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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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aber er wusste nicht, wohin er sich wenden sollte. Er sah sich um und suchte nach etwas, das einfach da sein musste.
    Schreie und Schüsse – jemand stürmte an ihm vorbei. Er sah den Blick in Sempeternas Augen – o nein, das wagst du nicht! –, als einer der Gardisten sich auf ihn stürzen wollte. Dann sprang Slipstreams Souverän beiseite und suchte Deckung hinter einer Säule.
    Die Männer, die eben die Stange vor die Türen gelegt hatten, fielen reihenweise unter den Kugeln, die fünf Meter weiter oben von der Galerie abgefeuert wurden. Die Katamarane oder Bikes, die den Trupp in diesen Hinterhalt befördert hatten, waren nirgendwo zu sehen; nachdem sie durch die Fenster des leeren Saales gebrochen waren und ihre Passagiere ausgespuckt hatten, waren sie vermutlich wieder hinaus ins Freie gerast.
Die Eindringlinge hatten sich dann auf der Galerie versteckt.
    Chaison hatte darauf gebaut, dass Sempeterna in diesen Teil des Palastes zurückkehren würde. Hier lagen die königlichen Privaträume, und hier endete auch der Fahrstuhl zum Schwimmbad. Das Glück war ihm endlich doch hold gewesen.
    Jetzt hatten sich alle Gardisten zum Piloten hinter die Säule geflüchtet. Chaison schickte sich an, die Treppe zur Galerie hinaufzulaufen, doch da hörte er, wie hinter ihm mit lautem Klicken Waffen gespannt wurden. Er sah sich um. Mindestens fünf Läufe waren auf ihn gerichtet. Der Trupp auf der Galerie konnte ihm aus diesem Winkel keinen zuverlässigen Feuerschutz geben, Chaison stand allein im Zentrum, er war den Männern des Piloten schutzlos ausgeliefert. Mit einem lästerlichen Fluch hob er die Hände und kehrte zu ihnen zurück. Die Schüsse verstummten.
    Natürlich waren seine Leute auf der Galerie gewesen. Er hätte sofort beim Betreten des Raumes dorthin laufen sollen.
    Â»Chaison?« Der Pilot stand vor der Wand und presste den Rücken fest gegen eine Säule. »Sind das Ihre Leute?« In seinen Augen flackerte es. Das Kreischen des Windes war etwas abgeflaut, und man hörte, dass die Türen der Halle unter schweren Schlägen erbebten.
    Â»Das ist mein Element«, schrie Chaison zurück. »Das Chaos. Ja, ich habe es ausgelöst. Aber das heißt nicht, dass ich es nicht beherrsche.« Ich klammere mich einfach fest und lasse mich mittragen, dachte er. Hoffentlich war das genug.

    Sein kurzes Zögern vorhin hätte ihn jedoch beinahe das Leben gekostet. Der Gardehauptmann winkte ihn zu sich und setzte ihm seine Pistole an die Schläfe. Dann sah er Sempeterna fragend an. Der überlegte kurz und schüttelte schließlich den Kopf.
    Â»Ihr da oben auf der Galerie!«, rief er. Der tosende Wind verzerrte seine geschulte Stimme, konnte sie aber nicht übertönen. »Wir haben euren Admiral. Ergebt euch, oder wir erschießen ihn!«
    Lange Zeit herrschte Schweigen. Dann kamen – kaum hörbar – die Worte: »Dann erschießen wir Sie.«
    Chaison spürte den Pistolenlauf dicht neben seinem Ohr. Das kalte Metall zuckte nervös hin und her.
    Der Pilot rollte die Schultern, stieß einen genau berechneten tiefen Seufzer aus und starrte eine Weile ins Leere. Dann wandte er sich an Chaison. »Wir brauchen sie nur so lange in Schach zu halten, bis meine restlichen Männer die Türen aufgebrochen haben«, sagte er. »Das dürfte nicht allzu lange dauern. Wenn sie sich danach nicht ergeben, sind sie des Todes.«
    Chaison warf einen Blick auf die Türen. Sempeterna hatte Recht. Die Gardisten im Warteraum hatten die Schüsse hier drinnen gehört und rannten mit aller Kraft gegen die Türen an. Die würden diesem Ansturm trotz ihrer Panzerung nicht lange standhalten.
    Er warf einen sehnsüchtigen Blick auf die zerbrochenen Fenster. Sie waren zu weit entfernt. »Nun gut«, sagte er. »Lassen Sie uns zu einer Einigung kommen. Dann können wir gemeinsam hinausgehen und uns vor den Augen der Stadt die Hände reichen. Sie bleiben Pilot, und mich können Sie meinetwegen in die Verbannung
schicken, solange Sie die Besatzung der Trennung verschonen.«
    Sempeterna wandte kurz den Blick ab. »Was ist mit den Falken?«, fragte er dann.
    Â»Die werden gerade von den Gretel überrannt, falls Ihnen das entgangen sein sollte. Ich glaube kaum, dass wir von ihnen noch etwas zu befürchten haben.«
    Â»Das stimmt …« Sempeterna nickte nachdenklich. Endlich sagte er.

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