Sehnsucht der Dunkelheit (German Edition)
»auf der Jagd«, gestand sie sich ein, dass ihr hier keine gekühlten Getränke serviert und sich auch nirgendwo saftige Beeren zum Pflücken anbieten würden. Auf den Bäumen wuchsen nirgendwo köstliche Steaks, und es wartete auch keine Eiskrem darauf, von ihr geerntet zu werden.
Mist.
Schon halbwegs im Delirium, murmelte sie: »Ich hasse diesen Ort.«
Das war alles nur Slaines Schuld. Er musste ja unbedingt bei ihrem Anblick durchdrehen. Weil er sie in die Flucht geschlagen hatte, waren ihr Durst sowie jede einzelne Blase an ihren Füßen seine Schuld. Dixon hatte vollkommen recht gehabt mit ihrer Beschreibung: brutal, dreckig und ernsthaft gestört. Ich kann den Kerl ums Verrecken nicht ausstehen!
Die weltgewandte Carrow sollte überhaupt nicht an einem solchen Ort sein und wäre es auch nicht, wenn er nicht existieren würde. Sie hob die schmutzigen Hände und zog einen Zweig aus ihrem zerzausten Haar.
Mist, Mist, Mist.
Ihr klobiger Ring saß schon ganz locker an ihrem Finger. Die harsche Hafergrützendiät des Ordens hatte ihrem zuvor göttinnengleichen Körper übel mitgespielt. Mit einem erschöpften Seufzer ließ sie die Hände wieder sinken und blickte auf ihren Smaragdring, der ein Geschenk von Carrows Eltern zu ihrem zwölften Geburtstag gewesen war. Kurz danach hatten sie sie allein in Andoain zurückgelassen.
Jahre später hatte ihr Vater sie dort ein Mal besucht, um sie ins College zu bringen. Als er wieder gegangen war, hatte er ihr geistesabwesend den Kopf getätschelt. »Schick uns deine Zeugnisse, dann werden wir dir weiterhin Geld zukommen lassen.«
Als sie das Studium abgebrochen hatte, weil während der Abschlussprüfungen auf dem Campus eher wenig Fröhlichkeit herrschte, hatte sie ihren Eltern geschrieben, anstatt ihnen ein Zeugnis zu schicken. Darin stand: »Wenn ihr euch tatsächlich die Zeit nehmt, dies zu lesen, dann fahrt zur Hölle und steckt euch euer Geld sonst wohin.«
Der nächste Scheck war pünktlich eingetroffen.
Ich würde Ruby nie so behandeln, wie sie mich behandelt haben.
Auf diese Weise an den Grund ihres Hierseins erinnert, versuchte Carrow sich einen Schlachtplan zurechtzulegen.
Nachdem dieser Dämon eindeutig unzurechnungsfähig war, durfte sie sich ihm nicht nähern, geschweige denn mit ihm kommunizieren. Der Plan des Ordens – Hexe lockt Vämon ins Portal – war einfach lächerlich.
Sie runzelte die Stirn. Hatten diese Sterblichen gewusst, dass sie Slaines Gefährtin war? Aber wie sollte das möglich sein? Es sei denn, sie hätten ein Orakel oder einen unsterblichen Spitzel, der sie mit Informationen versorgte.
Vielleicht war das ja der Grund, warum sie sich ausgerechnet Carrow für diese Operation ausgesucht hatten. Sie waren schließlich nicht einfach zufällig auf sie gestoßen und hatten sich überlegt: Ach, die Kleine könnten wir doch mal kidnappen . Sie hatten sie aus dem Gefängnis geholt, und wenn der Orden davon gewusst hatte, dann konnte sie ihnen mit Gewissheit nicht trauen.
Trotzdem musste sie ihren Job erledigen und davon ausgehen, dass sie sie freilassen würden. Wieder überlegte sie: Was wollen die bloß mit zwei unbedeutenden Hexen?
Abgesehen davon hatte Carrow nach wie vor keine Ahnung, wo sich ihre Insel befand. Der Orden brauchte also nicht zu fürchten, dass sie irgendjemanden zu ihrer Anlage führen könnte. Denn dazu war sie nicht in der Lage.
Mariketa andererseits …
Eins stand jedenfalls fest: Sie musste den dämlichen Plan des Ordens noch mal gründlich überarbeiten. Wenn die sich einbildeten, dass irgendwer Slaine kontrollieren konnte, täuschten sie sich gewaltig. Sie waren ja nicht mal in der Lage, Slaines ungeheure Stärke realistisch einzuschätzen. Selbst eine Unsterbliche wie sie war davon schockiert gewesen.
Carrow hob die Hand und berührte die abheilende Bisswunde an ihrem Hals. Jetzt erst begriff sie vollends, dass Malkom Slaine ihr Blut getrunken hatte. Diese Handlung könnte Folgen haben, die so riskant waren, dass sie es in diesem Augenblick nicht ertrug, darüber nachzudenken.
Der Dämon könnte nun sogar noch gefährlicher sein, als sie es sich je hätte vorstellen können.
Malkom riss dem letzten Ghul den Kopf ab, während er sich bereits nach dem nächsten Wesen umsah, das er töten könnte.
Sieben Ghule hatte er in dieser Nacht vernichtet. Und immer noch keine Spur von ihr. Er verspürte nach wie vor das heftige Verlangen, sich mit ihr zu paaren, aber noch etwas anderes, ein unvertrautes Gefühl,
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