Seelenrächer
die Uhr tickte.«
»Dann kam die mysteriöse Nachricht bezüglich Mary.«
»Und dann folgten die lilienweißen Jungs.«
»Drei kleine Mäuse, die nicht nach Hause fanden.« Doyle sah wieder Murphy an. »Latimer, Ridley und Cranmer. Sie führten uns zu den blinden Mönchen von Carrigafoyle.«
»Vergiss die Polaroid-Fotos nicht«, erinnerte ihn Murphy. »Dadurch sind wir auf Jimmy gekommen und vorher schon auf den Steinbruch.« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Ob es wirklich Maggs’ Absicht war, uns bis zu Scanlons Steinbruch zu jagen? Das hat er bestimmt genossen, oder? Uns hierhin und dorthin zu sprengen, während der Sand in der Sanduhr unaufhaltsam nach unten rieselte.«
Doyle starrte ins Leere. »Scanlon«, wiederholte er. »Der Name sagt mir was. Ich könnte schwören, dass er mir irgendetwas sagt.«
»Denkt daran, was er im Gefängnis gemacht hat.« Quinn hatte die Hände neben dem Körper zu Fäusten geballt. »Wo er Paddy kommen und gehen sah und Kontakt zu Leuten wie dem Craw aufnehmen konnte. Was für eine gute Gelegenheit, um ein bisschen im Dreck zu wühlen und an Informationen zu gelangen.«
Für einen Moment herrschte Schweigen. Die einzigen Geräusche, die noch zu hören waren, kamen von unten. Doyle schürzte nachdenklich die Lippen.
»Heilige Muttergottes, der Name Scanlon sagt mir doch etwas!«, entfuhr es Doyle. »Los, Joseph Doyle, du alter Schafskopf, nun denk schon nach! Was haben wir? Latimer, wir haben Latimer, Ridley und Cranmer: drei Männer, die wegen ihres Glaubens geblendet und verbrannt wurden. Sie brachten uns auf Carrigafoyle und die drei blinden Mönche, die ihretwegen gehängt wurden.« Die Hände tief in die Taschen vergraben, sah er erst Quinn und dann Murphy an. Von ihr wanderte sein Blick weiter zur Wohnungstür, in der gerade Harry Long mit einer Flasche Jameson aufgetaucht war. Doyle starrte ihn an. Dann starrte er auf die Flasche, das Etikett – den Namen, der darauf prangte.
Plötzlich durchlief es ihn kalt. »Jesus und Maria!«, flüsterte er.
»Was?« Quinn legte ihm eine Hand auf den Arm. »Was ist, Doyle? Was ist dir eingefallen?«
»Mein Gott, Moss. Es geht überhaupt nicht um das Wo . Es geht um das Wer .«
Quinn starrte ihn an. »Wovon redest du? Ich verstehe nicht. Was meinst du mit wer ?«
Doyle hörte ihm gar nicht mehr zu. Hektisch durchwühlte er seine Tasche nach seinem Handy. »Was für eine Nummer hat Norma?«
»Norma?«
»Deine Schwiegermutter, Herrgott noch mal! Wie lautet ihre Telefonnummer?«
Quinn nannte sie ihm, und Doyle wählte die Nummer. »Dieser kleine Scheißkerl, dieser gottverdammte kleine Scheißkerl! Er wusste über Latimer Bescheid und auch über Ridley und Cranmer. Ihm war klar, dass wir auf die drei stoßen würden, und ihm war auch klar, dass meine Geschichtskenntnisse ausreichten, um die restlichen Teilchen des Puzzles zusammenzusetzen und auf Carrigafoyle zu kommen. Aber dabei ging es ihm gar nicht so sehr um den Ort – dieser raffinierte Mistkerl –, sondern um die Personen .«
Quinn packte ihn am Arm. »Um Himmels willen, Doyle, ich verstehe nur Bahnhof. Was zum Teufel meinst du?«
»Die Mönche, Moss, die drei blinden Mönche. Wir müssen ihre Namen herausbekommen, mein Junge. Wir müssen herausfinden, wer sie waren.«
Während sich am anderen Ende der Leitung Quinns Schwiegermutter in Listowel meldete, trat Murphy neben die beiden Männer.
»Norma«, sagte Doyle, »hier ist Joseph. Ich brauche ganz dringend die Nummer von James O’Donohue, meinem alten Geschichtslehrer. Nein, er ist nicht weggezogen. Könntest du für mich im Telefonbuch nachsehen? Und bitte mach schnell, ja?«
Zwei Minuten später hatte er die Nummer und wählte erneut.
»Es geht überhaupt nicht um das Wo «, wiederholte er. »Natürlich nicht. Wie sollte es auch, nachdem Eva nicht dort war? Lieber Himmel, Doyle, und so jemand wie du schimpft sich Polizist. Du hättest schon viel früher darauf kommen müssen!« Nach diesem Selbstgespräch wandte er sich wieder an Quinn. »Wir müssen in Erfahrung bringen, wer die drei alten Männer waren. Ich gehe jede Wette ein, dass einer von ihnen Scanlon hieß. Wenn wir die anderen beiden finden, finden wir auch Eva. Ich bin mir ganz sicher, dass das des Rätsels Lösung ist.«
»Meine Güte, Doyle!« Quinn zog die Augenbrauen hoch. »Glaubst du denn, dein Geschichtslehrer kann sich überhaupt noch daran erinnern? Ich meine, wie alt ist er denn inzwischen?«
»Ende achtzig, Anfang neunzig, würde ich
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