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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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gut, ich nehme das Zimmer und ziehe am Ersten ein.«
    »Und was für einen Beruf hat der Herr, wenn man fragen darf?« sagte Mutter und drehte das Geldstück unschlüssig in den Fingern herum, denn sein plötzlicher Entschluß machte sie wohl ein wenig kopfscheu.
    »Ich bin Ingenieur«, antwortete er.
    »Ach du lieber Gott«, sagte meine Mutter erschrocken, »da möchte ich es mir doch noch überlegen. Und so sehr eilt es uns ja auch nicht, das Zimmer zu vermieten.«
    Ich glaube, Mutter hatte Ingenieur und Chemiker verwechselt und fürchtete nun, was sie auch gleich laut aussprach, der Fremde würde im roten Zimmer Experimente mit Knallgas und Säuren machen. Daraufhin sagte der Mann, er hätte mit so was nichts zu tun, er stelle nur Berechnungen an, und die einzigen Flecken, die er machen könnte, wären Tintenspritzer. Mutter solle die rote Samtdecke ruhig vom Tisch nehmen, denn gegen so was und vor allem gegen Decken mit Troddeln hätte er eine richtige Aversion. Er gebrauchte überhaupt viele Fremdwörter, und daran merkte man, daß er ein gebildeter Mensch war. Und dann fragte er, ob es im Hause ruhig sei, und Mutter antwortete: »Wie im Grab.«
    »Dann ist das Zimmer genau das richtige für mich«, sagte er, »und ich werde Ihnen, wenn es mir gefällt, im nächsten Monat auch dreißig Mark dafür geben oder fünfunddreißig. Es kommt mir aufs Geld nicht an. Nur ruhig muß es sein.«
    Ich will gleich sagen, daß es ihm später auch nicht im Traum einfiel, sich an diese Worte zu erinnern. Im Gegenteil: Er stritt glatt ab, so etwas je geäußert zu haben, als meine Mutter seinem Gedächtnis nachzuhelfen versuchte. Damals, bei seinem ersten Besuch bei uns, sah er sich noch einmal im Zimmer um. Dabei blieb sein Blick auf der Verbindungstür zum Wohnzimmer hängen, in dem ich schlief. Der Durchgang müsse zugebaut werden, sagte er. Mutter antwortete, daß man ja das Büfett vor die Tür rücken könne, obwohl das Nebenzimmer von niemandem außer mir benutzt würde, und das ohnehin nur zum Schlafen. Der Mann aber bestand darauf, und dann zog er einen Notizblock aus der Tasche und meinte, während er nach einem Bleistift suchte, er müsse sich unsere Anschrift notieren, denn er sei leider sehr vergeßlich. Und das kam wie bei einem richtigen Herrn heraus, und dann hatte er auch noch seinen Bleistift vergessen. So lief ich in den Laden, um einen zu holen.
    »Na«, fragte mein Vater, »hat er angebissen?«
    »Jawohl«, sagte ich, »Mutter hat schon die Anzahlung.«
    »Gleich draufspucken!« rief Vater mir nach.
    Als ich mit dem Bleistift zurückkam, stellte Mutter mich dem Fremden vor: »Das ist mein Sohn Pitt«, sagte sie, »er ist sechzehn Jahre alt, hat aber noch keine Lehrstelle gefunden. Wenn es Ihnen mal mit einer Besorgung eilig ist, dann brauchen Sie es ihm nur zu sagen. Er hat sowieso nichts zu tun.«
    »Aha«, sagte der Fremde und sah mich zerstreut an; ich hätte wetten mögen, daß er mich später nicht mehr erkannt hätte. »Also, nun Ihre Adresse?«
    »Brückenstraße Nummer sechzehn — und übrigens heißen wir Tümmler. Sie können das Haus nicht verfehlen, denn unten haben wir ein Gemüsegeschäft.«
    »Also, dann am Ersten, Frau Tümmler«, sagte er.
    »Und Ihr Name?« fragte meine Mutter, weil der Kerl es bis dahin tatsächlich nicht für nötig gehalten hatte, sich bekannt zu machen. Er sah meine Mutter einen Augenblick lang an, als sei es eine Beleidigung, daß man ihn nicht kenne — oder als überlege er sich, auf die Frage nicht gefaßt, einen falschen Namen.
    »C. B. Johnen«, sagte er dann, und richtete sich hoch auf, als ob er weiß Gott was damit verkünde und als erwarte er von uns, wir würden nun vor Erstaunen auf den Rücken fallen. Ich hatte noch niemals gehört, daß jemand sich mit den Anfangsbuchstaben seiner Vornamen vorstellt und überhaupt, daß jemand, der Johnen heißt, gleich zwei Vornamen braucht. Mit einem Wort, mir kam die Geschichte mit unserem möblierten Herrn vom ersten Augenblick an nicht ganz geheuer vor.
    »Dann also am Ersten, Herr Johnen«, sagte meine Mutter und machte fast einen Knicks dabei. Sie war von nun an wirklich davon überzeugt, daß unser zukünftiger Mieter ein Herr sei, und ein vornehmer dazu. »Fix, Pitt«, rief sie mir zu, »spring schon voraus und zeig Herrn Johnen, wie man aus dem Haus kommt, ohne durch den Laden gehen zu müssen.«
    Ich ging. Von Springen war keine Rede. Im Gegenteil, ich schlich ihm so widerwillig wie nur möglich voraus, so daß

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