Sehnsucht der Dunkelheit (German Edition)
plötzlich. »Es gibt etwas, worüber ich mit euch reden möchte.«
Inzwischen hatte Malkom begonnen, ihre Worte tatsächlich zu verstehen, da immer mehr seiner früheren Kenntnisse des Anglischen wieder in ihm wachgerufen wurden. Mit jeder Minute erinnerte er sich an mehr.
»Ich möchte nach Andoain gehen.«
Ihr Vater antwortete, ohne Carrow auch nur einen Blick zu gönnen. »Wir werden dieses Thema nicht noch einmal mit dir diskutieren. Du kannst nicht auf die Hexenschule gehen, weil du noch keine Kräfte besitzt. Außerdem ist sie nur für gewöhnliche Leute.«
Hexenschule? Seine Gefährtin war also eine Hexe, eine Channa . Also erwiderte sie seine Gefühle nicht zwangsläufig, nur weil das Schicksal sie für ihn bestimmt hatte.
»Dann werde ich mit einem Piraten ausreißen«, sagte Carrow. Ihre Eltern erwiderten nichts. »Ich werde von einer Brücke springen und euch eurer einzigen Erbin berauben. Das ist doch der Grund, warum ich auf der Welt bin, stimmt’s? Weil ihr einen Erben braucht? Ich kann mir jedenfalls keinen anderen Grund … «
In diesem Augenblick schnippte Carrows Vater mit den Fingern, und sofort packten zwei ähnlich gekleidete Frauen seine Tochter unter den Achseln.
Während sie fortgeschleppt wurde, schrie Carrow ihren Eltern zu: »Seht mich an, seht mich an, seht mich an ! Was stimmt bloß nicht mit euch?« Ihre Stimme brach. »Was stimmt nicht mit mir ?«, fragte sie schluchzend.
Malkom schreckte aus dem Schlaf hoch, aufgewühlt. Seltsamerweise fühlte er sich, als müsste er dringend etwas erledigen, bevor es zu spät wäre.
Ich möchte wiedergutmachen, wie sie sie behandelt haben. Sie war am Boden zerstört gewesen, vollkommen verzweifelt. Meine Gefährtin – ignoriert, verletzt.
Er drehte sich auf den Rücken und drückte ihre schlafende Gestalt an seine Seite. Mit einem Seufzen schmiegte sie sich dicht an ihn, und er zog sie fest an seine Brust. Ihr Körper passte sich perfekt an seinen an.
Er hatte nie eine Familie gehabt. Ihre Familie hatte sie nicht verdient. Dann werden wir eben eine Familie sein.
Nichts wird mich je wieder von ihr trennen . »Carrow ist mein«, sagte er mit heiserer Stimme zu ihr.
Es vergingen einige lange Momente, ehe ihm bewusst wurde, dass er ihre Sprache gesprochen hatte.
21
H-e-i-m. Mit einem Stock schrieb der Dämon die Buchstaben sorgfältig in den Sand.
»Das ist perfekt, Malkom.« Er ignorierte ihr Lob und grummelte vor sich hin, aber sie merkte doch, dass er sich freute.
Drei Abende zuvor hatte er diesen Stock ergriffen, damit in den Sand gekrakelt und ihn dann ihr gereicht. »Carrow.«
Und so hatte sein Unterricht begonnen. Vor dem Feuer hatte er gelernt, ihren Namen zu schreiben, und sie hatte ihn gelehrt, wie sich sein eigener schrieb. Heute Morgen arbeiteten sie an Heim und Essen .
Carrow hatte die letzten paar Tage mit ihm in der Mine verbracht, wo sie gefüttert, geliebt, beschützt und von seinem Glück – im wahrsten Sinne des Wortes – mit neuer Energie versorgt wurde.
Heute Morgen war sie allerdings mit schweren Schuldgefühlen aufgewacht. Der Dämon hatte ihr in dieser Nacht den besten Sex ihres Lebens geschenkt – auch wenn sie gar nicht bis zum Äußersten gegangen waren – und sie wieder mit diesem Staunen in den Augen betrachtet.
So hatte ich mir das nicht vorgestellt . Es wäre ein Leichtes gewesen, den irren Vämon zu verraten, der sie angegriffen hatte, aber diesen zärtlichen, stolzen Liebhaber zu verraten …
»Gut Morn«, hatte er mit einiger Mühe herausgebracht.
»Guten Morgen?«
Er hatte sie mit herablassender Miene angesehen, als wollte er sagen: Genau das hab ich doch gesagt.
Carrow fiel jener vereinzelte Bericht wieder ein, in dem stand, dass er Englisch spreche.
»Du weißt mehr von meiner Sprache, als du zugibst, oder?« Womöglich könnte sie ihm erklären , warum sie hier war, und ihn sogar um Hilfe bitten. Sollte sie dieses Risiko eingehen?
»Hast du früher Englisch gesprochen? Dann müssen wir jetzt viel miteinander reden.« In Der mit dem Wolf tanzt hatte John Dunbar auf die Art auch nach und nach die Sprache der Lakota lernt. »Würde dir das gefallen?«
Er hatte natürlich nichts verstanden. Also hatte sie langsamer gesprochen, während sie seine Reaktionen beobachtete. Bei einigen Wörtern konnte sie sehen, dass er verstand, doch reichte das bei Weitem nicht aus, um zu kommunizieren. Doch mit jeder Stunde erinnerte er sich an mehr. Er hatte begonnen, stockend zu sprechen, mit seinem
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