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S.E.C.R.E.T. 1

S.E.C.R.E.T. 1

Titel: S.E.C.R.E.T. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Marie Adeline
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Selbstmord war. Glücklicherweise stellte unsere Versicherung sich keine derartigen Fragen – immerhin war er nüchtern gewesen. Und da die Geländerbolzen durchgerostet gewesen waren, zahlte das Land mir eine beträchtliche Abfindungssumme. Aber was hatte Scott an diesem Abend dort zu suchen gehabt? Es sah ihm wirklich ähnlich, einen grandiosen Abgang hinzulegen, der mich voller Schuldgefühle zurückließ. Ich war nicht glücklich über seinen Tod. Aber auch nicht traurig. Und dort, in diesem Vorhof der Hölle aus völliger Erstarrung, war ich seit seinem Unfall gefangen.
    Zwei Tage, nachdem ich von seiner Beerdigung in Ann Arbor zurückgeflogen war – auf der ich allein gesessen hatte, da Scotts Familie mich für seinen Tod verantwortlich machte –, rief Will mich an. Zu Anfang brachte mich seine Stimme völlig aus der Fassung, weil sie so sehr nach Scott klang, nur dass er nicht lallte.
    »Spreche ich mit Cassie Robichaud?«
    »Ja. Wer ist da?«
    »Mein Name ist Will Foret. Mir gehört das Café Rose. Sie haben mir letzte Woche Ihren Lebenslauf dagelassen. Wir suchen nach einer Mitarbeiterin, die die Früh- und Mittagsschicht übernimmt. Ich weiß, dass Sie nicht allzu viel Erfahrung haben, aber als sie letztens hier waren, kam so etwas rüber, das …«
    Etwas rüber?
    »Wann sind wir uns denn begegnet?«
    »Na ja, als Sie, äh, als Sie Ihren Lebenslauf vorbeigebracht haben.«
    »Ach, tut mir leid. Jetzt fällt es mir wieder ein. Sorry, ja, ich könnte am Donnerstag vorbeikommen.«
    »Prima, Donnerstag passt mir auch. Wie wäre es mit halb elf? Ich zeige Ihnen dann alles.«
    Achtundvierzig Stunden später schüttelte ich Will die Hand – ebenso wie meinen Kopf darüber, dass ich mich tatsächlich nicht an ihn hatte erinnern können. Offenbar war ich an jenem Abend ziemlich neben der Spur gewesen. Heute machen wir unsere Witze darüber (»Ja, der erste Eindruck von mir hat dich halt komplett aus den Socken gehauen, so sehr, dass du dich noch nicht mal an mich erinnern konntest !«). Damals war ich nach der Auseinandersetzung mit Scott so benebelt gewesen, dass ich nicht mal mitbekommen hätte, wenn ich mit Brad Pitt gesprochen hätte.
    Also war ich verblüfft, wie gut aussehend Will auf seine zurückhaltende Weise war. Er versprach mir nicht, dass ich das große Geld machen würde; das Café lag im Norden, abseits vom Zentrum, und hatte am späten Abend nicht geöffnet. Er erwähnte, dass er den Laden gern auf die erste Etage ausdehnen wollte, aber das war noch Zukunftsmusik.
    »Meist sind es Leute aus der Gegend, die hier herumhängen und essen. Tim und die Jungs aus Michaels Fahrradladen zum Beispiel. Und viele Musiker. Manche schlafen vor unserer Tür, weil sie die ganze Nacht über Straßenmusik gemacht haben. Außerdem kommen ein paar schräge Typen her, die in der Nähe wohnen und oft stundenlang bleiben. Aber alle trinken jede Menge Kaffee.«
    »Klingt gut.«
    Er bereitete mich auf den Job vor, indem er mich mit wenig Begeisterung durchs Lokal führte, auf die einzelnen Geräte deutete und Instruktionen vor sich hinbrummelte, wie Spülmaschine und Kaffeemühle zu bedienen waren und wo er die Reinigungsmittel aufbewahrte.
    »Die Stadt schreibt aus hygienischen Gründen vor, dass Sie das Haar zusammenbinden. Ansonsten bin ich nicht allzu pingelig. Wir haben keine Uniform. Aber gegen Mittag geht es hier oft hoch her. Achten Sie also auf praktische Kleidung.«
    »Praktisch ist mein zweiter Vorname«, antwortete ich.
    »Irgendwann renoviere ich mal«, sagte er, als mein Blick zuerst auf eine gesprungene Bodenfliese und direkt danach auf einen wackligen Deckenventilator fiel. Das Café wirkte heruntergekommen, aber gemütlich, und es war nur einen zehnminütigen Fußmarsch von meiner Wohnung entfernt. Will erzählte, dass der Laden nach Rose Nicaud benannt war, einer ehemaligen Sklavin, die mit einem Karren durch die Straßen von New Orleans gezogen war, um ihre eigene Kaffeemischung zu verkaufen. Will war mütterlicherseits entfernt mit ihr verwandt. Das behauptete er zumindest. »Sie sollten sich mal die Aufnahmen von unseren Familientreffen ansehen. Sieht aus wie ein Gruppenfoto der Vereinten Nationen. Jede Hautfarbe ist vertreten … Also? Wollen Sie den Job?«
    Ich nickte begeistert, und Will schüttelte mir erneut die Hand.
    Danach fand mein Leben nur noch in der Marigny Street statt. Ich schaffte es gerade mal noch in den Stadtteil Tremé, um dort Angela Rejean anzuhören, die mit Tracina befreundet

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