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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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hatte nicht nur herausgefunden, wie man sich Zugang zur Ersten Sonne verschaffte, sie wusste auch, wie man die Störfelder zeitweise abschalten konnte. Während Chaison seine Schiffe über den Himmel der Falkenformation gejagt
hatte, war Venera zu einem vorher vereinbarten Zeitpunkt während eines Nachtzyklus in Candesce eingedrungen und hatte den Schalter umgelegt, mit dem das Feld gesteuert wurde. In dieser und nur in dieser einen Nacht hatten Chaisons Schiffe ihr Radar einsetzen können, um die Invasionstruppe der Falken zu überfallen und zu vernichten. Sobald Candesce anfing, sich den Schlaf aus den Augen zu reiben, hatte Venera den Schalter in die Ausgangsstellung zurückgebracht und die Sonne verlassen.
    Davon ging er jedenfalls aus. Sie hatten geplant, zu Hause in Slipstream wieder zusammenzutreffen. Doch Chaison war gefangen genommen worden, nachdem er sein Flaggschiff in das neue Schlachtschiff der Falken gebohrt hatte wie einen Dolch in die Flanke eines Monsters. Er konnte nur hoffen, dass Venera mehr Glück gehabt hatte und Candesce entronnen war.
    Er überlegte sich gerade, mit welchen Lügen und Halbwahrheiten er – getreu den Lehren der Admiralität – diese Männer abspeisen sollte, als vor dem Fenster etwas vorbeiflog. Er und der Reporter schauten hinaus, aber was immer es gewesen war, es war bereits wieder verschwunden. Wahrscheinlich ein Vogel oder einer von den tausend Arten fliegender Fische, die hier am Rand der Zivilisation durch die Wolken zogen.
    Auffallend war, dass auch der Blick des Besuchers zum Fenster huschte, er dann aber ziemlich laut sagte: »Nun, dann sollten wir jetzt allen Ernstes mit dem Verhör beginnen.«
    Der Reporter knurrte etwas und wandte sich der Wand mit den Folterwerkzeugen hinter dem Podest zu.
Diesen Augenblick nützte der Besucher, um Chaison unverhohlen zuzugrinsen.
    Und dann kniff er auch noch ein Auge zu.
    Â»Am meisten hasst er die Brandeisen«, überlegte der Reporter. »Leider ist der Ofen heute nicht in Betrieb. Wir könnten es mit …« Irgendwo in der Nähe gab es einen dumpfen Schlag, einen schweren Aufprall, den Chaison mehr spürte, als dass er ihn hörte. Ein leichtes Beben durchlief das Gebäude.
    Der Reporter zog die Stirn in Falten und drehte sich um. Im gleichen Moment schoss wieder etwas am Fenster vorbei. Ganz kurz nur hing ein verschwommener Strich am Himmel; dann knirschte es, Staub wirbelte auf, und der Strich verwandelte sich in eine dicke Eisenkette, die sich leicht zitternd quer über das Fenster spannte.
    Dem Reporter fiel die Kinnlade herunter. »Was ist denn das ?« Nun warf sein scheinbar so harmloser Besucher den Aktenordner beiseite und hielt plötzlich eine gefährlich scharfe Klinge in der Hand. Die stieß er dem Reporter mit einer sparsamen Bewegung, die lange Übung verriet, in den Rücken.
    Während der noch hektisch nach seinen Werkzeugen tastete und dabei zuckend, ohne einen Laut, sein Leben aushauchte, löste sein Mörder die Eisen, die Chaison an die Wand fesselten. »Er und seinesgleichen sind eine Schande für unseren Stand«, bemerkte er. »Was sie aus unserem Beruf gemacht haben, ist eine Teufelei. Dem Vernehmen nach hatten wir einmal die Aufgabe, dem Volk zu berichten, was wir in Erfahrung gebracht hatten. Ist das zu fassen? Also ziehen Sie meine Motive nicht in Zweifel. – Was nicht heißen soll,
dass ein kleiner finanzieller Anreiz bisweilen nicht hilfreich wäre.«
    Â»Was machen Sie da?«, fragte Chaison matt.
    Â»Ich dachte, das verstünde sich von selbst«, antwortete der Professor. »Als ich noch allein im Raum war, habe ich Ihre Fesseln gelockert. Ich zeige es Ihnen.« Er riss an einem der Riemen, und der löste sich aus der Wand. »Die offizielle Version wird lauten, Sie hätten sich das Chaos zunutze gemacht, um Kyseman zu töten. Nach allem, was sonst noch geschehen wird, glaube ich kaum, dass irgendjemand diese Behauptung allzu gründlich nachprüfen wird.«
    Kyseman. Der Name dröhnte Chaison in den Ohren. Er stieg vom Foltergerüst, rieb sich die Handgelenke. »Und was wird sonst noch geschehen?«
    Der Professor lächelte nur. »Gedulden Sie sich«, sagte er. Dann legte er beide Arme um das Podest.
    Von draußen war das unverwechselbare Knattern von Gewehrfeuer zu hören. Chaison eilte ans Fenster, und als er den Rahmen berührte, peitschte eine zweite Kette gegen

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