S.E.C.R.E.T.
amerikanische Gattin eines Ölscheichs aus Nahost für mehrere Beträge im sechsstelligen Bereich. Sie kaufte die Villa nebenan, dann legte sie den Rest des Vermögens in einem Fonds an, mit dem sie ihr sexuelles Kollektiv finanzieren wollte.
»Schließlich wurde uns klar, dass wir unsere sexuellen Fantasien ausleben wollten – und zwar alle. Und derlei Szenarien kosteten Geld. Männer zu finden und manchmal auch Frauen, die richtigen Männer und Frauen, um derlei Träume zu verwirklichen, erforderte ein dezidiertes Auswahlverfahren … und das richtige Training. Das waren die Anfänge von S.E.C.R.E.T. Nachdem wir einander geholfen hatten, unsere eigenen sexuellen Fantasien Wirklichkeit werden zu lassen, begannen wir, jedes Jahr eine Person auszusuchen, der wir es ebenfalls zuteilwerden lassen konnten – das Geschenk vollkommener sexueller Emanzipation. Als Vorsitzende des Komitees gehört es zu meinen Aufgaben, die diesjährige Elevin auszuwählen. Gemäß unseren Statuten muss sie sich im Gegenzug auch für uns entscheiden.«
»Und jetzt sind Sie dran, Cassie«, sagte Brenda.
»Ich? Warum?«
»Aus vielen Gründen. Wir beobachten Sie jetzt schon eine ganze Weile. Pauline schlug Sie vor, nachdem sie Sie im Restaurant erlebt hatte. Sie vergaß ihr Notizbuch zwar nicht mit Absicht, aber wir hätten es kaum besser planen können. Wir hatten bereits mehrfach über Sie gesprochen. Danach lief alles wie am Schnürchen.«
Einen Augenblick lang verblüffte es mich, dass man mich beobachtet und überprüft hatte … woraufhin? Auf Anzeichen erbärmlicher Einsamkeit? Ich spürte Zorn in mir aufkeimen. »Was wollen Sie damit sagen? Sie erkannten, dass ich eine bemitleidenswerte, einsame Kellnerin bin?« Anklagend blickte ich mich im Raum um.
Amani legte mir die Hand auf den Arm, während einige Frauen beruhigend auf mich einsprachen: »Nein«,«So ist es doch gar nicht« und »Oh Liebes, so haben wir es nicht gemeint«.
»Cassie, das soll keine Beleidigung sein. Wir handeln im Geiste der Liebe und der gegenseitigen Unterstützung. Wenn jemand sein sexuelles Selbst vorzeitig stilllegt, merkt der Betreffende es häufig gar nicht. Aber andere Leute kriegen das mit. Es ist, als ob einem ein bestimmtes Sinnesorgan fehlt. Nur dass man es nicht weiß. Manchmal benötigen Menschen, die sich so sehr von der Welt zurückgezogen haben, eine Art Hilfsmaßnahme. Das ist schon alles. Und das war es, was ich meinte. Wir haben Sie gefunden. Wir haben Sie für das hier ausgewählt. Jetzt bieten wir Ihnen die Chance auf einen Neuanfang. Aufs Erwachen. Wenn Sie es wollen. Wollen Sie sich uns anschließen und Ihre Reise antreten?«
Ich dachte immer noch darüber nach, wie sie mich wohl überwacht hatten. Wie nur? Ich hatte immer geglaubt, meine Einsamkeit, mein unbeabsichtigtes Zölibat, einigermaßen kaschieren zu können. Dann aber fiel mir meine braune Kleidung ein, mein unordentlicher Pferdeschwanz, meine schrecklichen Schuhe. Meine schlechte Haltung, meine Katze und die Art und Weise, wie ich mich abends nach Hause in meine leere Wohnung schleppte. Jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte die braune Aura erkennen, die sich über mich gelegt hatte wie die Staubschicht der Niederlage. Es war Zeit. Zeit, den Sprung zu wagen.
»Ja«, sagte ich und schlug mir die letzten Zweifel aus dem Kopf. »Ich bin dabei. Ich möchte das hier tun.«
Lauter Applaus erfüllte plötzlich den ganzen Raum. Amani nickte ermutigend.
»Die Frauen in diesem Kreis solltest du ab sofort als deine Schwestern betrachten«, sagte Matilda, formlos zum Du übergehend. »Wir können dir den Weg zu deinem wahren Selbst zeigen.« Sie erhob sich.
Mir wurde eng in der Brust. Es waren so viele Gefühle auf einmal, die auf mich einstürmten – Freude, Furcht, Verwirrung und Dankbarkeit. Passierte das alles wirklich? Und dann auch noch mir?
»Warum tut ihr das für mich?«, fragte ich, und meine Augen füllten sich mit Tränen.
»Weil wir es können«, sagte Bernice.
Matilda griff unter den Tisch, zog eine mit einem Reißverschluss verschlossene Mappe aus Krokodilleder hervor und legte sie vor mich hin. Sie trug meine goldgeprägten Initialen, CR . Ihnen war von vornherein klar gewesen, dass ich ihr Angebot nicht ablehnen konnte.
Ich öffnete die Mappe. Sie war mit kunstvoll verziertem Papier gefüllt. Auf der linken Seite befand sich ein leinener Umschlag, auf dem in Schönschrift mein Name prangte. Nicht einmal meine Hochzeitseinladungen waren so elegant
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