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1502 - Am Abgrund zur Hölle

1502 - Am Abgrund zur Hölle

Titel: 1502 - Am Abgrund zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Earl Digger stellte den Motor seines Baggers ab. Danach tat er zunächst mal nichts. Er blieb starr sitzen und stellte fest, dass sein Speichel bitter schmeckte. In Magenhöhe hatte sich ein Druck ausgebreitet, wie er ihn bisher nur selten erlebt hatte. In seinem Kopf tuckerte es. Er schwitzte und zitterte zugleich.
    Der Mann auf der Schaufel war eine Tatsache. Dabei hatte er noch Glück gehabt, dass die Zinken den Leichnam nicht erwischt hatten. Beim Ausheben waren sie unter seinen Körper gefahren und hatten ihn mitsamt dem Material in die Höhe gehoben.
    Er musste etwas unternehmen. Das Sprechfunkgerät nehmen und den Kollegen Bescheid geben. Das wäre normal gewesen. Komischerweise kam ihm das nicht in den Sinn. Er wurde von der verrückten Idee angetrieben, sich den Fund erst einmal genauer anzusehen.
    So kletterte Earl Digger aus seinem Bagger und ging die wenigen Schritte auf die Schaufel zu. In seinem Magen rumorte es weiter. Er zitterte leicht, als er durch die alte Kohlegrube schritt. Die Schutthalden umgaben ihn wie erstarrte Wellenberge. Das Gelände sollte eingeebnet werden. Was hier genau entstehen sollte, darüber stritten sich die Verantwortlichen noch. Jedenfalls sollte es so etwas wie ein Freizeitpark oder eine Vergnügungsstätte werden, die Menschen anlockte.
    Ein Anfang war gemacht. Er hatte einen Menschen aus der Erde gewühlt. Nur war das ein Toter und keine lebende Person, aber darüber wollte er nicht nachdenken. Er musste sich den Mann aus der Nähe anschauen. Das war wie ein Zwang, denn etwas hatte ihn beim ersten Hinschauen gestört.
    Er wunderte sich darüber, dass der Leichnam noch so gut aussah.
    Eigentlich hätte der Körper längst vermodert sein müssen, da er so lange unter dem Abraum gelegen hatte.
    Dicht vor der Schaufel hielt Earl Digger an. Er senkte den Blick und schrak leicht zusammen, denn es war ein Geruch in seine Nase gestiegen, mit dem er nicht gerechnet hatte.
    Wie alte Leichen rochen, das war ihm schon bekannt. Aber dieser Gestank hier, der warf ihn fast um. Er war einfach anders, so roch keine normale Leiche. Es war der Geruch nach Gasen, den er schnüffelnd aufnahm, und dann wusste er Bescheid.
    So stanken Schwefelgase. Ein wenig nach faulen Eiern, einfach nur widerlich.
    Der Baggerführer stand vor einem Problem. Damit hatte er nicht gerechnet. Er spürte den Geruch sogar auf seiner Zunge und tiefer im Mund, und er hatte plötzlich das Gefühl, sich vorbeugen zu müssen, um zu sehen, was mit der Gestalt geschehen war. Er war sicher, dass mit ihr etwas nicht stimmte.
    Seine Haltung war steif. Die flachen Hände lagen auf seinen Oberschenkeln, als er sich noch weiter vorbeugte, um möglichst viel erkennen zu können.
    Es traf ihn wie ein Schlag.
    Der Mund des Leichnams hatte sich bewegt!
    Digger wollte weg. Das war die eine Seite. Auf der anderen wiederum wollte er bleiben und herausfinden, was hier wirklich los war. Er hatte sich bisher darüber gewundert, wie wenig verändert das Gesicht des Mannes gewesen war. Für ihn war das nicht normal. Hier musste etwas Ungewöhnliches passiert sein.
    Er schaute genau nach.
    »Nein«, flüsterte er, »das kann nicht sein.« Die Augen hatten sich ebenfalls bewegt, und allmählich glaubte Earl Digger daran, keinen klaren Verstand mehr zu haben.
    Aber es kam noch schlimmer.
    Die Lippen zuckten nicht nur, sie öffneten sich sogar, und im nächsten Moment hörte Digger eine tiefe Stimme.
    »Aus der Hölle - ich komme aus der Hölle…«
    Für Earl Digger brach in diesem Moment eine Welt zusammen. Er war nicht mehr fähig, etwas zu tun. Sein Gesicht war völlig starr geworden, und er fragte sich, ob er noch normal war oder dabei war, dem Wahnsinn zu verfallen.
    Der Tote hatte gesprochen! Und er hatte ihm sogar erklärt, woher er kam. Das war für Earl Digger wie ein Faustschlag ins Gesicht gewesen, der ihn mit voller Wucht erwischt hatte. Er stand zwar auf den Beinen, doch er hatte zugleich das Gefühl, zusammenbrechen zu müssen. In seinem Kopf drehte sich alles. Die Knie fingen an zu zittern, sie wurden so verdammt weich, und er hatte Mühe, normal stehen zu bleiben.
    Sein Gesicht war blass geworden, und der feine Staub, der immer in der Luft lag, kam ihm vor wie ein feuchter Nebel, der sich auf seiner Gesichtshaut festgesetzt hatte.
    Earl Digger hatte in seinen fünfundvierzig Jahren schon viel durchgemacht. Dieses Erlebnis aber schlug alles. Ein sprechender Toter, eine Gestalt, die unter Gestein begraben gewesen war, konnte

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