Segel der Zeit
nichts vor.«
Der Mann schob einen Servierwagen in den Raum. »Es ist leider nur ein kaltes Buffet, aber ich habe auch Saft aus Orangen von den eigenen Bäumen des Piloten. «
Chaison nickte höflich. Dann schloss sich die Zellentür, und das Verhalten des Mannes veränderte sich radikal. »Essen Sie alles auf«, befahl er. »Wenn wir Sie hier rausbringen sollen, brauchen Sie Ihre Kräfte.«
»Können Sie das wiederholen?«
»Passen Sie auf, wenn man Sie erst ins normale Gefängnis verlegt« â der Diener und zeigte nach unten â, »kommen Sie nie mehr weg. Wir haben ohnehin nur ein schmales Zeitfenster. Können Sie kämpfen?«
»Ich bin gut in Form.« Chaison starrte ihn an. »Für wen arbeiten Sie? Sie haben einen ausländischen Akzent. «
Der Diener verbeugte sich. »Gastony Mayfare, ehemals zu Oxorn gehörig, stehe zu Diensten. Für wen ich arbeite, ist nicht so einfach zu beantworten. Wir stehen Ihrer Sache wohlwollend gegenüber.«
»Wer ist âºWirâ¹?«
»Wir verdanken unser Leben der Fürsprache der edlen Amandera Thrace-Guiles«, erklärte Mayfare in salbungsvollem Ton. »Die Dame möchte Sie gern in Sicherheit bringen.«
»Noch nie von ihr gehört.« Was nicht heiÃen sollte, dass er ein Hilfsangebot aus noch so zweifelhafter Quelle ablehnen würde.
Mayfare packte den Admiral unsanft am Arm und führte ihn vor einen Spiegel. Dann hielt er verschiedene Schminketuben an sein Gesicht und wählte rasch Grundierung, Rouge, Augenbrauenstift und Puder. Aus einer Innentasche seiner Jacke förderte er eine Perücke zutage. »Sie sollen so aussehen wie ich«, sagte er. »Wir tauschen die Kleider, und â¦Â«
Chaison lachte laut auf. »Ist das der Plan? Meinen Sie, wenn ich aussehe wie Sie, kann ich ungehindert hier hinausspazieren? Halten Sie die Leute hier für verrückt? Oder für Dummköpfe?«
Mayfares Miene verdüsterte sich. »Es ist jedenfalls der einzige Plan, den wir haben. Greifen Sie zu, oder lassen Sie es bleiben.«
»Selbst wenn ich diese Zelle verlassen könnte, käme ich niemals aus dem Palast hinaus«, gab Chaison zu bedenken. »Sicherlich hat man an jedem möglichen Ausgang einen Mann postiert, und der Luftraum um den Palast wird von Gewehrschützen überwacht.« Mayfare wollte protestieren, doch dann schlug er die Augen nieder und nickte. »Wir lassen es also bleiben«, entschied Chaison. »Ich will nicht, dass Sie ganz umsonst Ihre Freiheit aufgeben.«
»Aber was wollen Sie tun?« Mayfare klang frustriert; Chaison hatte den Verdacht, dass er darauf brannte zu
handeln, seit man ihn mit Erfolg in den Palast eingeschleust hatte. »Wir können nicht einfach die Stunden abzählen, bis man Sie hängt!«
»Da bin ich wahrhaftig ganz Ihrer Meinung.« Chaison begann abermals auf und ab zu marschieren. »Zuallererst muss ich wissen, wer Sie sind und was in der Stadt vorgeht. Wer sind die Mitspieler? Wen werden die Zivilisten unterstützen? Wen hassen sie? Wer will in all dem Chaos nach der Macht greifen?«
Mayfare lieà sich nicht lange bitten. Chaison erfuhr, dass er zu einer Gruppe von Ausländern gehörte, Emigranten von einem Habitatrad namens Spyre, das zerstört worden war. Sie waren von der geheimnisvollen Amandera Thrace-Guiles, die sich zu ihrer Schutzherrin erklärt hatte, gerettet und nach Rush gebracht worden. Diese Dame war offenbar fest entschlossen, den Piloten zu stürzen, Mayfare konnte und wollte allerdings nicht sagen, aus welchem Grund.
Wenn man Mayfare glauben konnte, hatte Thrace-Guiles Beziehungen nicht nur zu den Aerie-Rebellen, sondern auch zur Admiralität. Sie könnte sehr nützlich werden.
Während Mayfare noch die Stimmung in der Stadt und die Einstellungen der verschiedenen Konfliktgruppen beschrieb, entwarf Chaison bereits verschiedene Manöver, die diese oder jene Gruppe durchziehen könnte. Es war wie ein Zwang â die tief verwurzelte Angewohnheit des Taktikers, im Geiste das Spielbrett umzudrehen und sich in den Gegner hineinzuversetzen. Auch wenn er nichts mehr tun konnte, um Einfluss auf die Entwicklung zu nehmen, er konnte dem Drang, so zu planen, als wäre er noch Befehlshaber einer Flotte, nicht widerstehen.
Vielleicht könnte er ja wieder ein Kommando â¦
Chaison holte tief Atem und traf eine Entscheidung. Vielleicht
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