Scream Street - Der Vampirzahn
auf.
Luke erstarrte. Er saß zwar auf seinem Bett, aber das hier war nicht sein Zimmer. Ein großer Kronleuchter aus Kristall hing über ihm an der hohen Decke. Die Wände waren grün angestrichen und der Boden bestand aus glänzendem, abgeschliffenem Parkett. Ein dunkelroter Plastiksack - kleiner als der, in dem er seine Eltern gesehen hatte - lag über dem Fußende des Bettes.
Neben seinen Hausaufgaben auf dem Schreibtisch stand noch das Essenstablett und auch das Gamepad lag auf seinem Platz auf der nun dunklen Spielekonsole. Luke beugte sich vor und drückte auf den EIN-Knopf, aber der Bildschirm schien nicht zu funktionieren. Luke tastete unter dem Kissen nach dem blutbesudelten Hundehalsband. Ja, es war noch da. All seine Sachen waren vorhanden - und doch war dies nicht sein Zimmer.
Luke schwang die Beine aus dem Bett und steckte sich das Hundehalsband in die Hosentasche. Nachdem er seine Turnschuhe gefunden hatte und hineingeschlüpft war, ging er zum Bücherregal und fuhr prüfend mit dem Finger über seine Bücher. Ja, sie waren echt.
Luke öffnete die schwere Tür und fand sich auf dem oberen Absatz einer reich verzierten, geschnitzten Holztreppe wieder. Der dicke schwarze Teppich zu seinen Füßen schien sich zu bewegen, und es dauerte nicht lange, bis Luke klar wurde, dass es sich um Hunderte von Spinnen handelte. Fast wie im Gleichschritt krabbelten sie durch den Flur, trugen winzig kleine Staubteilchen fort und hinterließen hinter sich Spuren sauberen roten Teppichs. Anscheinend dienten die Spinnen als eine Art Staubsauger.
Luke ging den Flur entlang und blickte in die anderen Räume im obersten Stock des Hauses. Das Schlafzimmer seiner Eltern sah genauso aus, wie es sollte. Das schmiedeeiserne
Bettgestell und die Kleiderschränke waren alle vorhanden. Auf dem Boden lagen zwei ausrangierte dunkelrote Säcke.
Das Badezimmer war schlicht ausgestattet, mit nacktem Steinfußboden und einer altmodischen Badewanne. An den Wänden hingen Gaslampen. Probeweise wollte Luke eine anschalten, doch da hörte er gedämpfte Stimmen. Sie schienen von unten zu kommen.
Im Erdgeschoss entdeckte er ein Wohnzimmer, das mit dunklem Holz getäfelt war. In dieser prunkvollen Umgebung wirkte das bunte Sofa der Familie völlig fehl am Platz.Auch hier waren Spinnen am Werk und säuberten den weichen Teppich.
Wieder waren die Stimmen zu hören, und Luke ging in den Flur zurück und öffnete zu seiner Rechten eine Tür, die in eine altmodische Küche führte. Ganz am Ende einer langen Holztafel saßen seine beiden Eltern dicht beieinander.
»Mum!«, schrie Luke, rannte durch die Küche und schlang die Arme um sie. Sie zitterte. »Wo sind wir?«
»Wir haben keine Ahnung«, antwortete Lukes Vater. »Als wir aufgewacht sind, lagen wir in einem der Räume oben in unserem Bett. Wir haben dich gefunden, bekamen dich aber nicht wach.«
»Und wir hatten das hier bei uns«, fügte Mrs Watson hinzu und hielt ihren Arm hoch. Daran hing ein Armbändchen mit der Nummer 13, das so aussah wie für Krankenhauspatienten. Als Luke auf sein eigenes Handgelenk sah, entdeckte er ein identisches Armbändchen.
Plötzlich hämmerte es gegen die Haustür.
»Ihr bleibt hier«, sagte Luke, riss sich den Papierstreifen vom Handgelenk und stürmte in den Flur hinaus.
»Luke, nein!« Seine Mutter wollte ihn am Arm festhalten, aber er war schon halb aus dem Zimmer.
Durch die Milchglasscheibe der Eingangstür zeichneten sich dunkel drei Gestalten ab. Vorsichtig ging Luke näher heran, schob die massiven Messingriegel zurück und öffnete die Tür einen kleinen Spalt, gerade so viel, dass er in die kalte Luft hinausspähen konnte.
»Willkommen in der Scream Street!«, schmetterte eine laute Stimme. Luke schluckte schwer. An der Türschwelle stand eine Vampirsfamilie.
3. Kapitel
Die Attacke
Der größte der Vampire schlug seinen Umhang auseinander, ergriff Lukes Hand und schüttelte sie herzlich. »Alston Negativ ist mein Name. Dies hier ist meine Frau Bella, und hier unser Sohn Rhesus.«
»Wir sind eure neuen Nachbarn«, verkündete die Frau und marschierte schnurstracks an
Luke vorbei in Richtung Küche, wo Mr und Mrs Watson mit offenen Mündern in der Tür standen.
»Nein!«, rief Luke und versuchte, sich dem kräftigen Händeschütteln zu entziehen. Bevor er jedoch losrennen konnte, hatte die Vampirin schon unter ihren Umhang gegriffen und eine Vase mit verwelkten Rosen hervorgezogen, die sie nun Lukes Mutter als Gastgeschenk
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