Sehnsucht der Dunkelheit (German Edition)
einzelnen vampirischen Wesenszug in sich zu tilgen, seine Adern vom Blut des Vizekönigs reinigen und wieder der sein, der er zuvor gewesen war.
Oder er würde die Sonne begrüßen. Malkom runzelte die Stirn. Würde das einen Scârb ˘a töten?
»Nur für die Rache leben?«, sagte Kallen. »Sag mir, wird das genug sein?«
Was sollte er auf diese Frage antworten, wenn Malkoms eigene Träume ihm jetzt so lächerlich erschienen?
Er hatte sich ein Heim gewünscht, das zu verlassen ihn niemand zwingen konnte. Er hatte sich so viel Nahrung und Wasser gewünscht, wie er nur zu sich nehmen konnte. Doch mehr noch als alles andere hatte er sich insgeheim danach gesehnt, wie Kallen respektiert zu werden, ein Edelmann zu sein wie er, in dessen Adern weitaus besseres Blut floss als in seinen eigenen.
Malkoms einziges Glück war, dass niemals jemand herausgefunden hatte, wie sehr er sich danach sehnte, adelig zu sein. »Dann lebe für die Frau, die das Schicksal dir bestimmt hat«, drängte er Kallen. »Sie wird dich akzeptieren. Sie muss.«
»Ist es das, wonach du dich sehnst, Malkom? Nach der Frau, die dir bestimmt ist?«
»Ich habe diesbezüglich keine Erwartungen.« Was sollte er denn mit einer Frau anfangen? Er brauchte keine Nachkommen, damit sein edles Geschlecht fortbestand, keine Söhne, die mit ihm in den Wasserminen arbeiteten.
»Nicht? Aber warum hast du dir dann nie eine Dämonin aus den Lagern geholt?«
Malkoms Blick wich Kallens aus. Er hatte nie eine Frau gekannt. Es gab Frauen, die der Armee folgten und käuflich waren, aber Malkom war nie zu einer von ihnen gegangen. Ganz gleich, wie sehr ihn sein Verlangen auch drängte, ganz gleich, wie heiß seine Neugier auch brannte, er war körperlich nicht dazu in der Lage.
Sie rochen nach anderen Männern und erinnerten ihn an seine Kindheit. Nichts löschte seine Gelüste effektiver aus als der Geruch von Samenflüssigkeit.
Also hatte er jeden Gedanken an Frauen aus seinem Kopf verbannt. Als Junge hatte er sich dazu erzogen, nicht von Nahrung zu träumen. Dieselbe Disziplin hatte er später dazu genutzt, um seine Sexfantasien zu unterdrücken.
Schließlich antwortete Malkom: »Weil der Krieg für mich alles war … «
Der Vizekönig translozierte sich in ihre Zelle. Seine Augen leuchteten zufrieden auf. »Nach meinem Ebenbild neu geschaffen«, sagte er. Der Vampir war nicht schockiert, dass das Ritual funktioniert hatte, ganz im Gegenteil, er platzte beinahe vor Stolz. Wie viele Vämonen hatten sie hier wohl schon erschaffen? »Und das ist erst der Anfang. Spürt ihr schon den Durst? Er ist uns so heilig wie der Tod.« Sein Blick fiel erst auf Kallen, dann auf Malkom. »Nur wer tötet – oder seinen Durst stillt – , wird diese Zelle lebend verlassen.«
Gerade als Malkom die Muskeln anspannte, um anzugreifen, verschwand der Vizekönig.
Als ihm nach einer Weile klar geworden war, was der Vampir ihnen hatte sagen wollen, und er seine Stimme wiedergefunden hatte, sagte Malkom: »Wir werden nicht gegeneinander kämpfen.« Sie wussten beide, was er mit kämpfen meinte: trinken oder töten . »Ich werde nicht gegen meinen Bruder kämpfen.« Aber wenn jemand freikommen sollte, dann war es Kallen. Er ist alles, was gut ist.
»So wenig wie ich«, schwor Kallen.
»Wir werden es nicht tun«, wiederholte Malkom, während er sich gleichzeitig fragte, ob er damit Kallen überzeugen wollte – oder sich selbst.
Drei Wochen später …
Malkom stand vor dem Gitter und verschwendete wertvolle Energie damit, sich auf den Beinen zu halten, doch er würde sich keinesfalls geschlagen geben und hinlegen.
Ein Tag nach dem anderen verging, ohne Essen, Wasser oder – die dunklen Götter mögen uns beistehen – Blut. Sein Durst wurde von Stunde zu Stunde schlimmer, seine Fänge pulsierten so heftig, dass er leise vor sich hinweinte. Er hatte sich bereits dabei erwischt, wie er Kallens Hals anstarrte, dessen Haut ihn aufs Schrecklichste verlockte. Und einige Male hatte Malkom Kallens Blick auf seinem eigenen Hals bemerkt.
Noch nie hatte er einen solchen Hunger verspürt. Letzte Nacht hatte Malkom gewartet, bis Kallen in einen unruhigen Schlaf gesunken war. Dann hatte er die schmerzenden Fänge tief in seinen eigenen Arm gerammt und gesaugt, zutiefst angewidert, wie wohlschmeckend er es fand. Wie köstlich, was für ein Genuss …
Endlose Tage vergingen, in denen ihre Körper dahinwelkten, ohne zu sterben. Zur Untätigkeit verdammt, ohne Schlachten, die geschlagen werden
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