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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Seneschall schob sich an Chaison heran. Sein Gesicht war wie erstarrt.
    Zwischen Chaison und Antaea hielt er inne und sagte gerade so laut, dass beide es hören konnten: »Wenn er schießt, Augen zu.« Chaison beobachtete, wie Antaea den Seneschall anschaute. Fassungsloses Staunen malte sich in ihren Zügen. Er musste lachen.
    Â»Still«, fauchte Kestrel. »Du verdirbst noch alles.«
    Â»Du hast also meine Nachricht erhalten?«, murmelte er. Kestrel beachtete ihn nicht. Seine Augen waren unverwandt auf Sempeterna gerichtet.
    Â»Und … jetzt«, rief Slipstreams Monarch und zog den Abzug des Raketenwerfers durch. Es rauschte heftig, und ein Funkenregen ging auf ihn nieder. Chaison schloss die Augen.

    Das Licht traf ihn sogar durch die geschlossenen Lider wie ein Schlag ins Gesicht. Überraschte und bestürzte Ausrufe von allen Seiten begleiteten die rasch aufeinanderfolgenden Blitze. Gleich darauf legte sich eine Hand auf Chaisons Arm, und Kestrel rief: »Hier entlang!«
    Chaison schlug die Augen auf. Bis auf ihn und Antaea rieben sich alle die Augen. Sie beide sprangen wie auf ein Stichwort auf das Bike zu. Chaison packte es und wollte sich in den Beifahrersattel schwingen, aber Antaea kam schon von der anderen Seite. Sie wich zurück. Chaison knurrte, packte sie an den Kragenaufschlägen ihrer Jacke und zog sie zu sich heran. »Festhalten! «, schrie Kestrel und drehte den Gasgriff voll auf.
    Der röhrende Bike-Motor übertönte die verwirrten Stimmen der Geblendeten. Doch bevor sie drei Meter weit gekommen waren, krachte ein Schuss und gleich darauf ein zweiter. Chaison drehte sich um und suchte nach den Schützen.
    Der Pilot rieb sich fluchend die Augen, und den meisten seiner Leibwächter erging es ebenso – aber nicht allen. Drei hatten pflichtschuldig nach Gefahren aus anderen Richtungen Ausschau gehalten und waren so diszipliniert gewesen, auch nicht heimlich nach dem Schuss des Piloten zu schielen. Diese drei feuerten jetzt mit ihren Repetiergewehren auf das Bike.
    Dennoch schaffte der kleine Jet gut zwanzig Meter, bevor etwas seine Propeller traf. Das Bike kreischte auf, rülpste eine schwarze Rauchwolke aus und geriet ins Trudeln. Die drei Flieger hielten sich krampfhaft fest. Ihre nach außen gestreckten Beine bildeten einen dreizackigen
Stern. Dennoch stürzten sie mehr oder weniger hilflos geradewegs auf die Trennung zu.
    Â»Was hat er vor?«, rief Antaea. »Will er uns auf das Schiff bringen?«
    Kestrel verzog das Gesicht. »Ich hielt den Plan unter diesen Umständen für ziemlich gut. Verdammt! Ich dachte, die Gardisten wären zu neugierig, um in diese Richtung zu schauen.«
    Antaea lachte schallend. »Und was jetzt? Sollen wir loslassen?«
    Â»Festhalten!« Wieder pfiffen ihnen die Kugeln um die Ohren. Die ganze Stadt hatte die Pantomime des Piloten beobachtet und wusste genau, wo sie hinzusehen hatte, als er seine Rakete abfeuerte. An dieser Stelle war Chaison von vornherein ein verzweifeltes Wagnis eingegangen. Selbst wenn fast alle Zuschauer durch die Blitzbomben geblendet wurden, die Kestrel anstelle von Sprengkörpern unter dem Schwärmer angebracht hatte, war »fast alle« eben nicht gut genug.
    Â»Was ist mit dem Rest meines Plans?«, fragte er.
    Kestrel nickte. »Soviel ich weiß, ist alles auf gutem Weg.«
    Â»Was für ein Plan?« Antaea starrte die beiden entsetzt an. »Was habt ihr getan?«
    Â»Ich hatte Anweisung, die Anbringung von Sprengkörpern unter dem Schwärmer zu überwachen«, erklärte Kestrel. »Nachdem der erste Technikertrupp die Ladungen gesetzt hatte, gab ich ihm einen anderen Auftrag und schickte ihn fort, dann schickte ich einen zweiten Trupp mit der Anweisung hinauf, die Bomben wieder zu entfernen, und schließlich den königlichen
Feuerwerkertrupp, der dann die Blitzbomben platzierte. Eigentlich ganz einfach.«
    Chaison schaute zum Palast zurück. Der Schwärmer hockte immer noch an der gleichen Stelle. Aus dem Dach quoll eine dichte schwarze Rauchspirale, die vom Rotationswind verteilt wurde. Überall klafften Löcher, und Gesimse waren abgesplittert. Die Raketen mit den sorgfältig eingestellten Zeitzündern, die den Schwärmer erledigen sollten, waren alle am Ziel vorbeigegangen, weil das Monster nicht wie geplant vom Dach gesprengt worden war. Die Fehlschüsse hatten meistens den Palast selbst getroffen.
    Er lachte.

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