofort zur Stelle. Ein Lächeln huschte über Amelies Gesicht, natürlich musste alles glatt laufen. Sie kannte ihre Mutter schließlich gut genug und auf Francesca, die ein tolles Leben führte, war sie schon seit ihrer Kindheit neidisch. Wenn ich mich nicht irrte, hatte sie einen reichen Mann, keine Kinder, aber dafür genug Geld. Ob sie diesen Mann wirklich aus Liebe geheiratet hatte, stand in den Sternen, aber Amelie konnte es sich nicht vorstellen.
    „Okay, ich werde da sein, aber jetzt lass mich in Ruhe“, antwortete Amelie kurz angebunden und erhob sich vom Keyboard. Zweifelnd verschwand Karoline, um die Muffins aus dem Backofen zu holen. Bei der Tatsache, dass sie backen hasste, musste Amelie schon fast grinsen, für sie hatte ihre Mutter schließlich schon lange keinen Kuchen mehr gebacken. Zumindest konnte sie sich nicht mehr daran erinnern.
    Seufzend wählte Amelie schwarze Leggins und ein violettes T-Shirt. Im Gegensatz zu ihrer Mutter verabscheute sie bunte Klamotten, sie besaß nicht einmal ein einziges Teil davon. Nur äußerst selten konnte ihre Mutter sie dazu überreden, ein farbiges Kleid anzuziehen, das Amelie sich dann immer von ihr ausleihen musste. Heute würde sie es auf jeden Fall nicht schaffen.
    „Warum muss sie nur immer alles so perfekt machen wollen? Als würde es diese Francesca interessieren, ob ich 'hallo' sage oder nicht“, murmelte sie leise, obwohl es sowieso niemand hören würde, und setzte sich gelangweilt in ihren Sitzsack, der schon einige Löcher hatte. Daneben lag das Buch, das sie gerade las, es hieß Seelensplitter. Das Cover zeigte eine aufgeritzte Hand, wodurch man sofort sehen konnte, um was es darin ging. Ohne einen Blick auf ihren eigenen Arm zu werfen, der ungefähr gleich aussah wie der auf dem Einband, schlug sie das Buch auf. Gerade jetzt wollte sie die roten Linien, den ganzen Schmerz und vor allem die Reue nicht mehr sehen und fühlen. Nicht jetzt.
    Im Vergleich zu anderen Büchern, die sie bereits gelesen hatte, war Seelensplitter sehr dünn, doch jedes Mal, wenn sie las, schaffte sie nicht mehr als 20 Seiten. Zu tief saßen die Wunden, die das Buch in ihr drinnen wieder aufrissen. Doch Amelie hoffte, dass sie dadurch mit dem Ritzen aufhören könnte. Außer ihrem Tagebuch wusste niemand davon, ihre Wunden verbarg sie gekonnt unter ihren Jacken. Kurz las sie die Einleitung, die so viel über ihr eigenes Leben aussagte, auch wenn es nicht ganz zutraf. Schön wäre es schon, aber sie hatte trotzdem einen anderen Grund, warum sie sich Tag für Tag mit der Schere oder ihren langen Fingernägeln ritzte: „Liebe. Ein kurzes Wort, mit nur 5 Buchstaben. Doch diese 5 Buchstaben können so viel Schmerz anrichten. Schmerz. Noch so ein Wort. Für mich hingen Liebe und Schmerz immer zusammen. Ob die Liebe schmerzte oder der Schmerz der Liebe, wieder durch anderen Schmerz beseitigt werden musste. Es gab immer einen Zusammenhang.“ Wie Rauch schwebten die Worte ein paar Augenblicke in der Luft herum. Genau so war es! Nur, dass Liebe für Amelie schön gewesen wäre. Vielleicht hätte es sich gelohnt, wenn sie endlich einmal wahre Liebe gespürt hätte, was allerdings leider nicht der Fall war. Seit langem war ihr Herz befreit von allem Netten, übrig blieb

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