Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
oder Eisen zu sein.
    Inzwischen entlohnte der C. B. den Dienstmann. Es war so ein kleiner Dicker mit einer blitzblauen Nase, und er trug auf seiner roten Mütze die Nummer sechzehn, was ich mir leicht merken konnte, weil ja auch unser Haus diese Nummer hatte. Herr Johnen bezahlte dem Träger drei Mark fünfzig. Das Geld trug er lose in der Hosentasche, was Vater für einen bodenlosen Leichtsinn hielt und wofür er mir immer eine klebte, wenn ich das Geld auch nur in die Tasche schob, anstatt es ordentlich ins Portemonnaie zu stecken.
    Und während Herr Johnen zahlte, sah er plötzlich das Kärtchen an der Tür, das ich so schön mit Rundschrift ausgetuscht hatte. Er starrte einen Augenblick darauf, als müsse er sich auf etwas besinnen, drängte sich mit dem Rücken gegen sein Namensschild und fuhr den Dienstmann plötzlich an, er solle, in drei Teufels Namen, machen, daß er weiterkomme. Kaum war der Träger eiligst verschwunden, schon ging C. B. wie ein Habicht auf uns drei los, die wir im Hausflur darauf warteten, ihn willkommen zu heißen.
    »Wer hat diesen Unsinn hier angerichtet?« fragte er wütend und pochte mit dem Finger auf sein Namensschild.
    »Unser Pitt«, sagte Mutter, »ich habe es ihm aufgetragen, weil ich dachte, Sie müßten doch ein Schild haben wegen Ihrer Post und wegen der Besucher und so...«
    Sein wütendes Gesicht glättete sich daraufhin erstaunlich rasch und sein Zorn verflog sozusagen im Handumdrehen. Er nickte, ohne uns dabei anzusehen. »Sehr freundlich von Ihnen«, sagte er jetzt sanft und klimperte dabei mit dem Geld in seiner Hosentasche, »ja, ja, wirklich sehr freundlich, aber ich wünsche es nicht. Ich empfange weder Post noch Besuch, und dann — «, er zog die Hand aus der Tasche, riß das Kärtchen mit einem Ruck von der Tür und steckte es ein, »möchte ich hier ganz ungestört wohnen. Ja, es wäre mir sogar sehr angenehm, wenn Sie sozusagen vergessen würden, daß ich hier einziehe, verstehen Sie? Wenn Sie davon überhaupt keine Notiz nähmen und davon kein Aufhebens machten.«
    Mutter beeilte sich, >gewiß< und selbstverständlich, ganz wie Sie wünschen< zu sagen, aber der C. B. war schon längst in seinem Zimmer verschwunden, als wir noch immer wie verregnete Hühner im Flur standen und uns gegenseitig dumm ansahen. »Na, wenn das nicht ein komischer Heiliger ist!« schnaubte Vater schließlich kopfschüttelnd.
    »Was hatte er bloß mit der Karte?« fragte ich.
    Meine Mutter hustete nur kurz auf, und so gingen wir in die Küche und setzten uns zu Tisch.
    »Ob man ihm einen Teller Suppe anbieten soll?« fragte Mutter schließlich. »Er war doch naß wie aus dem Wasser gezogen und wird vielleicht dankbar sein, wenn er etwas Warmes in den Magen kriegt.«
    »Ich weiß nicht, ob der Brot und Suppe ißt wie unsereiner«, sagte ich, ohne mir etwas Besonderes dabei zu denken. Mein Vater sah mich ganz überrascht an und spuckte heimlich links über seine Schulter: »Ja, weiß der Kuckuck«, murmelte er vor sich hin, »was das für ein Mensch ist...« Und danach blieb er stumm und blies unbehaglich in seinen dampfenden Löffel.
    »Soll ich ihm nun etwas bringen oder nicht?« fragte Mutter mit einem leeren Teller in der linken und mit dem Schöpflöffel in der rechten Hand.
    »Lieber nicht«, sagte ich, und da setzte sie den Teller ab und ließ es bleiben.

3

    An jenem Abend blieb ich noch eine Weile bei den Eltern in der Küche. Es kam selten vor, daß wir nach neun zu Bett gingen. Hauptsächlich aus Sparsamkeit krochen wir für gewöhnlich schon sehr früh in die Federn, denn Vater pflegte fast jeden Abend seinen Spruch loszulassen: >Wer schläft, sündigt nicht, verbrennt kein Licht und friert auch nicht.< Aber heute war eben mit dem Einzug des neuen Mieters ein Ausnahmetag. Wir sprachen über seine Kisten und was sie wohl enthalten mochten, und vor allem natürlich über die merkwürdige Art, wie sich der C. B. bei uns eingeführt hatte. Mit dem Namensschild hatte er sich schon reichlich komisch aufgeführt, aber Mutter meinte, er hätte fraglos etwas Vornehmes an sich, und wenn früher die Herren vom hohen Adel verreisten, dann hätten sie auch Wert darauf gelegt, unerkannt zu bleiben.
    Vater klapperte nur mit den Augendeckeln und schluckte trocken, was er meistens tut, wenn Mutter von den Zeiten zu erzählen anfängt, wo sie bei Senator Rasmussen als Köchin in Stellung war. Er löste die Rätselei schließlich sehr einfach, indem er behauptete, Herr C. B. Johnen spinne. Denn

Weitere Kostenlose Bücher