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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Richards Hand. Als sie ihn zu sich herangezogen hatte, drehte sie den Lenker und steuerte das Bike auf die beiden anderen Männer zu.
    Â»Ich habe ihnen eines ihrer Triebwerke weggeschossen, aber das wird sie nicht lange aufhalten.« Die Stimme war eindeutig weiblich, aber Chaison hatte kaum Zeit, sich die Frau anzusehen, bevor sie den Motor hochjagte. Er suchte irgendwo Halt, fand einen Metallring an der Seite der Bike-Tonne und hängte sich mit einer Hand daran. Der Jet heulte auf, und sie schossen von der Gießerei weg.
    Zehn lange Minuten rasten sie durch Wolken und pechschwarze Luft. Chaison hatte genug zu tun, bei dem heftigen Gegenwind den Halt nicht zu verlieren. In der Ferne blinkten kleine Lichter am Himmel, einzeln oder in funkelnden Kreisen, wenn sie radförmige Habitate beleuchteten. Es wäre eine wunderschöne Nacht gewesen, aber Chaison war völlig erschöpft, seine überanstrengten Muskeln schmerzten, und er hatte Angst.
    Weit unter ihnen kündigte ein unregelmäßig pulsierendes Rot den heraufziehenden Morgen an, als Richard Reiss schließlich das Bike losließ und zurückblieb. Sofort drosselte die unbekannte Pilotin den Motor und steuerte im Bogen zurück. Richard stand mit verschränkten Armen in der Luft.
    Â»Hören Sie mal!«, empörte er sich. »Was sollen wir um unserer Freiheit willen noch alles erdulden?« Hinter ihm leuchteten die Wolkenausläufer im Schein der ersten Sonnenstrahlen rosarot. Er schwebte davor wie
die Karikatur eines Engels. »Ich verlange eine Pause!«, fuhr er fort. »Und eine Erklärung! Wer sind Sie? Sind Sie in unser Gefängnis eingebrochen?«
    Chaison kletterte von der Seite auf das ziellos treibende Bike. Die schlanke Pilotin trug eine Jacke aus Haifischhaut und einen Fliegerhelm, den sie nun abstreifte. Chaison hörte, wie Darius überrascht aufstöhnte.
    Ihre Augen waren sehenswert: riesige blaue Ovale, neben denen Nase und Mund geradezu winzig wirkten. Eine schwarze Pagenfrisur bildete den Rahmen für dieses außergewöhnliche Gesicht.
    Darius fluchte. »Ein Wintergespenst!«
    Die Frau grinste breit. Ihre Zähne blitzten. »Ich bin noch sehr viel mehr als das.« Sie lachte. Sie hatte eine selbstbewusste, kräftige Altstimme.
    Das Bike war Richard jetzt so nahe, dass er nur den Arm auszustrecken und Chaisons Hand zu fassen brauchte. Der Admiral zog ihn zu sich heran, bis auch der Ring an der Tonne wieder in seiner Reichweite war.
    Â»In diesem Schlepper saßen doch wohl nicht Sie?«, fragte er.
    Sie zögerte, dann lächelte sie breit und nickte. »Nicht schlecht, was? Aber dann habe ich Sie in dem ganzen Chaos verloren. Auf das Bike bin ich umgestiegen, weil es schneller ist.«
    Richard und Darius machten unverhohlen skeptische Gesichter, aber Chaison streckte ihr die Hand hin. »Dann möchte ich Ihnen vielmals dafür danken, dass Sie sich für uns in so große Gefahr begeben haben. Mein Name ist Chaison Fanning, Admiral von Slipstream. Und das hier sind Darius Martor und Richard Reiss.«

    Vielleicht hatte sie ihn belogen – aber seine eigene Frau hatte schon tollere Husarenstücke abgeliefert. Er würde – noch – keine Wette darauf eingehen, dass sie nicht die war, als die sie sich ausgab.
    Â»Sehr angenehm«, sagte sie. Sie hatte einen kräftigen Händedruck.
    Â»Aber warum haben Sie sich unseretwegen in Gefahr begeben?«, fragte Darius ohne Umschweife.
    Â»Weil ich«, antwortete sie und jagte erneut den Motor hoch, »Antaea Argyre heiße und als Kundschafterin für den Heimatschutz Virga tätig bin.«
    Bevor Chaison darauf etwas erwidern konnte, hatte sie den Gasgriff voll aufgedreht, und sie schossen davon.

3
    Â»Fragen über Fragen«, lachte ihre Ret terin , als sie eine Stunde später endlich anhielten. Inzwischen war es vollends Tag geworden, dennoch hatte Chaison keine Ahnung, wo sie sich befanden. Der diesige Himmel war übersät mit Farmen und kugelförmigen Obstplantagen wie mit grünen Wolken, dazwischen mischte sich hin und wieder ein quaderförmiges Gebäude, und zwischen den Habitaträdern spannte sich ein Netz aus kilometerlangen Seilen, die als Straßen dienten. Sie waren tiefer ins Innere der Falkenformation geflüchtet, anstatt in den sonnenlosen – und leeren – Winter. Eine überraschende Wendung.
    Antaea Argyre hatte eine ledergeschützte große Zehe in

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