Scream Street - Der Vampirzahn
Gamepad aufs Bett. »Er schikaniert alle herum! Auf dem Heimweg von der Schule hat er von einem Mädchen die Schultasche einkassiert und ich wollte nur die Tasche wieder zurückholen. Aber da ist er völlig grundlos auf mich losgegangen!«
»Er konnte ja nicht ahnen, was passieren würde«, sagte seine Mutter. »Er wusste nicht, dass du...« Sie seufzte und ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen. »Die Schrammen sind nicht tief. Es ist also nicht so schlimm. Diesmal.«
Luke sah zu, wie seine Mutter das Gamepad in die Hand nahm und sich bemühte, ein Bataillon Roboter mit Laserpistolen abzuwehren. Schon lange hatten seine Eltern nicht mehr gelächelt - seit dem Tag, als er sich zum ersten Mal in einen Werwolf verwandelt hatte.
»Also, echt«, bemerkte er mit einem Grinsen. »Bei diesem Spiel bist du der totale Loser!« Mrs Watson knuffte ihn leicht, als er ihr
das Gamepad aus der Hand nahm. »Man drückt immer bloß einen Knopf. Wenn du nämlich eine Kombi drückst...«
In diesem Augenblick drang ein lautes Scheppern aus dem Erdgeschoss zu ihnen hoch.
Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, sprang Luke die Treppe hinunter und kam unten schlitternd zum Stehen. Im Wohnzimmer und im Flur wimmelte es von lauter blonden Männern, die die Habseligkeiten der Familie in Kisten packten und Möbel aus dem Haus schleppten. Sie trugen alle einen glänzenden dunkelroten Overall, auf dem hinten G.H.U.L. stand.
Einer der Männer kehrte gerade die Scherben einer zerbrochenen Vase zusammen. Lukes Vater, der soeben nach Hause gekommen war, versuchte dem Mann die Scherben zu entreißen.
Doch der Mann hob nur die Hand und legte sie Mr Watson über die Augen. Entsetzt beobachtete Luke, wie sein Vater auf den Boden sackte und dort reglos liegen blieb.
»Mike!«, schrie Lukes Mutter und rannte herbei. Sie kniete sich neben ihren Mann und prüfte seinen Puls am Handgelenk. Nun legte der blonde Mann auch ihr die Handfläche über das Gesicht und sie sank ebenfalls stöhnend zu Boden.
Sofort lief Luke los und versuchte fieberhaft, zu seinen Eltern zu gelangen. Doch einer der Männer hielt ihn am Arm fest, damit zwei seiner Kollegen mit einem großen Bild vorbeigehen konnten.
Die beiden traten mit großen Schritten über Mr und Mrs Watson hinweg, als seien sie irgendwelche Huckel im Teppich.
Luke packte den Mann, der seine Eltern bewusstlos gemacht hatte, und drehte ihn zu sich herum. »Was haben Sie... Doch ihm blieben die Worte im Halse stecken.
Der Mann hatte kein Gesicht: keine Augen oder Ohren, keine Nase und auch keinen Mund. Da war nichts als glatte Haut. Luke blickte sich im Zimmer um. Die anderen Männer sahen genauso aus.
»Wer sind Sie?«, fragte er und wich bis zum
Sofa zurück, wo er sich hinplumpsen ließ und mit den Beinen nach dem Mann trat, der ihm mit drei Fingerspitzen seitlich an den Kopf griff. Plötzlich vernahm Luke eine Stimme in seinem Kopf.
»Wir sind die Möbelpacker«, sagte die Stimme. »Ihr zieht um.«
Luke starrte in das glatte Gesicht. »Warum?«
»Du hast einen Jungen angefallen.«
»Aber ihm ist nichts passiert, weil ich...« Luke verhaspelte sich. »... weil der Werwolf dem Chihuahua nachgejagt ist. Er wird keiner Menschenseele etwas von mir erzählen, Ehrenwort!«
Doch die Erklärung zeigte keinerlei Wirkung. Der Mann nahm nur die Hand weg und wandte sich ungerührt ab, um ein gerahmtes Foto einzupacken. Luke sprang auf und sauste hinter dem Mann her. Doch dann blieb er abrupt stehen: Seine Eltern waren verschwunden!
»Wo sind sie?«, rief er. »Was haben Sie mit meinen Eltern gemacht?«
Aus der Küche ertönte ein Geräusch, als würde ein Reißverschluss auf oder zugezogen werden. Luke stürmte in den Raum, wo gerade ein anderer Mann seine Mutter in eine dunkelrote Plastikhülle einpackte. Auf dem Tisch lag eine zweite Plastikhülle, in der sich vermutlich sein Vater befand.
»Lassen Sie sie sofort frei!«, schrie Luke, stürzte sich auf den gesichtslosen Mann und versuchte, den Reißverschluss zu öffnen. Den zweiten Mann bemerkte Luke erst, als dieser sein Gesicht mit der Hand bedeckte und die Welt sich um ihn herum auflöste, bis ihn nur noch wirbelndes, dunkelrotes Licht umgab.
Luke erwachte in fast völliger Dunkelheit. Er lag auf seinem Bett und hinter seinen Augen pulsierte ein dumpfer Schmerz. Stöhnend griff er nach dem Glas Wasser, das auf seinem Nachtkästchen
stand. Seine Kehle war völlig ausgetrocknet und dankbar trank er ein paar Schlucke. Dann setzte er sich
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