Science Fiction aus Deutschland
Regung von mir gab, fuhr er fort: ich ziehe zu Renée, sie bekommt von mir ein schönes Geschenk. Er blickte in die Runde, versicherte sich meiner vollen Aufmerksamkeit. Sie erhält einen neuen Körper, ein neues Gehirn. Hier, er zog einen Prospekt aus der Tasche hervor, ich denke an dieses virginale Zigeunermodell, siehst du die schwarzen, rassigen Haare, die glutvollen Augen, diese feuchten Lippen? Bemerke ihre vollendete Figur!
Noch einmal passierten meine Möglichkeiten in Gedanken Revue. Ich konnte Antworten verweigern, Informationen zurückhalten, Sperren aufbauen, und ich gebot in vollem Umfang über sämtliches Mobiliar.
Von meiner Passivität enttäuscht, sprang er auf und begann, die Wohnung zu durchsuchen. Ich ließ ihn gewähren, als er den Geborgenheitsraum durchstöberte, in dem wir so oft, ohne daß er das freilich ganz sicher wußte, das Nachtlager geteilt hatten. Ich sah ihm zu, als er im Schlemmerparadies Türen und Schränke zu öffnen befahl. Und ich empfand ein seltenes Gefühl der Heiterkeit, als er wie eine Spinne über Decken und Wände kroch, mit einem zierlichen Hammer nach hohlen Stellen klopfend. An der Tür zum Frischeparadies, in dem ich Paul Delvaux verborgen hielt, war Schluß.
Wütend warf er sich gegen das Portal, rannte sich den Schädel ein, fluchte und drohte mir in einer Tour. Er fragte nach Paul Delvaux, ich schwieg. Er beruhigte sich scheinbar und legte das Ohr gegen die Tür. Ich ließ das Wasser rauschen. Er verlangte, daß ich Knife anrief oder das Polizeirevier, ich sagte nein. Er brüllte, ich schwieg.
Plötzlich hielt er inne, dachte fieberhaft nach. Dann wirbelte er herum und rannte zur Außentür, rüttelte an ihr, öffnete sie im ersten Ansturm einen winzigen Spalt, krachend schlug ich sie zu. Da dämmerte ihm, daß hier sein Gefängnis war.
XIV
Schon bei seiner Operation haben sie meine Spur verfolgt, ich weiß jetzt mit Sicherheit, daß sie diesen langen Tag gezögert haben, nur damit er diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen läßt. Sie halten wohl große Dinge auf ihn, bauen ihn, sobald er sich bewährt hat, auf wie einen kommenden Mann. Und ich hänge in meinen vier Wänden, ich bebe und zittere aus ganz unbegreiflichem Grund. Er hat mich doch damals nur benutzt, und vorhin wusch er sich vor seinen neuen Herren rein, werde ich ihm jetzt auch noch beim letzten Alibi behilflich sein?
Ich orte sie im Treppenhaus, auf leisen Sohlen kommen sie vor meine Tür. Es ist der Stoßtrupp vom gestrigen Morgen, die drei Operateure sind auch dabei, und sie haben Elektrodestrukteure mitgebracht. Jetzt brechen sie die Außentür auf, sie fliegt krachend gegen die Wand.
Wütend stürzt die Meute herein, Robert springt aus dem Weg, sie schwärmen blitzschnell aus und verteilen sich. Zwei Mann besetzen das Schlemmerparadies, greifen zielstrebig und kenntnisreich nach meinen manuellen Schaltern, ein Stromstoß, den ich ihnen entgegenschleudere, wirft sie zurück. Im Handumdrehen heize ich die Platten und Öfen auf, eine Glutwolke treibt die beiden Männer hinaus, ihre Haare sind versengt, doch die Sicherung, die wie ein Korken aus einer Flasche springt, macht mit meinen Anstrengungen in der Küche Schluß.
Einer der Operateure eilt in den Geborgenheitsraum, durchwühlt die Betten, benutzt dabei den Laserkarabiner wie ein langes Insektenglied. Ich schlage ihm die Waffe mit der Bogenlampe aus der Hand, reiße ihm den Teppich unter den Füßen weg, er stürzt ins Bett, das sich luftdicht um ihn schließt. Er zappelt und wehrt sich, wie ein in eine fleischfressende Pflanze gestürztes Insekt, atmet dünn aus seinem Notaggregat.
Zwei Polizisten sprengen die Tür zum Frischeparadies, Delvaux zieht sich in eine Ecke zurück, zittert am ganzen natürlichen Leib. Ich öffne die Schleusen, aus allen Leitungen rauscht kochendes Wasser auf die Männer herab, dann verschließe ich die Abflüsse in Boden und Wänden, das Wasser steigt gurgelnd empor. Ich heize die Spiegelwand auf, die Spraydosen explodieren mit steifem Schaum, ein Teil der Decke stürzt herab, doch meine verzweifelte Gegenwehr schadet Delvaux mehr als sie ihm nützt und hält die Meute kaum auf.
Jetzt treiben sie ihm einen Fleischerhaken in den Hals, sein blutendes Fleisch stürzt in das siedende Naß, sie ziehen ihn hinter sich her wie ein leckgeschlagenes Schiff, und jetzt entdecke ich die Kameras, das Fernsehen ist live dabei. Das Wasser färbt sich rot und strömt in den Hauptaufenthaltsraum.
Die
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